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# taz.de -- Bildung im Berliner Doppelhaushalt: Echte Teilhabe kostet mehr
> Das neue Programm „Berlin Challenge“ soll Schulen in Brennpunkten auf
> Erfolgskurs bringen. Aber Grundsatzfragen können nicht mit Geld gelöst
> werden.
Bild: Brennpunkt Schule: Ein Schulhof in Tempelhof-Schöneberg
Es gibt eine Dauerbaustelle in der Bildungspolitik, sie heißt Teilhabe. Und
auch den durchaus üppigen Bildungshaushalt – Senatorin Sandra Scheeres
(SPD) hat den größten Etat aller Senatsverwaltungen – den das
Abgeordnetenhaus heute beschließen will, wird nichts daran ändern, was die
[1][jüngsten Pisa-Ergebnisse] mal wieder mit leider schon gewohnt
schockierender Deutlichkeit gezeigt haben: Die Herkunft wird wichtiger, und
wenn das Schulsystem irgendwo besser wird, dann darin, Kinder zu
selektieren. Hier die, die dank solventem und bildungsfixiertem Elternhaus
alle Möglichkeiten haben. Dort die anderen.
Insofern muss sich natürlich gerade eine rot-rot-grüne Koalition wie die im
Berliner Abgeordnetenhaus fragen lassen, was sie gegen diese Dauerbaustelle
tut. Und ob sie etwas tut.
Die Antwort: Sie tut etwas. Aber nicht alles kann man sich mit Geld kaufen.
Da ist zum Beispiel das nagelneue Programm „Berlin Challenge“. 10 Millionen
Euro sind dafür im insgesamt rund 9 Milliarden Euro schweren
Bildungshaushalt 20/21 vorgesehen, der damit um rund 1,6 Milliarden Euro
üppiger ausfällt als im letzten Doppelhaushalt. Die Zielstellung, so steht
es in der Begründung für den Haushaltstitel: „Schulen mit hohem Anteil
sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler bei der Schulentwicklung zu
unterstützen.“
Das ist freilich kein neues Ziel, dasselbe versucht das sogenannte
[2][Bonusprogramm für „Schulen in schwieriger Lage“] schon seit Längerem …
mit mäßigem Erfolg. Eine Begleitstudie kam 2017 zu dem Ergebnis, dass sich
zwar das Schulklima durch mehr Schulsozialarbeit und ein Budget für
Sonderprojekte aller Art meist positiv verändere. Aber tatsächlich änderte
sich an den „harten Zahlen“ zu Schulgewalt, Schulabbrechern und auch an den
Ergebnissen der Vergleichsarbeiten an einzelnen Schulen vielleicht ein
bisschen etwas, unterm Strich aber nichts.
## Endlich mal handfeste Ergebnisse
Deswegen, sagt die SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasić, die die „Challenge“
mit verhandelt hat, solle das neue Programm den Schulen auch verbindliche
„Entwicklungsziele“ vorgeben: mehr Entlastungsstunden fürs Kollegium, Geld
für Sprachförderung etc. gegen endlich mal handfeste Ergebnisse, das soll
der Deal sein.
Zwanzig Schulen in Mitte, Neukölln, Spandau und Marzahn-Hellersdorf sollen
sich die 10 Millionen teilen, macht 500.000 Euro pro Schule. Die Schulen
können sich freiwillig bewerben, als Sozialindikator denke man an eine
Größenordnung von rund 70 Prozent SchülerInnen mit Berlin-Pass, sagt Lasić.
Die Millionen sind schön, das Programm kann nicht schaden, wird den Schulen
vermutlich sogar helfen. Wird es am Grundproblem etwas ändern, dass unser
Schulsystem ein selektives ist? Nein.
Aber da sich weder die Sozialdemokraten noch die Grünen ernsthaft trauen,
die Gymnasien zugunsten einer Schule für alle infrage zu stellen, muss man
die Schulen, die man hat, mit möglichst viel Geld besser machen und die
Nebenwirkungen dieses selektiven Schulsystems lindern.
Lasić sagt, es gebe inzwischen „Inseln, die sich der inklusiven Beschulung
entziehen“. Sie meint damit „einige Gymnasien“, aber auch [3][die freien
Schulen], die einen wachsenden Anteil der Schulplätze in Berlin ausmachen.
Die echte „Berlin Challenge“ ist also eine politische Frage. Oder anders
gesagt: Teilhabe ist teurer als 10 Millionen Euro.
12 Dec 2019
## LINKS
[1] /Anja-Karliczek-ueber-die-Pisa-Studie/!5644657
[2] /Zulage-an-Brennpunkt-Schulen-in-Berlin/!5571079
[3] /Waldorfschulen-werden-100-Jahre-alt/!5621534
## AUTOREN
Anna Klöpper
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