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# taz.de -- Anschläge auf Vonovia in Bremen: Mit Feuer und Steinen
> Brennende Fahrzeuge und eingeworfene Fensterscheiben: „Autonome Gruppen“
> bekennen sich zu zwei Anschlägen auf den Wohnungskonzern Vonovia.
Bild: Wurde Ziel einer Attacke: die Bremer Vonovia-Niederlassung
Bremen taz | In Bremen haben offenbar „autonome Gruppen“ in den letzten
Tagen gleich zweimal zugeschlagen. Am frühen Sonntagmorgen brannten neun
Autos auf dem eingezäunten Parkplatz des Wohnungskonzerns Vonovia im
Stadtteil Woltmershausen; am Mittwoch früh flogen Pflastersteine gegen die
Fensterscheiben der Vonovia-Zentrale in der Bremer Innenstadt.
„Vom Freudenfeuer auf dem Parkplatz von Vonovia inspiriert … zerlegten wir
die Fensterfassade unter Verwendung von Kleinpflastersteinen“, heißt es in
einem der taz vorliegenden Bekennerschreiben. Absender:
„[email protected]“. Die Parole der Bekenner lautet schlicht: „Vonovia
vergesellschaften! Für das bedingungslose Recht auf Wohnen!“, die Aktionen
seien „ein Anfang“.
Das Bekennerschreiben rechtfertigt „militante Angriffe“ als „eines von
vielen Mitteln“: „Ein direkter wirtschaftlicher Schaden zerrt die Akteure
in die Öffentlichkeit und schmälert die Bilanzen. Die abgebrannten
Fahrzeuge vom vergangenen Wochenende sicher mehr als die kaputten
Fensterscheiben von vergangener Nacht.“
Obwohl die Polizei in der Nähe der Brandstelle einen 29-jährigen Mann
vorübergehend festgenommen hat, gibt es noch keine Auskunft über die
möglichen Täter. Der Tatverdächtige wurde auf freien Fuß gesetzt. Ob er
weiterhin „im Verdacht“ steht, wollte die Bremer Polizei weder bestätigen
noch dementieren.
Dass die militanten Aktionen das Unternehmen Vonovia „in die Öffentlichkeit
zerren“, ist sicher richtig, wobei es auch sonst viele Schlagzeilen über
die Geschäftspraktiken von Deutschlands größtem Wohnungsbauunternehmen
gibt. Was den direkten materiellen Schaden angeht – die Polizei geht bei
den neun Fahrzeugen von rund 250.000 Euro aus – ist das Argument weniger
überzeugend: Für das vergangene Jahr meldete die Vonovia ihren Aktionären
[1][einen Gewinn nach Steuern von deutlich mehr als zwei Milliarden Euro].
„Linkspolitisch motivierte Anschläge passieren in Bremen zu fast 100
Prozent frühmorgens zwischen 3:00 und 4:00 Uhr“, hieß es am Sonntagmorgen
in den sozialen Netzwerken. Tatsächlich hatten die Brandstifter offenbar
gegen drei Uhr morgens ein Loch in den Maschendrahtzaun geschnitten,
vermutlich Grillanzünder auf die Autoreifen gelegt – und waren weglaufen.
Mehrfach haben in den letzten Jahren in Bremen Polizeiautos gebrannt, die
nach dieser Methode angezündet wurden. Einen Ermittlungserfolg konnte die
Polizei bisher nicht vermelden. Auch im Sommer dieses Jahres brannten
Vonovia-Autos.
In Dresden waren im Mai vier Vonovia-Autos in Brand gesetzt worden. Dort
besitzt Vonovia 38.000 Wohnungen und war aufgrund fehlerhafter
Mieterhöhungen und Nebenkostenabrechnungen in die Öffentlichkeit geraten.
„Man braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, dass der politische
Streit jetzt in Gewalt eskaliert ist“, meinte der Dresdener
FDP-Fraktionschef Holger Zastrow. Gewalttäter hätten sich durch den „verbal
aufgeheizten Dauerfeldzug gegen Vonovia und die gesamte Wohnungswirtschaft
mit Klassenkampf-Vokabeln“ legitimiert gefühlt, sagte Zastrow und forderte
die Vonovia-Kritiker auf, „sich zu mäßigen und klar gegen extremistische
Gewalt aussprechen“.
Die Bremer Linke, die die Kritik an den Praktiken von Vonovia immer
besonders lautstark vorträgt, hat sich zu den Brandanschlägen von Sonntag
bisher nicht geäußert. Auf Nachfrage erklärte ein Linken-Sprecher, das
Thema werde möglicherweise im Landesvorstand behandelt.
Nicht allein Vonovia ist im Visier der „autonomen Gruppen“. Anfang Oktober
wurden beim Eigentümerverband Haus und Grund in der Bremer Innenstadt
reihenweise Scheiben eingeschlagen. Die waren offenbar weniger widerständig
als die bei der Vonovia, die bloß splitterten. Einige vermummte Personen
hatten nach Aussage von Augenzeugen mit Feuerlöschern, Steinen,
Farbflaschen und Hämmern die Glasfassade von Haus und Grund traktiert und
durch die Löcher in den Fenstern Farbe in die Innenräume gesprüht. Haus und
Grund bezifferte den Schaden auf rund 70.000 Euro.
Die Bremer Polizei hat auch dazu bisher keinen Ermittlungserfolg gemeldet.
Auch dazu gab es ein Bekennerschreiben auf „Indymedia“ im Internet, in dem
die grundsätzliche Kritik am Privateigentum im Kapitalismus ausführlich
erläutert wird. Mitte August waren die Scheiben von vier Immobilienbüros in
den Bremer Stadtteilen Findorff und Walle das Ziel von Steinewerfern.
7 Nov 2019
## LINKS
[1] /Vonovia-Aktionaersversammlung/!5596026&s=Vonovia+Dresden/
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Vonovia
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Vonovia
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