# taz.de -- EuGH-Urteil zu Balsamico: Alles Essig | |
> Ein deutscher Essigmeister darf sein Produkt als deutschen Balsamico | |
> bezeichnen. Der italienische Aceto balsamico di Modena ist sauer. | |
Bild: Theo Berl präsentiert seinen „Balemasam“-Essig, ab jetzt ein „Deut… | |
FREIBURG taz | Auch deutsche Essigproduzenten dürfen „Balsamico“-Essig | |
herstellen und verkaufen. Das hat jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) | |
in Luxemburg entschieden. Geschützt sei nur die vollständige | |
Ursprungsbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“. | |
Balsamico-Essig ist eine der meistverkauften Essigsorten in Deutschland. | |
Bei der Herstellung kommt neben Wein auch Traubenmost zum Einsatz. Typisch | |
ist die dunkle Farbe, der süß-saure Geschmack und die etwas dickflüssige | |
Konsistenz. Balsamico-Essig kommt ursprünglich aus Modena in Norditalien. | |
Schon im Jahr 2000 hat die EU-Kommission auf Antrag der Produzenten den | |
Begriff „Aceto Balsamico Tradizionale di Modena“ als Ursprungsbezeichnung | |
geschützt. Seit 2009 steht auch das nicht-traditionelle Massenprodukt | |
„Aceto Balsamico di Modena“ unter Schutz. | |
Um ihre Interessen zu vertreten, gründeten die Hersteller von Modena 1993 | |
das „Konsortium zum Schutz des Aceto Balsamico di Modena“, dem heute 50 | |
Unternehmen angehören. Die Branche erzielt einen Jahresumsatz von 370 | |
Millionen Euro, wobei 90 Prozent des Balsamico-Essigs exportiert wird. Das | |
Konsortium mahnt häufig im Ausland konkurrierende Hersteller von | |
Balsamico-Essig ab. | |
Ein Betroffener war Theo Berl aus dem badischen Kehl. Mit seinem | |
Unternehmen Balema (Badische Lebensmittel-Manufaktur) und der Marke „1. | |
Deutsches Essigbrauhaus“ bietet er handwerklich hergestellten Essig aus | |
regionalen badischen Zutaten an. In 225-Liter-Holzfässern reift der Essig | |
tausend Tage lang. Abnehmer sind Spitzenköche wie Harald Wohlfahrt, die | |
teilweise spezielle Geschmackswünsche haben. Für den Handel produziert Berl | |
aber auch günstigere Sorten in 3000-Liter-Fässern, die „nur“ 300 Tage | |
lagern. Eine seiner Sorten trägt den Titel „Deutscher Balsamico“. | |
Essigbrauer will keinen „Balsamico“ mehr verkaufen | |
Berl wehrte sich mit einer Klage gegen die Abmahnung des Konsortiums. Beim | |
Landgericht Mannheim siegten 2015 zunächst jedoch die Italiener, während | |
das Oberlandesgericht Karlsruhe 2018 dem badischen Essigbrauer Recht gab. | |
Der Bundesgerichtshof (BGH) legte den Streit schließlich 2018 dem EuGH vor. | |
Der EU-Gerichtshof stellte nun klar, dass die geschützte | |
Ursprungsbezeichnung nur die vier Worte „Aceto Balsamico di Modena“ | |
umfasst, nicht aber die einzelnen Worte. So ist „Aceto“ nur das italinische | |
Wort für Essig, und „Balsamico“ werde üblicherweise als Bezeichnung für | |
Essig mit süß-saurem Geschmack verwendet. | |
Essigbrauer Berl freute sich über den Prozess-Erfolg, weil sonst die | |
Existenz seines Betriebs mit inzwischen 14 Mitarbeitern auf dem Spiel | |
gestanden hätte. Zugleich kündigte er aber an, dass er bald keinen | |
„Balsamico“ mehr verkaufen wird, da die Qualität des italienischen | |
nicht-traditionellen Balsamico zu schlecht sei. | |
„Der Balsamico mit dem blau-gelben Siegel ist minderwertige Massenware“, | |
betont Berl. Er wird seine Produkte künftig „Balemasam“ nennen, um sich | |
abzugrenzen. Die meisten Balsamico-Essige im deutschen Handel haben laut | |
Berl das blau-gelbe Siegel. Auf den viel teureren „Aceto Balsamico | |
Tradizionale di Modena“ lässt aber auch der rebellische Essigbrauer Berl | |
nichts kommen. | |
4 Dec 2019 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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