# taz.de -- Gefangene Fische gehen über Bord: Illegal und unökologisch | |
> Auch im vergangenen Jahr wurde tonnenweise Beifang zurück ins Meer | |
> geworfen – obwohl das verboten ist. Die Bundesregierung bleibt weitgehend | |
> untätig. | |
Bild: Einmal gefangene Fische sind meist so geschädigt, dass sie den Rückwurf… | |
Hamburg taz | Unerwünschten Fang über Bord zu werfen ist Fischern verboten | |
– doch bei der Durchsetzung dieses EU-weiten Verbots hapert es. Wie die | |
Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten | |
Steffi Lemke (Grüne) zeigt, sind auch 2018 tonnenweise Fische über Bord | |
geworfen worden. Sie waren entweder zu klein oder hätten gar nicht gefangen | |
werden dürfen, weil der jeweilige Fischer bereits seine Fangquote | |
ausgeschöpft, sprich: zu viele Fische gefangen hatte. | |
Lemke wirft der Großen Koalition vor, nicht genug dafür zu tun, dass diese | |
ökologisch fatale Verschwendung aufhört. „Es ist absurd, dass die | |
Bundesregierung sechs Jahre nach Inkrafttreten der gemeinsamen europäischen | |
Fischereipolitik immer noch keine Kontrollsysteme für das Anlandegebot | |
etabliert hat“, sagt die Abgeordnete. Ziel der gemeinsamen Fischereipolitik | |
ist es, die Überfischung zu beenden. | |
Das Anlandegebot ist die Kehrseite [1][des Rückwurfverbots]: Alle Fische, | |
die im Netz landen, müssen an Land gebracht werden, um ein realistisches | |
Bild davon zu gewinnen, wie viele einer Art tatsächlich gefangen wurden, | |
und um sie auf die von der EU festgelegten Fangmengen anrechnen zu können. | |
Denn einmal gefangene Fische sind meist so geschädigt, dass sie den | |
Rückwurf ins Meer nicht überleben. | |
Nach Schätzung des Bundes sind 2018 ein Achtel der Dorsche, die von | |
deutschen Schiffen in der Ostsee gefangen wurden, wieder über Bord | |
gegangen. In einem Teilfanggebiet für Schollen in der Ostsee lag dieser | |
unerwünschte Beifang bei 85 Prozent. In der Nordsee wurden 35 bis 40 | |
Prozent der Plattfische unerlaubt zurückgeworfen, insgesamt fast 800 | |
Tonnen. | |
## Umweltschützer fordern Videoüberwachung | |
Die genannten Zahlen wurden aus Stichproben einzelner Fangfahrten | |
hochgerechnet. „Im Mittel werden weniger als 2 Prozent der Fangmengen | |
innerhalb einer Fischerei beprobt“, schreibt die Bundesregierung. Dabei | |
schauen sich Inspektoren an Bord an, was beim „letzten Hol“ tatsächlich im | |
Netz gelandet ist. Über die Zeit zeigte sich „ein leichter Trend zur | |
Annäherung der realen Letzter-Hol-Daten an die in den Logbüchern | |
registrierten Fangdaten“, heißt es in der Antwort an Lemke. | |
Die Stichproben und der Datenabgleich mit Logbüchern und Anlandekontrollen | |
taugen aber kaum dazu, konkrete Verstöße gegen das Rückwurfverbot dingfest | |
zu machen. „Insbesondere erlauben es die hergebrachten Überwachungsmethoden | |
nicht, gerichtsfeste Beweise für das Fehlverhalten Einzelner zu liefern“, | |
räumt die Bundesregierung ein. | |
„Vier Jahre nach Einführung der Anlandeverpflichtung gibt es zwar mehr | |
Seekontrollen als in 2015“, sagt Stella Nemecky von der Umweltstiftung WWF, | |
„jedoch immer noch kein Kontrollinstrument, um Verstöße nachzuweisen und zu | |
bestrafen.“ Sie verlangt, dass die Fangschiffe mit Sensoren und Kameras | |
überwacht werden, um die illegale Praxis zu beenden. | |
Diese Geräte hätten „das technische Potenzial, gerichtsverwertbare Beweise | |
zu erbringen, während ein milderes, gleich wirksames Mittel nicht | |
ersichtlich ist“, räumt die Bundesregierung ein. Das belaste aber die | |
Fischer mit zusätzlichen Kosten und sei nicht so leicht mit dem Datenschutz | |
zu vereinbaren. | |
23 Dec 2019 | |
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[1] /Ueberfischung-in-Nord--und-Ostsee/!5538844 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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