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# taz.de -- Informationen in der Iran-Krise: Trumps Worten trauen?
> Über die Iran-Krise bleibt vieles unklar. Es wäre aber gut, wenn die
> Grundlage internationaler Politik Tatsachen wären und nicht Gefühle.
Bild: Kann man US-Präsident Donald Trump glauben, solange er keine Beweise vor…
Eine Weltsicht, die sich in erster Linie an Glaubensfragen orientiert und
nicht an der nüchternen Analyse unbestreitbarer Tatsachen, nennt man
religiös. Nicht politisch. Wenn das eine mit dem anderen verwechselt wird,
kommt dabei selten Gutes heraus. Im Hinblick auf die Iran-Krise stimmt das
nicht zuversichtlich. Denn die Informationen in diesem Zusammenhang sind so
verwirrend, dass kaum eine Einschätzung ohne Gefühle auskommt. Meine auch
nicht.
Beispiel. Haben Sie je geglaubt, dass der [1][Absturz einer ukrainischen
Verkehrsmaschine] unweit des Flughafens von Teheran auf technische Probleme
zurückzuführen ist? Ich auch nicht. Und wie steht es mit der Behauptung,
Geheimdienstinformationen zeigten, dass der getötete [2][iranische General
Soleimani] mit der Planung von Angriffen auf US-Ziele beschäftigt war –
Beweise dafür könne man jedoch leider, leider im Interesse der nationalen
Sicherheit nicht veröffentlichen?
Schon schwieriger. Mit dieser Argumentation steht und fällt die
völkerrechtliche Rechtfertigung des Drohnenangriffs auf den ranghohen
Militär, ganz unabhängig von der politischen Einschätzung der Tat. Ich
glaube US-Präsident Donald Trump kein Wort. Aber das liegt eben auch daran,
dass er es ist, der sich weigert, Beweise vorzulegen.
Den Drohnenkrieg seines Vorgängers Barack Obama hielt und halte ich für
falsch, in Teilen sogar für ein Verbrechen. Dennoch bin ich ihm gegenüber
nachsichtiger als gegenüber Trump. Obama hat das deutlich sympathischere
Lächeln und steht mir auch politisch näher. Damit reagiere ich allerdings
keineswegs stärker vernunftgesteuert als ein glühender Anhänger des
US-Präsidenten, der bereit ist, diesem alles zu glauben.
## Keine reine Glaubensfrage
Weiter. Was ist von den Hinweisen zu halten, die USA seien im Vorfeld über
die iranischen Angriffe auf ihre Militärstützpunkte im Irak informiert
worden und die Schweiz sei in diesem Zusammenhang als Briefträgerin
unterwegs gewesen? Glaubhaft, jedenfalls aus meiner Sicht. Und auch aus der
Sicht der meisten Beobachterinnen und Beobachter, die deshalb fast
unmittelbar nach den Raketeneinschlägen von einem „Signal der Deeskalation“
sprachen.
Das ist nun allerdings keine reine Glaubensfrage, sondern Ergebnis einer
jahrelangen Analyse diplomatischer Gepflogenheiten. Auf die breite
Öffentlichkeit wirkt das jedoch so widersprüchlich, dass eine Zustimmung
oder Ablehnung dieser These kaum ohne Gefühligkeit auskommt. Wenn das schon
in Demokratien mit freiem Zugang zu Medien unterschiedlicher politischer
Richtungen so ist, dann ist die Manipulierbarkeit von Massenbewegungen in
Diktaturen nicht verwunderlich.
Wenn es doch wenigstens nur die Öffentlichkeit wäre, die verwirrt ist! Aber
in den letzten Tagen hat sich der Eindruck verstärkt, dass auch führende
Politikerinnen und Politiker in Europa nicht so recht wissen, was sie von
der Entwicklung und den sich überschlagenden Meldungen halten sollen. Über
die europäische Hilflosigkeit ist in den letzten Tagen viel gesagt und
geschrieben worden. Aber müsste die so groß sein, wenn die Akteure sich gut
informiert fühlten – sic! – über das, was sich tatsächlich ereignet hat?
Und über die Motive der Konfliktparteien?
Was auch immer die nächsten Tage bringen, zwei Erkenntnisse scheinen
unabweisbar zu sein: Die transatlantischen Beziehungen sind so stark
belastet, dass auch engste Verbündete dem US-Präsidenten nicht mehr
unbesehen glauben, was er sagt. Und: Die Behauptung, wir lebten in einer
Informationsgesellschaft, darf als widerlegt gelten. Leider.
10 Jan 2020
## LINKS
[1] /Flugzeugabsturz-bei-Teheran/!5651724
[2] /Politologe-ueber-Toetung-Soleimanis/!5650217
## AUTOREN
Bettina Gaus
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