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# taz.de -- Wahlabend im Öffentlich-Rechtlichen: Eine Bühne für die Rechten
> Wie haben sich die Öffentlich-Rechtlichen in ihrer AfD-Berichterstattung
> geschlagen? Spoiler: Es wurde mal wieder viel unkommentiert gelassen.
Bild: Mikrofon hinhalten, wenn die AfD spricht oder doch lieber liegen lassen?
In der Vergangenheit haben die Öffentlich-Rechtlichen einen eher
unkritischen Umgang mit Politikern der AfD bewiesen. Bei der
Berichterstattung zur Landtagswahl in Thüringen schaute man deshalb
besonders aufmerksam auf Moderator*innen und Sendungen der
öffentlich-rechtlichen Sender.
Im September erst hatte es [1][Kritik am Mitteldeutschen Rundfunk] und
einer Moderatorin gegeben. Am Abend der Landtagswahl in Sachsen interviewte
die MDR-Journalistin Wiebke Binder den CDU-Politiker Marco Wanderwitz.
Dabei sprach sie von einer „stabilen bürgerlichen Koalition“, die
rechnerisch mit CDU und AfD möglich sei. Im Nachgang wurde Binder von
Zuschauer*innen und Journalist*innen im Netz für ihre Wortwahl
angeprangert, denn mit dem Wort „bürgerlich“ hätte sie die Wortwahl der A…
übernommen.
Wie schlugen sich die Öffentlich-Rechtlichen Sender dieses Mal? Haben sie
dazugelernt?
Kurz nach den ersten Hochrechnungen am Abend wurde der
AfD-Parteivorsitzende Alexander Gauland zu den Ergebnissen [2][im Ersten
befragt]. Höcke sei nicht rechtsextrem, sagte er im Interview, auch das
Wort „rechtsextremer Flügel“ lehne er ab, der Thüringer Spitzenkandidat
spreche klar aus, was viele denken, „das hat mit rechtsextrem nichts zu
tun“. Und weil das Gauland natürlich nicht ausreicht, treibt er es noch
weiter auf die Spitze. Höcke, der mittlerweile als Faschist bezeichnet
werden darf, nennt Gauland die „Mitte der Partei“. „Herr Höcke rückt die
Partei nicht nach rechts“, sagte er außerdem.
## Es fehlten Nachfragen
Was an dieser Stelle fehlte, war eine Nachfrage des Moderators. Eine wie:
Aber Herr Höcke ist doch ein Faschist, wie kann er da die Mitte der Partei
verkörpern? Oder: Wenn Höcke die Mitte ist, wer ist dann rechtsextrem oder
gar links im Parteinspektrum? Vergeblich wartete man darauf. Eines hat
Gauland also mit seiner Aussage deutlich gemacht: dass die rechtsextreme
Ausrichtung der AfD nun akzeptiert ist.
In den „[3][Tagesthemen“ interviewte] Moderator Ingo Zamperoni den
AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke. Zamperoni ließ Höcke ungehindert von
„erschlaffter Demokratie“ sprechen, den „Faschisten“-Vorwurf beantwortet
Höcke mit einem Grinsen, das er auch im weiteren Verlauf des Gesprächs
nicht mehr loswurde.
Auf die Frage nach dem Verfassungsschutz, der Höckes Flügel als
Verdachtsfall eingestuft hat, antwortet dieser: „Ich glaube, jeder, der
eine gesunde Portion Menschenverstand hat, der weiß, dass der
Verfassungsschutz mittlerweile zum Etablierten-Schutz verkommen ist, (…).
Er wird missbraucht von den Herrschenden.“ In alter Höcke-Manier wurde dann
auch noch gedroht: „Das muss sich so schnell wie möglich ändern.“
## Keine Entzauberung möglich
Nach unzähligen kritisierten Interviews mit AfD-Politikern und zwei
Landtagswahlen in diesem Jahr hätte man mehr von Öffentlich-Rechtlichen
erwarten können. Mittlerweile sollten Journalist*innen in Gesprächen mit
AfD-Politiker*innen direkter, vehementer nachfragen, Aussagen nicht
unkommentiert stehen lassen. Mit Rechten zu reden, das hat die
Vergangenheit gezeigt, hat wenig Mehrwert. Entzaubern, das ist auch schon
mehrfach bewiesen worden, wird man rechtsextreme Menschen [4][wie Höcke
nicht].
Wenn Begriffe wie „Kartell-“ oder „Altparteien“ fallen, wenn von einer
„Parteiendemokratie“ die Rede ist, dann müssen diese Begriffe eingeordnet
werden. Es muss deutlich gemacht werden, dass rechte und rechtsextreme
Narrative dahinterstehen. Und es muss eindeutig gemacht werden, welchen
Vokabulars man sich hier bedient.
Das sollte und muss gerade nach solchen Wahlergebnissen wie in Thüringen in
Zukunft verstärkt die Aufgabe von Journalist*innen sein.
28 Oct 2019
## LINKS
[1] /Kritik-an-MDR-Umgang-mit-der-AfD/!5622265
[2] https://www.youtube.com/watch?v=87j-2o3nRBY
[3] https://www.youtube.com/watch?v=-jhAKINr_Xk
[4] /Bjoern-Hoecke-bricht-ZDF-Interview-ab/!5622813
## AUTOREN
Erica Zingher
## TAGS
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