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# taz.de -- E-Auto-Fabrik in Grünheide: Erst abholzen, dann prüfen
> Tesla will schon mal hunderttausende Bäume fällen, obwohl das
> Prüfverfahren bis März läuft. Der grüne Umweltminister findet: Ist ja
> sowieso kein Wald.
Bild: Der Vertrag mit Tesla ist noch offen, die Prüfung ebenfalls, aber der Ba…
Der US-amerikanische Autobauer Tesla hat es eilig: Das Unternehmen will
schon 2021 Elektro-SUVs aus seiner künftigen Fabrik im brandenburgischen
Grünheide verkaufen. Damit der extrem ambitionierte Zeitplan funktioniert,
soll der Wald, der jetzt noch das Areal der „Gigafactory“ bedeckt,
schnellstmöglich gerodet werden, zumindest in Teilen. Dabei wird gar nicht
erst abgewartet, wie das Beteiligungsverfahren nach dem
Bundesimmissionsschutzgesetz ausgeht. Der Witz dabei: Dies Vorgehen ist
tatsächlich legal.
Wie das Umweltministerium in Potsdam am Mittwoch der taz bestätigte, hat
die „Tesla Manufacturing Brandenburg SE“ beim Landesamt für Umwelt (LfU)
die Zulassung des „vorzeitigen Beginns“ beantragt. Das beinhaltet die
Rodung von 90 Hektar Wald, sprich: mehreren hunderttausend Bäumen. Ein
Zeithorizont werde in dem Antrag nicht genannt. Allerdings heißt es in dem
von Tesla präsentierten Bericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung, der
zurzeit öffentlich ausliegt, die Rodung – hier ist sogar noch die Rede von
154 Hektar – solle bis Ende Februar vollzogen sein. Der Grund: Am 1. März
beginnt die Schutzperiode für brütende Vögel.
In Wäldern gilt dieser Stichtag eigentlich gar nicht, aber
NaturschützerInnen betrachten seine Einhaltung als Nachweis einer
„ordnungsgemäßen Forstwirtschaft“. Hier hat die Berücksichtigung des Dat…
allerdings zur Folge, dass eine gute Portion Wald längst verschwunden sein
dürfte, wenn am 18. März in Erkner die Erörterung der Einwendungen beginnt,
wie sie das Immissionsschutzgesetz vorschreibt. Dass es zu solchen
Einwendungen kommt, steht fest, nach taz-Informationen wird es sie zu
bestimmten Details auch seitens der Umweltverbände wie BUND und Nabu geben.
Erst im Nachgang dieser Erörterung kann der Kreis Oder-Spree Tesla die
Baugenehmigung erteilen. Zumindest theoretisch ist also so lange gar nicht
klar, ob die Fabrik tatsächlich aus dem Boden gestampft wird. So merkwürdig
es erscheint, dass trotzdem schon Fakten mit der Säge geschaffen werden
sollen – rechtlich ist daran nichts auszusetzen: „Eine eventuelle Zulassung
des vorzeitigen Beginns wäre konform mit den Regelungen des
Bundesimmissionsschutzgesetzes“, teilte Frauke Zelt, Sprecherin des
Umweltministeriums, der taz mit.
Genau genommen bedarf es auch noch der Genehmigung nach dem
Landeswaldgesetz zur Umwandlung einer Waldfläche in eine andere – hier:
industrielle – Nutzung. In der Praxis wird diese Genehmigung aber im
Verfahren zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung „konzentriert“, wie
es amtssprachlich heißt: Es muss kein separater Antrag beim Landesbetrieb
Forst gestellt werden. Ob und wann dem Antrag an das LfU stattgegeben
werde, darüber könne aber zurzeit „keine Aussage getroffen“ werden, so die
Ministeriumssprecherin.
Nach Lage der Dinge wäre es jedoch höchst erstaunlich, würde der Antrag
nicht zeitnah bewilligt. Die Brandenburger Landesregierung hat dem Investor
aus USA bekanntlich den roten Teppich ausgerollt und sogar eine
Ansiedlungs-Taskforce eingesetzt. Auch in der Bevölkerung formiert sich
bislang kein nennenswerter Widerstand gegen das Projekt, das der Region
Tausende Arbeitsplätze bescheren soll. Ein Blog namens „gigalos“ prangert
zwar Probleme an, die Tesla für Umwelt und Natur bedeutet. Wer
dahintersteckt, ist aber unklar – der taz gelang innerhalb von zwei Tagen
jedenfalls keine Kontaktaufnahme.
Und während Brandenburgs neuer grüner Umweltminister Axel Vogel am Mittwoch
im Umweltausschuss sagte, es handele sich sowieso nicht um Wald, sondern um
ein „Industriegebiet, das mit Bäumen bewachsen ist“, haben auch die
Umweltverbände ihren Frieden mit der Tesla-Ansiedlung gemacht.
Ausschlaggebend dafür war offenbar, dass sie nach der Bekanntgabe des
Projekts durch Musk ausführlich im Rahmen des „Scoping“-Verfahrens
einbezogen wurden. Bei diesem wird festgelegt, was genau im Rahmen der –
gesetzlich vorgeschriebenen – Umweltverträglichkeitsprüfung untersucht
werden soll.
## 3:1 wird aufgeforstet
Laut Axel Heinzel-Berndt vom Brandenburger BUND haben sich Beauftragte von
Tesla mehrfach intensiv mit den Argumenten der NaturschützerInnen befasst.
In diesem Zusammenhang sei es auch zu der Selbstverpflichtung gekommen,
deutlich mehr als die vom Gesetz geforderten Ausgleichsmaßnahmen zu
leisten, nämlich Aufforstungen im Verhältnis von 3:1 zur gerodeten Fläche.
Das sei gar nicht so einfach: „Es wird schwer werden, Ackerfläche in diesem
Umfang zu finden“, so Heinzel-Berndt. „Aber es ist auch denkbar, dass
stattdessen artenarmer Kiefernwald in Mischwald umgewandelt wird.“
Auch habe eine von Tesla beauftragte Gutachterfirma aus Rangsdorf die
Fläche bei Grünheide begangen und aufgelistet, welche Bäume sich als
Höhlenbäume für Fledermäuse eigneten und welche Habitate potenziell für die
gefährdete Zauneidechse in Frage kämen. Waldameisenhaufen seien für die
spätere Umsiedlung kartiert worden.
Diese Ausgleichsmaßnahmen seien ausschlaggebend für die Verbände, so der
Bund-Experte. Im Übrigen seien E-Autos im Sinne des Klimaschutzes besser
als solche mit Verbrennungsmotoren. Ihm sei bewusst, dass nicht alle im
Land von der Autofabrik begeistert seien. „Allerdings wollen wir ja aus der
Braunkohle aussteigen, da gehen viele Arbeitsplätze verloren. Da muss man
auch etwas anbieten können.“ Umwelt- und klimapolitische Maßnahmen müssten
sozialverträglich sein. „Insofern sollte man so ein Angebot nicht
leichtfertig ausschlagen. Das ist unser gegenwärtiger Diskussionsstand.“
9 Jan 2020
## AUTOREN
Claudius Prößer
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