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# taz.de -- Relaunch beim „Spiegel“: Vereint im Digitalen
> Mit der Fusion von „Spiegel Online“ und dem „Spiegel“ gibt es nun eine
> gemeinsame Marke. Der Relaunch macht weitreichende Veränderungen
> sichtbar.
Bild: Nach dem Relaunch soll alles eins sein
Hamburg taz | Ganz ist die Fusion von Spiegel Online und dem Spiegel noch
nicht abgeschlossen. Jedenfalls hängt das jeweilige Schild der Online- und
Printprodukte noch neben der Eingangstür an der Ericusspitze in Hamburg.
Die letzte Schraube konnte einfach noch nicht entfernt werden, witzelt man
im Haus.
Der wirklich entscheidende letzte Schritt ist nun aber getan:
Mittwochmorgen um drei Uhr ist die vollbrachte Fusion von Spiegel Online
und Spiegel auch digital sichtbar. Ruft man die Seite im Internet auf,
steht da oben links „Der Spiegel“ über allem anderen. Und eben nicht mehr
Spiegel Online oder Spiegel Plus. Die Botschaft dahinter ist: Wir sind nun
eins!
Seit September schon [1][arbeiten Print- und Onlinekolleg*innen in einer
gemeinsamen Redaktion zusammen]. Ressorts wurden dafür zusammengelegt oder
umstrukturiert, Büros gewechselt, Arbeitsabläufe und -strukturen
schrittweise verändert und angepasst. „Next Gen“ nannte man dieses
Großprojekt; ein Arbeitstitel, der eine Ansage sein sollte. Es sollte die
neue „Generation Spiegel“ folgen. Die alte, so hatte man beschlossen, war
offenbar überholt.
Drei Jahre habe das Projekt „Next Gen“ gewährt, sagt Steffen Klusman,
Mitglied der Chefredaktion des Spiegel, bei der Vorstellung des neuen
digitalen Produkts in Hamburg. Besonders 2019 habe man sich ganz schön mit
sich selbst beschäftigt, sagt er. Nicht nur wurde in dem Jahr die Fusion
vorangetrieben, auch der Fall des Fälschers Claas [2][Relotius beschäftigte
das Haus noch stark]. „Das soll 2020 anders werden“, sagt Klusmann. Heißt
aus seiner Sicht: „Wir wollen zeigen, was wir alles können, und unsere
publizistische Schlagkraft stärken.“
## Neues und Altes, das sich bewährt hat
Doch ist es wirklich klug, nach 25 Jahren die altbewährte und erfolgreiche
Marke Spiegel Online aufzugeben? Diese Frage habe man sich tatsächlich
gestellt, sagt Stefan Ottlitz, Verantwortlicher für die Produktentwicklung
des Spiegels, in Hamburg. Künftig beruft man sich eben auf die neue alte
Marke: den Spiegel. Die habe schon immer funktioniert.
Bereits im Oktober hatte man bei dem jungen [3][Spiegel-Angebot Bento einen
optischen Relaunch gestartet und damit eine neue Spiegel-Optik
angekündigt]. Erwachsener und seriöser sah das junge Angebot dann plötzlich
aus. Und ja, auch dem neuen digitalen Spiegel steht diese neue Oberfläche.
Die Website wirkt ausgeruhter und sortierter, hat an manchen Stellen, und
das ist durchaus gewollt, Magazincharakter.
„Die neue Seite des digitalen Spiegel verbindet die zwei journalistischen
Stärken: Tiefe und Tempo“, sagt Klusmann. Inhalte zu aktuellen politischen
Geschehen werden künftig in Themenschwerpunkten gebündelt, die mit frei
zugänglichen Artikeln und Bezahlprodukten bestückt werden. Auf diese Weise
wolle man auch die Konkurrenz zwischen Bezahlstücken und Nachrichten
auflösen, sagt Klusmann. Hinzu kommt: Das Design der einzelnen Artikel
lässt Leser*innen viel stärker erkennen, ob es sich um eine Nachricht,
einen Autor*innentext oder Kommentar handelt. All diese Veränderung sind
[4][Ergebnisse aus langwierigen Befragungen und Interviews mit
Nutzer*innen].
Neu ist auch das Ressort „Leben“, das mit dem Relaunch an den Start geht.
Traditionell habe der Spiegel ja keine Nähe zu alltagsnahen Themen, sagt
Barbara Hans, Mitglied der Spiegel-Chefredaktion. Doch die Erfahrung hat
gezeigt, dass Leser*innen neben den harten Nachrichten auch eine höhere
Verweildauer bei Artikeln zu Psychologie und Emotionalität haben.
## Wichtig ist das Thema
Hinter dem Website-Relaunch steht aber nicht nur eine optische Veränderung
des Spiegel-Produkts. Vor allen Dingen wurde hier ein neues System und eine
komplett neue digitale Infrastruktur für den Spiegel geschaffen. Denn
bislang arbeiteten Spiegel Online und das Bezahlprodukt Spiegel Plus in
unterschiedlichen Systemen, ebenso das Printprodukt. Von nun an können
Artikel aber in einem gemeinsamen System integriert werden.
Es ist der Versuch, Geschichten nicht mehr danach zu denken, auf welcher
Plattform sie publiziert werden. Das neue System ermögliche „erst ganz am
Ende den Schalter umzustellen und zu entscheiden, wo die Geschichte am Ende
läuft – bei Plus oder im freien Bereich“, sagt Barbara Hans. Und betont:
„Das Thema einer Geschichte steht im Zentrum, nicht der Kanal.“
Nicht nur die Fassade ist also neu beim digitalen Spiegel, auch was sich
dahinter verbirgt, wurde umstrukturiert. In dem Projekt „Next Gen“ zeigt
sich, was wohl schon lange überfällig war: Ein Strukturwandel und ein
Aufbrechen über Jahrzehnte gewachsener Arbeitsweisen und Hierarchien
zwischen Online- und Printredaktion.
Dass dieser Wandel konfliktreich ist, hört man immer wieder aus dem Haus.
Printkolleg*innen hätten demnach Vorbehalte gegenüber ihren
Onlinekolleg*innen. All das sei aber jetzt Geschichte, sagt Klusmann.
Dennoch bleibt eine Herausforderung: Privilegien der Printkolleg*innen
abzubauen und sie mit den Onlineredakteur*innen gleichzusetzen. Oder mit
den Worten von Klusmann: „Die Herausforderung ist, in den nächsten Jahren
die Gehaltsspitzen, die wir von den Spiegel-Printkollegen noch haben,
auszugleichen.“
Was am Ende hinter dem Relaunch des Spiegel und der neuen digitalen
Infrastruktur steht, ist also ein für das Haus schwieriger, aber vielleicht
längst überfälliger Prozess. Mit „Next Gen“ ist dieser allerdings längst
nicht abgeschlossen.
8 Jan 2020
## LINKS
[1] /Das-Ende-fuer-SPON/!5611791
[2] /Nach-Faelschungsskandal-beim-Spiegel/!5633345
[3] /Neues-Bento-geht-online/!5634224
[4] https://medium.com/@devspiegel/331e76255e48
## AUTOREN
Erica Zingher
## TAGS
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