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# taz.de -- Generali kürzt Betriebsrenten: Warten auf den Tod
> Frühere Mitarbeiter der gewerkschaftseigenen Volksfürsorge in Hamburg
> klagen auf höhere Betriebsrenten. Der neue Eigentümer beklagt einen
> „Notfall“.
Bild: Könnte der Generali zu Hilfe kommen: der Tod
Hamburg taz | Die Kürzungen der Betriebsrenten wurden vom Vorstand der
Generali-Versicherung nicht groß angekündigt. Es gab nur den alljährlichen
schriftlichen Bescheid. Irgendjemand rechnete mal genauer nach. Und dann
kam Klaus-Peter Kussmann ins Spiel: Er sprach mit Betriebsräten, es kamen
Versicherungsmathematiker und Juristen hinzu. Ein Widerspruch bei der
Geschäftsführung blieb wirkungslos.
Kussmann gründete daraufhin die Initiative „Keine Sorge“, und im Januar
2016 begann der erste Prozess. Mittlerweile laufen laut Kussmann bundesweit
1.600 gerichtliche Verfahren, 5.000 Betriebsrentner sind betroffen.
Gestritten wird um einen Betrag von 8 Millionen Euro – pro Jahr.
Die Betroffenen sind frühere Mitarbeiter der Volksfürsorge („Vofü“), ein…
mit Millionen Kunden eine der größten Versicherungsgesellschaften in
Deutschland und lange im Eigentum der Gewerkschaften. Vor zehn Jahren
fusionierte das Unternehmen aus Hamburg mit der in München ansässigen
Deutschland-„Tochter“ der Generali. 2015 verschwand die Traditionsmarke
„Keine Sorge – Volksfürsorge“ dann gänzlich vom Markt.
Mit dem Ende der Vofü wollten die Italiener 50 Millionen Euro einsparen –
Stellen wurden gestrichen, Strukturen durchrationalisiert. Trend der Zeit:
Auch andere Konzerne bauten ihre Leben-Branche um oder verkauften, wie
Generali im April 2019, ihre Lebensparte an spezialisierte
Finanzdienstleister.
## Verweis auf Ausnahmeregel
Doch im Fall der Generali kamen bald gewisse Zweifel auf. So kürzte das
Triester Unternehmen ehemaligen Vofü-Angestellten vertraglich zugesicherte
Betriebsrenten. Die Bestimmungen der Volksfürsorge sahen vor, dass diese
entsprechend der gesetzlichen Rente angepasst werden: Seit 2015 hätte
Generali die Renten daher jährlich um etwa 3 Prozent anheben müssen –
stattdessen fror der Vorstand die Anhebung bei 0,5 Prozent ein.
Der Generali-Vorstand verweist auf eine Ausnahmeregelung, die in alten
Versorgungsordnungen enthalten sei, für Notfälle. „Grund hierfür war ein
notwendiger Erneuerungs- und Restrukturierungsprozess der Generali in
Deutschland“, erklärt Unternehmenssprecher Dirk Brandt am Dienstag auf
Anfrage der taz. Der besagte Notfall sei „maßgeblich“ durch äußere Fakto…
wie Niedrigzinsen und staatliche Regulierungen nach der Finanzkrise
ausgelöst worden.
Doch warum sollen ausgerechnet die Betriebsrentner einen „Beitrag zur
Stärkung und Zukunftssicherung des Unternehmens“ leisten, wie es der
Konzernvorstand fordert? Immerhin wird der Konzern 2019 weltweit an die 70
Milliarden Euro an Beiträgen kassieren. Jene Frage bewegt mittlerweile Land
auf, Land ab Dutzende Arbeitsgerichte.
„In allen abgeschlossenen Verfahren bekamen die Kläger Recht!“, sagt
Kussmann. Zudem fällte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt mehrere
Grundsatzurteile zugunsten der Rentner. Generali-Sprecher Brandt gibt
„diverse Niederlagen“ zu. Der Konzern will aber dennoch Teilerfolge vor
Gericht errungen haben.
Die Münchner zeigen sich überzeugt davon, dass die Renten-Beschneidung
„notwendig und richtig war“, um den Konzern zu restrukturieren. Vor diesem
Hintergrund habe sich der Vorstand entschieden, „die arbeitsrechtliche
Auseinandersetzung weiter zu führen“.
## Die Generali spielt auf Zeit
Generali spiele offensichtlich auf Zeit, kritisiert der Hamburger Anwalt
der Vofü-Rentner, Christoph Welscher. Da das Arbeitsrecht keine
Sammelklagen zulässt, muss jeder Betriebsrentner sein eigenes Urteil
erstreiten.
Am Donnerstag ist Kussmann dran. Er ist sicher, dass ihm das
Landesarbeitsgericht Hamburg Recht geben wird. Zu eindeutig sei eigentlich
die Rechtslage. Der IT-Fachmann verweist auf das Bundesarbeitsgericht, dass
Generali sogar „Rechtsbruch“ vorgeworfen habe.
Kommt es so, wie Kussmann erwartet, muss Generali endlich zahlen – nach
fünf Jahren –, denn eine Revision ist in dieser zweiten Instanz nicht
möglich. Doch 1.599 weitere Gerichtsverfahren harren weiterhin des
endgültigen rechtlichen Abschlusses.
11 Dec 2019
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
## TAGS
Hamburg
Arbeitsrecht
Rente
Vorsorge
Versicherung
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Lebensversicherung
Riester-Rente
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