| # taz.de -- Abtreibung in Nordirland: Liberal dank London | |
| > In Nordirland ist Abtreibung ab Montag legal. Die DUP will das nicht – | |
| > doch ist die Region schon seit über 1.000 Tagen ohne Regierung. | |
| Bild: Einsamer Protest: Abtreibungsgegnerin bei Pro-Choice-Demo im September in… | |
| Dublin taz | In der Schlacht um den Brexit hat die nordirische Democratic | |
| Unionist Party (DUP) vorerst einen Sieg errungen. Die Entscheidung über die | |
| vom britischen Premier Boris Johnson mit der EU ausgehandelte Zollgrenze | |
| zwischen Nordirland und Großbritannien [1][ist am Samstag vertagt worden] – | |
| dank der Stimmen der DUP, die jeden Sonderstatus für Nordirland ablehnt. | |
| Fast jeden. | |
| Bei Abtreibung und gleichgeschlechtlicher Ehe – beides legal in | |
| Großbritannien und in der Republik Irland – pochen die DUP-Politiker auf | |
| eine Sonderbehandlung. Doch das wird sich ab Montag wohl ändern. Trotz des | |
| Protests der DUP. | |
| Bisher hatte man die Liberalisierung verhindern können, weil die | |
| Entscheidung darüber seit der Gründung Nordirlands im Jahr 1921 | |
| dezentralisiert war. Mehr als 700 Frauen reisen jedes Jahr für einen | |
| Abbruch vor allem nach England. Anfang des Monats [2][entschied ein | |
| Belfaster Gericht jedoch], dass das strikte Abtreibungsverbot ein Verstoß | |
| gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sei. | |
| Zu dieser Überzeugung waren die Londoner Unterhaus-Abgeordneten schon | |
| früher gekommen. Ende Juli entschieden sie mit 328 zu 65 Stimmen, dass | |
| gleichgeschlechtliche Ehen und Abtreibung in Nordirland legalisiert werden | |
| müssen. Das Gesetz tritt am Montag in Kraft. | |
| ## Verbündung mit dem „Papisten-Pack“ | |
| Nur ein Votum des nordirischen Regionalparlaments hätte das verhindern | |
| können, doch das liegt seit mehr als tausend Tagen auf Eis, weil sich die | |
| DUP mit Sinn Féin, der stärksten Partei auf katholisch-nationalistischer | |
| Seite, zerstritten hat. Seit Januar 2017 ist der Landesteil [3][deshalb | |
| schon ohne Regionalregierung]. Laut Belfaster Abkommen vom Karfreitag 1998, | |
| das bei den Brexit-Verhandlungen eine so große Rolle spielte, muss die | |
| Regierung in Nordirland von Parteien beider Bevölkerungsgruppen gebildet | |
| werden. | |
| Die DUP versuchte vergeblich, die anderen Parteien zur Wiederbelebung der | |
| Regionalregierung zu bewegen. In ihrer Verzweiflung verbündete sich die | |
| unionistische Partei sogar mit dem „Papisten-Pack“, wie sie die | |
| katholischen Bischöfe normalerweise nennt. Die hatten auf ihrer | |
| Jahreskonferenz Anfang des Monats die nordirischen Parteien dazu | |
| aufgerufen, das Regionalparlament schleunigst wieder einzusetzen, damit | |
| „jedes menschliche Leben geschützt“ werden könne. | |
| Dafür ist es nun zu spät. Wenn die DUP-Parlamentarier am Montag wie | |
| angekündigt im Stormont auftauchen, dem Belfaster Regionalparlament, | |
| benötigen sie 30 Abgeordnete, um das Parlament formal wieder einzusetzen. | |
| Die DUP verfügt aber nur über 28 Abgeordnete. | |
| Selbst wenn die Partei diese Hürde mit Hilfe von Abgeordneten anderer | |
| Parteien nehmen sollte, müssten zunächst Minister ernannt werden. Da das | |
| Belfaster Abkommen festlegt, dass die Ministerposten zwischen beiden | |
| Bevölkerungsgruppen aufgeteilt werden, müsste Sinn Féin mitspielen. Das | |
| wird nicht geschehen. Deshalb wird Nordirland am Montag eins der | |
| liberalsten Gesetze in Europa zu Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe | |
| bekommen. | |
| 20 Oct 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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