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# taz.de -- Serie „Holocaust“ und die ARD: Lähmendes Dagegen
> Die Öffentlich-Rechtlichen hatten in den 1970er Jahren Hemmungen, die
> US-Miniserie ins Programm zu nehmen. Wie wäre das heute?
Bild: Michael Moriarty spielte in der Serie „Holocaust“ die Rolle des SS-Ju…
„Die allgemeine Stimmung war lähmend dagegen“, sagt Günther Rohrbach. Es
geht um den Umgang mit der NS-Vergangenheit in den 1970er Jahren und
natürlich um die US-Miniserie „Holocaust“, die Rohrbach seinerzeit als
WDR-Fernsehspielchef nach Deutschland geholt hatte.
Am Mittwochabend zeigt der WDR nun auch die Langversion der [1][Doku „Wie
‚Holocaust‘ ins Fernsehen kam“] von Alice Agneskirchner. Es ließe sich
jetzt wieder viel sagen zum Sendeplatz (23.25 Uhr), der so gar nicht
optimal für großartige 90 Minuten schwere Kost unter der Woche ist. (Zu
ähnlich nachtschlafenden Zeiten ist übrigens auch „Holocaust“ selbst noch
mal seit Montag im WDR-Fernsehen zu sehen.)
Noch interessanter ist aber die Frage nach dem ursprünglichen Umgang des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens – ein anderes gab es im Westdeutschland
der 70er nicht – mit dem Stoff. Die Fernsehfilmkoordinatoren der ARD,
damals wie heute für solche Ankäufe und Produktionen sowie die Sendeplätze
zuständig, lehnten ab. „Sie waren unisono dagegen“, erinnert sich Rohrbach:
„Die ARD wollte es nicht.“ Wie wäre das wohl heute?
Rohrbach hat damals „Holocaust“ für den WDR allein gekauft, der größte u…
reichste Sender der ARD stemmte die seinerzeit fälligen Millionen
einigermaßen locker. Und die ARD fand doch noch zu einem Kompromiss:
„Holocaust“ lief nicht im Ersten, sondern parallel in allen dritten
ARD-Programmen.
## Heftiger Widerspruch
Die Ausstrahlung der vier Teile über die Geschichte der jüdischen Familie
Weiss wurde dabei mit Expert*innenrunden und vor allem den direkten
Reaktionen und Fragen aus dem Publikum flankiert, die – mal flapsig gesagt
– bis heute unerreicht sind. Da ist aktuell zwar „Dialog“ das Zauberwort …
aller Sendermunde, aber man bricht sich doch eher einen ab.
Damals bekannten Menschen Scham, Wut, Trauer, Unverständnis – und auch
Ewiggestrigkeit und tiefstes Nazitum. Das Fernsehen ging souverän damit
um, in der Expert*innenrunde knarzte Marcel Reich-Ranicki, es „wäre die
Aufgabe der Deutschen gewesen, diesen Film zu machen“, und erntete heftigen
Widerspruch.
„Der Erfolg von ‚Holocaust‘ bestand im Entsetzen“, sagt Rohrbach. Wer h…
mitbekommt, wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen seine eigenen
Erfolgskriterien verhandelt, wird eine solche Kategorie schmerzlich
vermissen.
Womit wir im Hier und Jetzt wären: Mittlerweile gilt „Mitten in
Deutschland“, die ARD-NSU-Trilogie, als Erfolg. Wegen der vielen Preise,
wegen der Anerkennung, dass sich das deutsche Fernsehen da etwas getraut
hat. Menschen, die ein bisschen näher dran waren, erzählen anderes: Man
hört von einem teilweise ähnlich lähmenden Dagegen in der ARD, dem sich,
wie 1978/79 Rohrbach, wieder Einzelne, Mutige entzogen – und das Ding
möglich gemacht haben.
20 Nov 2019
## LINKS
[1] /Regisseurin-ueber-Serie-Holocaust/!5559358
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Kolumne Flimmern und Rauschen
Schwerpunkt Nationalsozialismus
ARD
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neuen Doku zeichnet Alice Agneskirchner die Entstehung und die Reaktionen
nach.
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