# taz.de -- Bewegungsdaten von Handy-Nutzern: Datensammeltage in Spanien | |
> Das spanische Statistikinstitut kauft Daten aller Mobiltelefone von | |
> mehreren Tagen. So will es sehen, wo sich die Bevölkerung aufhält. | |
Bild: Telefone leuchten für das katalanische Unabhängigkeitsreferendum | |
Madrid taz | Insgesamt 53 Millionen Mobiltelefone sind in Spanien gemeldet. | |
Daten aller dieser Handys will das öffentliche [1][Statistikinstitut INE] | |
nun während mehrerer Tage sammeln, um zu wissen, wie sich die Bevölkerung | |
des 46-Millionen-Einwohner-Landes bewegt. Das ruft besorgte Verbraucher und | |
Datenschützer auf den Plan. | |
Die Daten kauft das Institut für eine halbe Million Euro bei den drei | |
größten Mobilfunkgesellschaften – der einst staatlichen Movistar, Vodafone | |
und Orange. Das INE teilt Spanien für das Tracking in 3.200 Zellen auf, in | |
denen jeweils 5.000 Handys gemeldet sind. Das Bewegungsprofil wird an vier | |
Werktagen seit Montag, 18. November, erstellt sowie am Sonntag, 24. | |
November, am ersten Weihnachtsfeiertag und an zwei Tagen in den | |
Sommerferien kommenden Jahres. | |
Ziel ist es, herauszufinden, wie die Verkehrsströme im Land verlaufen, | |
welche Verkehrsmittel die Menschen benutzen, wo sie leben, ihren | |
Arbeitstag, ihre Freizeit und Ferien verbringen. „Die Betreiberfirmen | |
liefern keine personenbezogen Daten über einzelne Telefone oder ihre | |
Benutzer“, versucht das INE die aufgeschreckte Bevölkerung zu beruhigen. | |
Alles verlaufe im Rahmen des Datenschutzgesetzes. | |
Die Verbraucherverbände sind sich da nicht ganz so sicher. Zwar sei die | |
derartige Verwendung von Daten zu statistischen Zwecken „grundsätzlich | |
nicht illegal, auch wenn das ohne Einwilligung geschieht“, erklärt Ileana | |
Izverniceanu, Sprecherin der Verbraucherschutzorganisation OCU. Um aber | |
sicher zu sein, ob wirklich alles anonym verläuft, „wäre es notwendig, den | |
Vertrag zwischen dem INE und den Betreibern genauer zu untersuchen“. | |
## Verbraucherschützer untersuchen | |
Ruben Sánchez, Chef der Verbraucherschutzorganisation FACUA, bestätigt, | |
dass seine Rechtsabteilung den Fall untersuche. Auch die staatliche | |
Datenschutzagentur hat das INE laut einer Mitteilung „um Informationen über | |
die Verlaufsprotokolle gebeten“. Ob die Studie ausgesetzt werden könne, | |
darüber schweigt sich die Institution aber aus. | |
Genau das verlangt Juraprofessor und Spezialist für Cybersicherheit an der | |
Universität im südspanischen Granada, Javier Valls. „Das INE kann unseren | |
Handys nicht folgen, solange nicht ganz genau klar ist, welchem Zweck dies | |
dient“, sagt er. „Sie können nicht damit argumentieren, dass sie unsere | |
Daten sammeln dürfen, weil sie anonym seien. Denn das sind sie nicht.“ | |
Schließlich sei genau nachzuvollziehen, aus welcher Wohnung die Handys | |
kommen und wohin sie sich bewegen. Damit könne das entsprechende Telefon | |
zugeordnet werden. | |
Zwei der drei Handybetreiber haben mittlerweile auf den Unmut vieler | |
Konsumenten reagiert. Vodafone bietet Benutzern die Möglichkeit, ihre | |
Nummer per Kunden-App vom Tracking auszuschließen. Orange bietet einen | |
ähnlichen Service auf seiner Homepage an. Wer beim größten Anbieter | |
Movistar nachfragt, bekommt widersprüchliche Auskünfte. Doch spanischen | |
Zeitungen erklärte das Unternehmen, es sei nicht vorgesehen, dass Kunden | |
sich dem Tracking verweigern können. Die Daten seien sicher. | |
19 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ine.es/ | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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