# taz.de -- Parlamentswahl in Spanien: „Sánchez hat sich verzockt“ | |
> Spaniens Premier ging auf die Rechten zu, um Stimmen zu gewinnen. Das sei | |
> nicht aufgegangen, sagt Wahlbeobachter Bernhard von Grünberg. | |
Bild: Nur ein Bündnis mit den Katalanen könnte ihn retten: Regierungschef Ped… | |
taz: Herr von Grünberg, das Wahlkampfmotto des Sánchez-Lagers lautete | |
„Regierung jetzt!“. Ist das nach der [1][Wahl in Spanien] wahrscheinlicher | |
geworden? | |
Bernhard von Grünberg: Im Gegenteil. Die Situation ist für Sánchez noch | |
katastrophaler geworden. Seine sozialistische PSOE ist zwar stärkste | |
Partei, hat aber massiv Stimmen verloren. Genauso wie Podemos. Dafür hat | |
sich die rechtsextreme VOX verdoppelt und ist jetzt drittstärkste Partei. | |
Die konservative PP hat auch zugelegt. Damit sind Regierungsmöglichkeiten | |
fast nicht gegeben, zumal Sánchez von Anfang an gesagt hat, dass er keine | |
Große Koalition will. | |
Er hatte gehofft, den Rechten durch einen anti-katalanischen Kurs Stimmen | |
abzuwerben. Deswegen setzte er auf Polizei gegen die Demonstranten statt | |
auf Dialog mit den Unabhängigkeitsbefürwortern. | |
Genau. Aber da hat er sich verzockt! Wir kennen das aus Deutschland: Wenn | |
man die Themen der AfD zum Zentrum der politischen Diskussion macht, muss | |
man sich nicht wundern, wenn die Menschen das Original wählen. | |
Emmanuel Macron versucht das Gleiche in Frankreich: Er stellt Flüchtlinge | |
in der Gesundheitsversorgung schlechter, um Le Pen Stimmen abzuluchsen. | |
Ja, das ist ein gravierender Fehler. Die Wähler verlangen Haltung von ihren | |
Politikern! Man hätte im Katalonienkonflikt längst Gespräche über die | |
wichtigen Fragen führen können: Wie ist das mit einem nachvollziehbaren | |
Länderfinanzausgleich? Wo haben wir gesicherte föderale Rechte? Und wie | |
gehen wir eigentlich mit der Vergangenheit um? | |
Stichwort Vergangenheit: Da hat Sánchez doch Erfolge vorzuweisen. Durch die | |
Umbettung des Diktators Franco ist dessen Grab keine Pilgerstätte mehr für | |
Rechtsextremisten. | |
Erst einmal hätte eine Aufarbeitung der ganzen Zeit stattfinden müssen. So | |
ist Franco in einem feierlichen Akt umgebettet worden. Und zwar in einem | |
sehr feierlichen Akt! In den neunziger Jahren gab es in der Bundesrepublik | |
eine Debatte darüber, wie man eigentlich mit den Verbrechen der Wehrmacht | |
umgehen sollte. Das ist eine sehr emotionale Sache gewesen. Und dann kam | |
Jan Philipp Reemtsma mit seinem Hamburger Institut für Sozialforschung und | |
hat das fachlich aufgearbeitet. Dadurch wurde da ein bisschen die Luft | |
rausgenommen. So etwas bräuchte man auch in Spanien. | |
Welche Koalitionen sind nach der Wahl nun denkbar? | |
Ich sehe wirklich nur eine Chance: PSOE, Podemos und die katalanischen | |
Parteien haben zusammen eine Mehrheit. Allerdings verlor die dialogbereite | |
katalanische ERC Stimmen, während die radikale CUP dazugewonnen hat. Die | |
rechtsliberalen Ciudadanos verzeichneten zudem Verluste an VOX. | |
Im März haben Sie vor dem Obersten Gericht als Zeuge beim | |
Separatistenprozess ausgesagt. Wie hat das Ihre Sicht auf die Wahl geformt? | |
Das war ein absurder Prozess. Alles wurde im Fernsehen übertragen, die | |
rechtsextreme VOX ist als Nebenkläger aufgetreten. Für mich war das | |
natürlich ein Wahnsinn. Wieso hat Sánchez mit den Rechten gegen die | |
Katalanen Stellung bezogen? Er hätte über die nötigen Reformen sprechen | |
sollen. Über Rente, Pflege und Arbeitsmarkt. Stattdessen gab es | |
Repressionen gegen Unabhängigkeitsbefürworter. | |
11 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dorian Baganz | |
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