| # taz.de -- Sprachkritik zu Syrien-Berichterstattung: Friedliche Worte für Kri… | |
| > Medien sprechen von einem „Militäreinsatz“ oder einer „Militäroffensi… | |
| > der Türkei in Syrien. Das sind jedoch die falschen Begriffe. | |
| Bild: Einsatz? Offensive? Krieg. Die syrische Stadt Ras al-Ain nach einem türk… | |
| Haben Medien nicht auch die Aufgabe, die Dinge beim Namen zu nennen? | |
| Erdoğan nennt es „Militäroperation Friedensquell“, die deutschen Medien | |
| sprechen vom „türkischen Militäreinsatz“ oder nennen es „türkische | |
| Militäroffensive“. Beide Begriffe jedoch neutralisieren einen wichtigen | |
| Aspekt, der sich am besten in dem Vers von Matthias Claudius aus dem Jahre | |
| 1778 wiedergeben lässt: „’s ist Krieg! ’s ist Krieg!“ | |
| Das Wort „Militäreinsatz“ ist ein Euphemismus und enthält den Rezipienten | |
| im Falle von Nordsyrien die entscheidende Kriegsbotschaft vor. Unter | |
| Militäreinsatz firmiert schließlich auch das Sandsäckeschleppen beim | |
| Oderhochwasser oder das Eskortieren von Handelsschiffen. | |
| Schwieriger ist es beim Wort „Militäroffensive“. „Offensive“ ist durch… | |
| militärischer Sprachgebrauch und bedeutet so viel wie „Angriff“. Aber man | |
| muss die Wörter auf sich wirken lassen: „Angriffskrieg“ oder | |
| „Militäroffensive“? Militäroffensive klingt weniger aggressiv. | |
| Beide Wörter öffnen unterschiedliche Schubladen im Kopf, setzen | |
| verschiedene Framings in Gang. „Offensive“ ist nämlich ebenso verbreitet in | |
| genuin friedlichen Bereichen. Man denke an Fußball oder Schach. „Offensiv“ | |
| ist eine Strategie. Ihr Gegenteil ist die Defensive. „Offensive“ erweckt | |
| den Eindruck, beide Seiten hätten sich zu einer (legitimen) | |
| Auseinandersetzung entschieden. Die Strategie jedoch zum Hauptwort zu | |
| erheben, ist bei einem Angriffskrieg unangemessen. | |
| ## Problem der Perspektive | |
| Wollen die Medien jetzt die Wahrheit verschleiern? Nein. Sie sind einfach | |
| der Komplexität nicht gewachsen. Sprache hat nämlich den Nachteil, dass ihr | |
| meist eine Perspektive innewohnt. Hat man erst einmal eine Perspektive, ist | |
| es schwer, die Begriffe infrage zu stellen. Und: Wenn alle es so nennen, | |
| könnte es Sinn machen, es selbst eben auch so zu nennen. | |
| Die Türkei ist ein Nato-Partner Deutschlands. Dieses Partnersein gibt die | |
| Perspektive vor und steckt unseren sprachlichen Rahmen ab. Aber die | |
| Strategie zum Hauptwort zu erheben, das macht vielleicht aus Sicht von | |
| Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Sinn. Für die Medien wären diese | |
| Begriffe angebrachter: völkerrechtswidriger Angriffskrieg, militärische | |
| Vertreibung, Invasion. | |
| 17 Oct 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Wallis | |
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