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# taz.de -- Fontane wird 200: Danke, Theodor!
> Das Fontanejahr war ein Erfolg, sagt Kulturland-Chefin Brigitte
> Faber-Schmidt. Es habe das gespaltene Brandenburg wieder mit sich selbst
> versöhnt.
Bild: Gleich zweimal Fontane: Als Briefmarke und Marzipantörtchen
Und, wann sind Sie zuletzt raus aus Berlin gefahren, ins Umland oder noch
weiter hinaus in die Mark, haben mit Leuten geschnackt, kurz gegoogelt,
wann das Gutshaus da drüben gebaut wurde, ein paar Notizen gemacht?
„Fontanesches Prinzip“ nennt so etwas Brigitte Faber-Schmidt, die
Geschäftsführerin von Kulturland Brandenburg. „Jeder kann für sich aufs
Land fahren, es für sich entdecken“, ist Faber-Schmidt überzeugt. Das
bringe dann neue Bilder von Brandenburg hervor, andere als die der
„Wanderungen“, die Theodor Fontane, der Vater des nach ihm benannten
Prinzips, der Nachwelt hinterlassen hat. „Fontane ist aktuell“, sagt die
Kulturlandchefin, und ihrer Begeisterung ist zu entnehmen, dass das nicht
nur ein Marketing-Claim ist.
Am Montag wäre Theodor Fontane, Journalist, Romancier und der erste Tourist
in der Mark Brandenburg, 200 Jahre alt geworden. Wenn in seiner
Geburtsstart Neuruppin das Fontane-Jahr offiziell beendet wird, fallen die
Bilanzen positiv bis euphorisch aus. Alleine an den Veranstaltungen von
Kulturland Brandenburg haben 350.000 Besucher teilgenommen. Die von der
Literaturwissenschaftlerin Heike Gfereis kuratierte Hauptausstellung
„fontane.200/Autor“ im für 7 Millionen Euro umgebauten Museum der
Fontane-Stadt haben 33.000 Menschen besucht, doppelt so viele wie erwartet.
Und auch das Publikum des lange als „verstaubt“ geltenden Autors hat sich
verjüngt. Beim Neuruppiner Bildungsprojekt „Dem Wort auf der Spur“ haben
laut Projektleiter Mario Zetzsche fast 5.000 Schülerinnen und Schüler aus
ganz Brandenburg teilgenommen. „Bereits im Juni waren wir vollkommen
ausgebucht“, sagt Zetzsche. Wegen des Erfolgs sollen nun der
Fontane-Escape-Room und die Stadtrallye auch im kommenden Jahr fortgeführt
werden.
## Ein neuer Blick
Was aber hat das Jubiläumsjahr sonst an Spuren hinterlassen? Wie hat es das
Bild des Autors und das des Landes Brandenburg verändert?
Auffallend war die Zurückhaltung Berlins beim Thema Fontane 2019. Obwohl er
65 Jahre seines Lebens in Berlin verbrachte und dort 11 seiner 17 Romane
spielen, haben sich zum Beispiel die Berliner Kulturprojekte lieber dem
hundertjährigen Bauhaus-Jubiläum gewidmet als dem runden Geburtstag des
Autors der „Effi Briest“. Präsent war Fontane in der Hauptstadt vor allem
in der Ausstellung „Fontanes Berlin“ im Märkischen Museum. Hier werden noch
bis zum 5. Januar Berlin-Fotografien aus der Zeit Fontanes gezeigt.
In Brandenburg dagegen war Fontane 2019 omnipräsent, war auf 450
Veranstaltungen zu Gast und hat gezeigt, dass auch einer mit Wohnsitz in
Berlin in der Mark mit offenen Armen empfangen wird. Brigitte Faber
Schmidt, deren Kulturland Brandenburg in diesem Jahr als „Europäische
Kulturtourismusregion“ ausgezeichnet wurde, hebt vor allem die
„vielfältigen Identifikationsmöglichkeiten mit Fontane“ hervor. „Das La…
hat sich in diesem Jahr in einem Selbstgespräch befunden. Dabei wurden
Fontanes Bilder der Mark zum einen bekräftigt, aber es wurden auch viele
neue hinzugefügt.“ Vielleicht, so Faber-Schmidt, habe das Fontane-Jahr auch
dazu beigetragen, das zuletzt gespaltene Brandenburg wieder ein Stück mit
sich selbst zu versöhnen. „Das alles war getragen von einem positiven, fast
schon italienischen Lebensgefühl, heiter, leichtfüßig, sogar mit
Selbstironie.“
Und das Fontane-Bild? „Wir haben auf der einen Seite ein großes Interesse
vonseiten der nationalen und internationalen Forschung beobachten können“,
bilanziert Peer Trilcke, der Leiter der Potsdamer Fontane-Archivs, der von
einem „unglaublichen Ansturm“ auf seine Institution spricht. „Auf der
anderen Seite war aber auch das Interesse von Literaturliebhabern oder
jungen Fontane-Neulingen bemerkenswert.“
Dass sich „deutlich mehr Menschen aus den unterschiedlichen
Bildungsschichten und Altersgruppen“ für Fontane interessierten, führt
Trilcke auch auf eine Person zurück, „deren prekäre Schriftstellerexistenz
einen auch für uns sehr zeitgenössischen Typus des Medienarbeiters
vorwegnimmt“.
Wurde Königin Luise 2010 zum „preußischen Top-Model“, ist Fontane nun als
schnauzbärtiger Märker zur Pop-Ikone geworden. Die Entscheidung, auf ihn
statt auf das Bauhaus zu setzen, hat dem Brandenburger Tourismus jedenfalls
gutgetan. Die Gästezahlen im Ruppiner Seenland seien um 10 Prozent auf rund
565.000 Besucher, die Zahl der Übernachtungen auf rund 1,6 Millionen
gestiegen, sagt Neuruppins Bürgermeister Jens-Peter Golde.
Vom Fontane-Erwachen können aber auch Neuruppin-ferne Orte in Brandenburg
berichten. Im Apothekermuseum Cottbus schauten 7.000 Gäste bei der
Ausstellung über das Apothekerleben des Schriftstellers vorbei. Und die
Fontanefestspiele, die 7.000 Zuschauer zählten, finden ab 2020 nicht mehr
alle zwei Jahre, sondern jährlich statt.
Vielleicht wäre das ein guter Anlass, das „Fontanesche Prinzip“ mal
umzudrehen. Also, Märkerinnen und Märker, macht euch auf den Weg nach
Berlin und arbeitet an den „Wanderungen durch Berlin“.
29 Dec 2019
## AUTOREN
Uwe Rada
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Theodor Fontane
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