# taz.de -- Geflüchtete in Griechenland: Menschen, die nicht gewollt werden | |
> Griechenland will Geflüchtete schneller in die Türkei zurückschieben. Der | |
> Europarat kritisiert eine „explosive“ Situation in den Lagern auf den | |
> Ägäis-Inseln. | |
Bild: Die Syrerin Salwa Saleh (19) und ihr Baby warten auf den Transport in ein… | |
STRAßBURG/ATHEN dpa | Das griechische Parlament hat nach einer mehr als | |
14-stündigen Debatte am frühen Freitagmorgen mit großer Mehrheit eine | |
Verschärfung des Asylgesetzes verabschiedet. Ziel der konservativen | |
Regierung unter Premier Kyriakos Mitsotakis ist es, Antragssteller im | |
Rahmen des [1][Flüchtlingspakts] zügiger zurück in die Türkei zu schicken. | |
Zudem sollen bis zum Jahresende rund 20.000 Asylbewerber von den völlig | |
überlasteten griechischen Inseln aufs Festland gebracht werden. | |
Das griechische Asylsystem sei seit langem gelähmt, sagte Mitsotakis in | |
seiner Rede vor dem Parlament. Es verbreite die Botschaft, jeder könne in | |
Griechenland bleiben. Künftig solle unter anderem „jeder Antrag nach sechs | |
anstatt nach neun Monaten geprüft werden“. Arbeite der Antragssteller nicht | |
mit den Behörden zusammen, werde der Antrag automatisch für unbegründet | |
erklärt. | |
Mitsotakis appellierte zudem erneut an die EU-Mitgliedsstaaten: „Es kann | |
nicht sein, dass ein Land die Freizügigkeit der EU nutzt und sich | |
gleichzeitig weigert, auch nur die kleinste Migrationslast zu teilen.“ | |
[2][Europäische Solidarität] gebe es nicht à la carte. | |
Die Opposition sowie Hilfs- und humanitäre Organisationen hatten die | |
Verschärfung des Gesetzes im Vorfeld kritisiert: Das Recht von | |
Schutzsuchenden auf eine umfassende Prüfung ihres Asylantrags werde damit | |
ausgehöhlt. | |
## Katastrophale Zustände auf den Inseln | |
Auf den Inseln der Ostägäis harren derzeit fast 35.000 Migranten aus. Das | |
ist die höchste Zahl seit Inkrafttreten des Flüchtlingspaktes im März 2016. | |
Kapazität gibt es nur für rund 7.000 Menschen; die Migranten leben unter | |
menschenunwürdigen Bedingungen. | |
Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hat sich mit | |
drastischen Worten über die Lage von Migranten auf den griechischen | |
Ägäis-Inseln geäußert. „Es ist eine explosive Situation“, teilte Mijato… | |
am Donnerstag mit, nachdem sie Migranten-Lager auf den Inseln [3][Lesbos] | |
und [4][Samos] sowie in der Stadt Korinth besucht hatte. Es mangele an | |
medizinischer Versorgung und ausreichenden sanitären Anlagen. | |
Auf Samos bauten Familien Notunterkünfte aus selbstgeschlagenen Bäumen, | |
führte Mijatovic aus. Für Essen und Toiletten müsse stundenlang angestanden | |
werden. „Das hat nichts mehr mit der Aufnahme von Asylbewerbern zu tun. Das | |
ist zu einem Überlebenskampf geworden.“ | |
Die Kommissarin lobte die finanzielle Unterstützung der Europäischen Union | |
– sie betonte jedoch, dass das Problem nicht durch finanzielle Mittel | |
allein gelöst werden könne. Griechische Behörden müssten alle | |
bürokratischen Hindernisse beseitigen, die einer effektiven Verwendung der | |
Mittel im Wege stünden, forderte Mijatovic. | |
Gleichzeitig müssten die EU-Länder mehr Verantwortung übernehmen, um Wege | |
für die Umsiedlung von Menschen aus Griechenland in andere Mitgliedstaaten | |
zu finden. Griechenland müsse damit Raum für strukturelle Verbesserungen | |
gegeben werden. | |
Die EU und Griechenland müssten zudem darüber nachdenken, wie die Gemeinden | |
vor Ort besser unterstützt werden können, betonte Mijatovic. „Sie nehmen | |
seit vielen Jahren großzügig eine große Zahl an Flüchtlingen und Migranten | |
auf. Aber ihre Empörung über die derzeitige unhaltbare Situation ist nicht | |
zu leugnen.“ | |
Der Europarat mit Sitz im französischen Straßburg kümmert sich um den | |
Schutz der Menschenrechte in den Mitgliedsstaaten. Er agiert unabhängig von | |
der Europäischen Union. | |
1 Nov 2019 | |
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