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# taz.de -- Dänemark legt beim Klimaschutz vor: So geht Klimagesetz
> Dänemark will den CO2-Ausstoß bis 2030 um 70 Prozent reduzieren, bis 2050
> klimaneutral sein. Und es schafft auch die Rahmenbedingungen dafür
Bild: Haben durchaus eine eigene Ästhetik: Windräder vor der dänischen Gemei…
Stockholm taz | Er werde sehr stolz sein, wenn er jetzt zum Klimagipfel
COP25 fahre, erklärte Dänemarks Klimaminister Dan Jørgensen am Freitagabend
kurz vor Mitternacht. Da hatten sich acht dänische Parlamentsparteien nach
monatelangen Verhandlungen auf ein Klimagesetz geeinigt. Und das sei, so
der Sozialdemokrat, nicht nur ein ehrgeiziges, sondern auch ein für
künftige Regierungen verbindliches Klimagesetz. Dänemark übernehme damit
klimapolitisch nicht nur eine Führungsrolle, sondern werde auch „weltweit
zur Klimahandlung inspirieren“.
[1][Das dänische Klimalov] kann sich im internationalem Vergleich
tatsächlich sehen lassen: Der CO2-Ausstoß des Landes soll bis 2030 im
Vergleich zu 1990 um 70 Prozent reduziert werden. Und spätestens 2050 will
Dänemark „klimaneutral“ sein. Dieses Ziel hat zwar beispielsweise auch
Großbritannien. Und Schweden will sogar schon 5 Jahre vorher dort gelandet
sein. Aber anders als diese beiden Länder will Dänemark es ohne Atomenergie
schaffen. Und die gesamte CO2-Reduktion soll auf dänischem Boden
stattfinden und nicht etwa über den internationalen Handel mit
Verschmutzungsrechten.
Auch einer möglicherweise weniger ambitionierten Nachfolge-Regierung wird
es nicht möglich sein, nachträglich geringere Reduktionsziele zu
beschließen. Das Rahmengesetz ist verbindlich und legt Prozeduren und
Verantwortlichkeiten fest. Nach jeder Parlamentswahl muss eine neue
Regierung in ihrem Regierungsprogramm festlegen, wie sie die Klimaziele
verbindlich umsetzen will. Für den Weg zur „Klimaneutralität“ sollen
deutliche Etappenziele vereinbart werden.
Jährlich muss jede Regierung eine „Fortschrittsbilanz“ vorlegen, das
Parlament hat dann darüber abzustimmen, ob die Maßnahmen ausreichen.
Ebenfalls jährlich, jeweils im September muss die Regierung dem Parlament
ein Programm für das kommende Jahr präsentieren. Dabei soll sie sich an die
Empfehlungen eines aus acht Experten bestehenden unabhängigen „Klimarats“
halten.
## Eine Bürgerversammlung hat mitzureden
In den Entscheidungsfindungsprozess soll auch ein neu zu gründendes
Gremium, das „Borgerting“ eingebunden werden, eine Bürgerversammlung. Und
die Klimagasreduktion von 70 Prozent bis 2030 soll für alle
gesellschaftlichen Bereiche, wie Transport, Landwirtschaft, Bau und
Industrie gelten. Ausgenommen sind nur der internationale Luft- und
Schifffahrtverkehr.
Politisch wurde das Gesetz zwischen der sozialdemokratischen
Minderheitsregierung und sieben im Parlament vertretenen Parteien auf der
breitmöglichsten Basis verankert. Hinter ihm stehen von der
rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei bis zur sozialistischen
Einheitsliste nun 167 der 179 Folketingabgeordneten. Das sind alle mit
Ausnahme der rechtsliberalen Liberalen Alianz und der rechtspopulistischen
Neuen Bürgerlichen.
## Auch Klimaleugner überzeugt
Der Weg dorthin war allerdings nicht einfach. Vor allem die Parteien des
rechten Spektrums taten sich schwer, die Notwendigkeit eines solchen
Gesetzes einzusehen. Die Dänische Volkspartei war anfänglich grundsätzlich
skeptisch gewesen. In der Vergangenheit hatten sich ihre Vertreter
öffentlich eher mit dem Leugnen eines menschengemachten Klimawandels
profiliert. Nachdem Analysen der Parlamentswahl im Juni aber zeigten, dass
ihre damalige katastrophale Wahlniederlage auch auf das Fehlen einer
eigenen Klimapolitik zurückzuführen war, zog die Partei daraus schnell
Konsequenzen.
Dass das Gesetz nur als Kompromiss quer durchs Parlament verankert werden
konnte, hat natürlich Spuren hinterlassen. Es wird nicht wie ursprünglich
geplant noch vor Weihnachten, sondern erst im Februar vom Folketing
verabschiedet werden. Und dann, so der Klimaminister, „müssen wir das in
grünes Handeln umsetzen“.
Welche Maßnahmen konkret bis 2025 angegangen werden sollen, werden die
Regierung, deren Zusammenarbeitsparteien und die Opposition im ersten
Halbjahr 2020 im Rahmen eines Klimahandlungsplans ausarbeiten. Jørgensen
ist optimistisch: „Ich habe noch nie eine so konstruktive Zusammenarbeit
erlebt, wie zu diesem Thema.“
## Wäre noch mehr drin gewesen?
Bei Null wird die Umsetzung dabei aber nicht beginnen. Die Regierung hat in
ihrem Haushalt für das kommende Jahr, den Greenpeace immerhin als
„historisch grün, wenn auch nicht grün genug“ bewertete, beispielsweise
erste Weichen gestellt. Sie hat einen milliardenschweren „grünen
Zukunftsfonds“ aufgelegt, ein Programm zur Stilllegung landwirtschaftlicher
Flächen, über die der Treibhausgasausstoß der Landwirtschaft verringert
werden soll. Auch einen Waldfonds gibt es nun. Diskutiert werden außerdem
eine Flugsteuer und höhere Abgaben für Autos mit Fossilantrieb.
[2][Energiekonzerne haben einen umfassenden Ausbau von Offshore-Windenergie
angekündigt].
Vor allem Linkssozialisten, Einheitsliste und die rot-grüne Alternative
hätten gern konkretere quantitative Minderungsziele für
Treibhausgasemissionen schon im Klimarahmengesetz verankert gesehen.
Trotzdem gibt es nun durchweg Lob für das Erreichte. Die
Naturschutzvereingung spricht von einem „historischen Abkommen“, das durch
den Druck der Bevölkerung auf die Politik möglich geworden sei. Und deren
Präsidentin Maria Reumert Gjerding verspricht: „Wir werden mit unserem
Druck nicht nachlassen, damit aus den schönen Ambitionen auch Taten
werden.“
Von einem „historischen Tag“ spricht auch der Industrieverband: „Die
Industrie steht bereit: Wir werden den Rest der Welt inspirieren und freuen
uns auf eine Führungsrolle.“ Dansk Energi verspricht so schnell wie möglich
„mit grüner Energie zu ersetzen, was es noch an fossiler Energieproduktion
gibt“. Deren Direktor Lars Aagaard: „Wir haben ja auch die besten
Voraussetzungen, um grünen Strom produzieren zu können. Und damit werden
wir dann auch Autos in Berlin, Budapest und Bratislava versorgen können.“
Nach aktuellen Berechnungen der Energiebehörde soll die dänische
Stromproduktion bis 2028 zu 100 Prozent „grün“ sein. Bis 2030 werde man 9
Prozent mehr Strom produzieren, als das Land selbst verbrauchen wird.
Mads Flarup Christensen, Generalsekretär von Greenpeace-Dänemark meint, das
Gesetz scheine tatsächlich „internationale Klasse“ zu haben: „Damit setzt
Dänemark wirklich Kurs auf eine Verwirklichung des Pariser Abkommens.“
Jetzt müsse das Land vor allem seine Ölförderung in der Nordsee beenden und
seine Fleischproduktion vermindern.
Diese Aufbruchstimmung wird auch nötig sein. Nach aktuellen Zahlen hat
Dänemark seinen CO2-Ausstoß bis 2018 im Vergleich zu 1990 um 37.5 Prozent
vermindert. Für die bis zur 70-Prozent-Zielmarke fehlenden restlichen 32,5
Prozent müsste in der verbleibenden Zeit das Reduktionstempo vor allem im
Transport- und Industriesektor kräftig erhöht werden.
8 Dec 2019
## LINKS
[1] https://kefm.dk/media/12965/aftale-om-klimalov-af-6-december-2019.pdf
[2] https://www.offshorewind.biz/2019/11/15/denmark-rolls-out-new-subsidy-schem…
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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