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# taz.de -- Neues Verbot des Skiverbands: Schluss mit giftigem Wachs
> Der Internationale Skiverband beschließt ein Verbot von giftigem
> Skiwachs. Umsetzung und Kontrolle stellen Beteiligte vor eine schwierige
> Aufgabe.
Bild: Schnell und schneller: Therese Johaug (Norwegen, links) und Krista Parmak…
Fluor macht Skilangläufer schneller. Bestimmte
Fluor-Kohlenstoff-Verbindungen sorgen dafür, dass Skiwachs, welches
Sportler auf Skier oder Snowboards auftragen, wasserabweisend wird. Bei
höheren Schneetemperaturen verbessert sich so die Gleitfähigkeit.
Laut Experten kann das auf einer 10-Kilometer-Strecke durchaus einen
Zeitgewinn von bis zu einer Minute bedeuten. Aber die fraglichen
Fluorverbindungen sind nicht abbaubar und stellen eine Gefahr für Mensch
und Umwelt dar. Im menschlichen Körper reichern sie sich im Blut und im
Organgewebe an, stehen im Verdacht Krebs zu verursachen, Hormone zu
beeinflussen und schädlich für die Fortpflanzung zu sein.
In Norwegen sind diese Fluorwachse bereits seit Jahren ein Debattenthema.
Nicht nur Leistungssportler greifen zu solchem Skiwachs, auch Amateure und
Freizeitsportler meinen auf deren Vorteile nicht verzichten zu wollen. Der
Verkauf der entsprechenden Produkte ist deshalb rasant gestiegen, auch wenn
diese Wachse wesentlich teurer sind.
Das hat Spuren hinterlassen. Messungen an Skiloipen ergeben regelmäßig
erhöhte Werte giftiger Fluorverbindungen im Boden. Auch im Grundwasser
konnten diese gemessen werden. Anfang November meldeten ForscherInnen der
Technischen Universität Trondheim (NTNU) bei Mäusen und anderen
Kleinlebewesen in einem populären Skigebiet nahe der Stadt „signifikant
höhere“ Werte an per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) als bei
Vergleichsmessungen abseits dieses Wintersportgebiets.
## Verdacht auf Krebserkrankungen
Ähnliche Ergebnisse hatten Messungen im Holmenkollen-Gebiet bei Oslo. Es
könne keinen Zweifel geben, dass Skiwachs die Quelle sei und die von diesem
freigesetzten PFAS-Verbindungen sich in Natur und Lebewesen anreichern,
meint Randi Grønnestad, Biologin an der NTNU: „Nach der Schneeschmelze
verbleiben sie im Boden. Über die Nahrungskette wandern sie dann nach oben.
Man wird sie nicht mehr los. Je mehr man davon verwendet, desto höher wird
ihr Niveau.“
„Weg mit dem Dreck“, fordert eine Gesetzesinitiative für ein Totalverbot
des Verkaufs von PFAS-haltigem Skiwachs, das die Sozialisten im November im
Parlament in Oslo einbrachten. In der Begründung wird auch Bezug genommen
auf Krebserkrankungen von Skilauftrainern und Skiwachspersonal, bei denen
Verdacht auf einen Zusammenhang mit den Dämpfen besteht, die beim
Aufbringen des Wachses entstehen.
Der norwegische Skiverband beschloss schon vor zwei Jahren ein Verbot
PFAS-haltiger Wachse für Wettkämpfe von Junioren unter 16 Jahren, startete
die Kampagne „Tøffest uten fluor“ („Am tollsten ohne Fluor“), um auch …
FreizeitsportlerInnen für den Gebrauch fluorfreier Wachse zu werben, und
machte beim internationalen Skiverband Fis Druck für ein Verbot.
Mit Erfolg! Am 23. November beschloss der Verband bei einem Treffen in
Konstanz für alle Wettkämpfe unter Fis-Regie, ab der Saison 2020/21 ein
Totalverbot des Gebrauchs aller fluorhaltigen Skiwachse. Begründung: „deren
negative Auswirkungen auf Natur und Gesundheit“. Zukünftig soll eine
speziell gegründete Verbands-Arbeitsgruppe, sowie Experten aus Ski-und
Wachsindustrie tätig sein, die Umsetzung des Verbots und Kontrollen im Auge
behält.
## Biathlon-Verband zieht noch nicht nach
„Angesichts der bekannten Gefahren begrüßen wir das natürlich“, sagt Anna
Ottosson vom schwedischen Skiverband: „Allerdings haben wir mehr mit
Informationen als mit Verbotsforderungen gearbeitet.“ Der Knackpunkt werde
nun sein, wie man ein solches Verbot kontrollieren wolle. Schon eine
Bürste, die vorher bei fluorhaltigem Wachs verwendet worden sei, könne bei
fluorfreiem Skiwachsbelag zu einem positiven Testergebnis führen: „Und der
Unterschied, ob Fluor oder nicht, kann über einen Medaillenplatz
entscheiden.“
Positiv sei, dass die Skiwachshersteller schon seit Jahren an fluorfreien
Alternativen arbeiten und diese nach und nach versuchen auf den Markt zu
bringen. Die EU hat ab Juli 2020 Herstellung und Import von
Perfluoroktansäure (PFOA) verboten, eine Substanz, die auch in Skiwachs
verwendet wird. Und auch das Umweltbundesamt warnt, andere per- und
polyfluorierte Chemikalien könnten genauso gefährlich sein wie diese.
Wenige Tage nach dem Fis-Verbotsbeschluss beschloss der [1][Internationale
Biathlon-Verband IBU] ganz im Gegensatz dazu dem Vorbild von EU und Fis
nicht folgen zu wollen – jedenfalls noch nicht. Man erkenne zwar an, dass
es offenbare Gesundheitsrisiken und negative Auswirkungen auf die Natur
gebe, wolle zum Thema aber erst einmal eine Arbeitsgruppe mit externen
Experten einsetzen.
10 Dec 2019
## LINKS
[1] /Doping-im-Biathlon/!5577288
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Ski
Umwelt
Verbot
Sportschützen
Wintersport
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Doping
Langlauf
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