| # taz.de -- Ende einer Versicherungsmarke: Adieu, AachenMünchener! | |
| > Am Montag wird der altehrwüdige Versicherungsname liquidiert. Die Stadt | |
| > Aachen hat einen Werbefaktor weniger. | |
| Bild: Früher von der AachenMünchener gesponsert, heute von der Konkurrenz: Al… | |
| Aachen taz | [1][Versicherungskonzerne] sind meist hochkomplexe, | |
| verschachtelte Gebirge, deren Wirken auf Wahrscheinlichkeitsrechnung | |
| beruht. Sicher ist, dass in ihrer Geschichte immer, kaum kannte man ihren | |
| Namen, eine die andere übernahm, wieder ausschied, neu gebar, man sich | |
| umgruppierte, umtaufte oder: eine Konzernmutter ihre Tochter schluckte, wie | |
| es im Jargon so seltsam blöd heißt. Zum Beispiel jene deutschlandweit | |
| bekannte Gesellschaft, deren Ende mit diesem Montag gekommen ist: Die | |
| Aachen-Münchener Versicherung AG, hervorgegangen aus der Aachener | |
| Feuerversicherung von 1825, zuletzt nur noch AachenMünchener genannt. Sie | |
| gehört schon seit 1998 mehrheitlich der italienischen Generali Group, war | |
| dort eine Marke unter vielen und wird ab 30.9. endgültig umfirmiert. Auf | |
| gut deutsch: der Name erlischt. Liquidiert. | |
| Die AachenMünchener war wegen ihres Namens immer auch ein Werbefaktor für | |
| die Stadt Aachen, ein Stück Stadtgeschichte sowieso und sorgte für eine | |
| Spur Heimatgefühl. Die AM war jahrelang Hauptsponsor des einstigen Fußball- | |
| Bundesligisten [2][Alemannia], zeitweilig war sogar eine Umbennnung des | |
| Tivoli-Stadions im Gespräch. Die Stadt spendierte als Gegengeschenk | |
| Aachen-Münchener-Platz und -Allee. Das sind jetzt Erinnerungsstücke. Eine | |
| Assicurazioni-Generali-Allee ist bislang zum Glück nicht vorgesehen. | |
| Alles was schwarz-gelb in AM-Farben gestaltet war (passend zur Stadt und | |
| dem Fußballklub), erscheint nun in Generali-Rosso: rote Schilder, Fahnen, | |
| Teppiche, Inneneinrichtung. Alles? Nein, das schwarz-gelbe | |
| Direktionsgebäude selbst, 2010 zentral in Aachens City neugebaut, muss zum | |
| Leidwesen von Generalis Corporate-Designern schwarz-gelb bleiben. Denn das | |
| steht, bis dahin unbeachtet, im Kleingedruckten der Architekten-Verträge. | |
| Ästhetik und Baukunst gehen vor Marketing-Strategien im | |
| Haifisch-Kapitalismus. | |
| Versicherungen waren zu Gründungszeiten lokale Firmen wie Nürnberger, | |
| Gothaer oder die HUK-Coburg. Typisch sind auch regionale Kombinationen wie | |
| die Leipziger-Hallesche oder die Aachen-Potsdamer. Die Hamburg-Mannheimer | |
| ist besonders bekannt, weil sie ab 1972 ihren Werbeschauspieler Herrn | |
| Kaiser auf die Bildschirme schickte. Der Ruf „Hallo Herr Kaiser“ | |
| verschallte erst, als 2009 die Ergo das Unternehmen kaufte. Die | |
| gewerkschaftsnahe Volksfürsorge brachte es sogar zu gereimter Berühmtheit: | |
| „Keine Sorge – Volksfürsorge“. Auch sie hat der Branchenriese Generali v… | |
| Markt geschluckt. | |
| ## Mario Adorf als Werbeträger | |
| Die AachenMünchener hatte seit 2003 eine Werbespotserie: Mit dem großen | |
| Schauspieler Mario Adorf, der mal als Mafiagangster oder als Westernschurke | |
| auftrat. Der Spot spielte jeweils bei einem Filmdreh. Adorf bekam | |
| Anweisungen, dieses und jenes Waghalsige zu tun, und er antwortete immer: | |
| „Mach' ich“. Nur in der Schlussszene nicht, da sollte Adorf mit einem | |
| Geldschein die dicke Ganovenzigarre anzünden. „Nein“, widersetzte sich da | |
| der Mime, „das mache ich nicht.“ Denn: „Mit Geld spielt man nicht.“ Das… | |
| über lange Jahre der Slogan der Versicherung. | |
| Nein, mit Geld spielt man nicht, mit Geld wird halt ganz gezielt gezockt, | |
| gekauft, übernommen und abgestoßen. Gerade im Assekuranzgewerbe: Mit | |
| Versicherungen spielen viele gern. | |
| Eines tat die AM noch für ihre Stadt. Im Sommer wurden auf Initiative des | |
| Vorstandsvorsitzenden Christoph Schmallenbach | |
| [3][Radentscheid-Unterschriftenlisten] für die rund 1.700 Mitarbeiter | |
| wochenlang in der Cafeteria der Firma ausgelegt. Diese unerwartete | |
| Unterstützung durch den zweitgrößten Arbeitgeber der Stadt war ein Coup der | |
| Verkehrsiniative und ein Stich ins Herz des automanen Establishments. | |
| Mehrere hundert AMler trugen mit ihren Autogrammen dazu bei, dass am 1. | |
| Oktober rund 35.000 Unterschriften (etwa 60 Kilogramm Papierlisten) an die | |
| Stadt übergeben werden. Vielleicht fahren über den Aachen-Münchener-Platz | |
| in einigen Jahren nur noch Räder. Sicherer wäre es. | |
| 30 Sep 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernd Müllender | |
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