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# taz.de -- Papierflieger-Prozess in Nürnberg: „Strategie, um uns einzuschü…
> Die Aktivistin Elisabeth Schwemmer organisierte 2017 eine Demo vor dem
> Bamf in Nürnberg, bei der Papierflieger flogen. Nun steht sie vor
> Gericht.
Bild: Dem Bamf sei die Papierflieger-Aktion „völlig wurscht“ gewesen, so S…
Berlin taz/dpa | Elisabeth Schwemmer, 50 Jahre alt, aus Nürnberg musste
sich am Freitag vor Gericht verantworten. Der Grund: Papierflieger. Genauer
gesagt politische Papierflieger, die mit Aufschriften wie „Stop
Deportation“ (auf Deutsch: Stoppt Abschiebungen) im Juli 2017 über den Zaun
des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg geflogen
waren.
Schwemmer ist Politologin, Feministin und langjährige Aktivistin. Gefaltet
und geworfen hatten die Paperflieger demonstrierende Frauen des „8. März
Kommittee“ und der Flüchtlings-Selbstorganisation [1][„Women in Exile“].
Die waren auf im Rahmen ihrer „Women* Breaking Borders Bus Tour 2018“ vor
das Behördengebäude gezogen.
Schwemmer hatte die Kundgebung an jenem Tag angemeldet und wäre in den
Augen der Polizei verantwortlich für die Unterbindung der
Papierflieger-Aktion gewesen.
Dabei sei dem Bamf selbst die Papierflieger-Attacke „völlig wurscht“
gewesen, sagt Schwemmer. Die Behörde jedenfalls hat keinen Anlass gesehen,
weiter tätig zu werden. Die Polizei schon: Sie brachte den Vorfall zur
Anzeige. Die Staatsanwaltschaft klagte Schwemmer wegen Verstoßes gegen das
Versammlungsgesetz an und forderte eine Geldstrafe von 500 Euro.
„Typisch bayerisch“, findet Schwemmer. „Das reiht sich ein in eine
Strategie, VersammlungsleiterInnen einzuschüchtern. Egal, was hier
angemeldet wird, es kommt immer eine Geldstrafe raus, irgendwas macht man
immer falsch.“ Schwemmer glaubt, dass sich bald niemand mehr traue, etwas
anzumelden.
## Vorm Gericht gibt es Plätzchen in Fliegerform
2007 gründete Schwemmer mit anderen AktivistInnen das „Internationale
Frauencafé“, das sie bis Juni 2019 als Projektverantwortliche leitete. Sie
leistete damit Pionierarbeit: Einen solchen Ort gab es zuvor in Bayern
nicht. „Wir wollten nicht nur beraten, sondern vor allem die Frauen aus den
Heimen rausholen. Das hat damals keiner gemacht“, sagt sie.
Das Café war für viele geflüchtete Frauen lange Zeit die wichtigste
Anlaufstelle. Bis zu 120 suchten es pro Tag auf, neun MitarbeiterInnen
hielten es in Gang – und damit alles bezahlt werden konnte, kümmerte
Schwemmer sich um die überaus aufwändigen Anträge bei der EU.
Zu jener Zeit bekamen Geflüchtete in Bayern nur Lebensmittelpakete und 40
Euro Taschengeld im Monat. Dagegen hatte Schwemmer schon lange vor der
Paperflieger-Demo 2017 Kundgebungen organisiert. Nicht ohne Erfolge, wie
sie findet. „Wir waren zwischendurch sehr optimistisch, weil in den Fokus
kam, dass auch Frauen flüchten, dass sie spezifische Fluchtgründe haben und
diese auch anerkannt wurden.“
Als dann auch noch das Bundesverfassungsgericht 2012 die Lebensmittelpakete
mit dem kargen Taschengeld für rechtswidrig erklärte, „dachten wir, es ist
alles auf einem guten Weg“, sagt Schwemmer. Doch seit einiger Zeit „geht es
wieder rückwärts, zurück zu Sachleistungen, Duldung light, Ankerzentren.“
Der Prozess am Freitag fand unter großem Zuschauerandrang und ausgiebigen
Einlasskontrollen statt. Vor dem Gericht verteilten Unterstützerinnen der
Angeklagten Plätzchen in Fliegerform. Das Urteil soll Anfang Januar
gesprochen werden – zuvor aber will die Richterin noch einen Zeugen vom
Ordnungsamt anhören.
13 Dec 2019
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## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
Nürnberg
Amtsgericht
Demonstration
Antirassismus
Schwerpunkt Flucht
Geflüchtete Frauen
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