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# taz.de -- Prozess gegen 51-Jährige in Berlin: Feministin vor Gericht
> Einer Frau wird PKK-Unterstützung vorgeworfen. Die Angeklagte, die als
> Zwölfjährige in der Türkei im Knast saß, war 2013 nach Deutschland
> geflohen​.
Bild: Auch die Anwälte der Angeklagten fordern eine Neubewertung der PKK (Arch…
Am Morgen des Prozessauftakts gegen Yildiz A. zeigt sich vor dem Berliner
Kammergericht, dass es sich um kein gewöhnliches Verfahren handelt: Eine
Gruppe zeigt ein Banner „Freiheit für Yildiz“. Die Angeklagte ist eine
feministische Aktivistin, die 2013 vor der drohenden Inhaftierung aus der
Türkei geflohen war und in Deutschland als politisch Verfolgte Asyl
erhielt.
Schon in den 80er-Jahren wurde A. im Alter von nur zwölf Jahren als jüngste
weibliche Gefangene im Foltergefängnis von Diyarbakir inhaftiert. Später
engagierte sie sich in verschiedenen kurdischen Parteien für Feminismus.
Dass sie dieses Engagement ab 2013 auch in Berlin weiterführte, könnte sie
jetzt, mit 51 Jahren, ins Gefängnis bringen. So fordert es die
Staatsanwaltschaft.
Die Begründung: A. sei in Deutschland drei Jahre Gebietsverantwortliche
einer Unterorganisation der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK
gewesen. Während ihrer Zeit in Berlin habe sie als Co-Leiterin durch die
Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die Organisation von
Demonstrationen oder das Verfassen von Flyern die PKK unterstützt. Ihr
Schwerpunkt sei dabei das Thema „Frauen“ gewesen. Außerdem habe sie
Finanzmittel für europäische Unterorganisationen der PKK beschafft und
weitere Mitglieder*innen rekrutiert. In der Logik des Paragraphen 129b wird
daraus die „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“.
Welche ideologisch verwandten Organisationen der PKK zugeordnet werden, ist
umstritten. So rechnet ihr der Landesverfassungsschutz in Berlin 1.120
Menschen zu. Im Zentrum der Straftaten stehe laut Verfassungsschutzbericht
militante Aktionen wie eingeschlagene Fensterscheiben, Brandstiftungen und
Farbschmierereien.
Im Verfahren von Yildiz A. geht es aber gar nicht darum, ob die Betroffene
selbst Straftaten verübt hat, sondern lediglich, ob sie diese unterstützt
habe. Eine juristische Konstruktion, die letztlich viele Aktivist*innen der
kurdischen Bewegung in Bedrängnis bringen kann. So sagt die Anwältin
Antonia von der Behrens über ihre Mandantin: „All diese Merkmale, die
sonstigen PKK-Kadern zugeschrieben werden, treffen auf A. gar nicht zu.“
Tatsächlich geht es der Verteidigung um viel mehr als um den Fall Yildiz A.
In ihrer Begründung erzählt die Anwältin am Freitag zum Prozessauftakt vom
[1][Angriffskrieg der Türkei in Nordsyrien], den Anschlägen auf Schulen und
Bäckereien. Die kurdische Bewegung strebe eine Stärkung der
Zivilgesellschaft an und setze dies dem Terrorismus der islamistischen
Gruppen entgegen. Dass nun ausgerechnet eine Frau, die sich für
Frauenrechte und Minderheiten einsetze, als Terrorismusunterstützerin
verurteilt werde, sei absurd.
Die Anwälte der Angeklagten fordern eine Neubewertung der PKK durch den
deutschen Staat und keine weitere Verfolgung von kurdischen Aktivist*innen.
Laut dem Infodienst [2][Azadi] befinden sich aktuell acht kurdische
Aktivist*innen nach einer Verurteilung durch Paragraph 129b in deutschen
Haftanstalten. Sollte A. am Ende des Verfahrens verurteilt werden wäre sie
die erste Frau und die einzige Gefangene in Berlin – das Strafmaß kann
dabei bis zu zehn Jahren betragen. Am Dienstag wird der Prozess
fortgesetzt, weitere acht Termine sind bereits angesetzt.
25 Oct 2019
## LINKS
[1] /Protest-von-deutschen-Kurden-und-Tuerken/!5633145
[2] http://www.nadir.org/nadir/initiativ/azadi/
## AUTOREN
Fabian Grieger
## TAGS
Justiz
Prozess
PKK
Feminismus
Schwerpunkt Türkei
Kurden
Schwerpunkt Syrien
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