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# taz.de -- Proteste in Ecuador: Repressionen und Verhandlungen
> Mindestens sechs Tote, 1.500 Verhaftete und hunderte Verletzte in
> Ecuador. Nun will der indigene Dachverband sich mit dem Präsidenten
> treffen.
Bild: Tote, Verletzte und Festnahmen: Proteste am Samstag in Quito
La Paz taz | Der zehnte Tag der Proteste in Quito wird als einer der
brutalsten in die Geschichte eingehen. Der Angriff auf den Rechnungshof,
wobei Molotow-Cocktails zum Einsatz kommen sollten, gehört genauso dazu wie
Angriffe auf einen Fernsehsender und eine Zeitungsredaktion.
Verantwortlich dafür waren aber nicht die indigenen Demonstranten, die seit
Tagen Quito mit ihren Märschen lahmlegen, sondern Demonstranten aus allen
Gesellschaftsschichten. „Es sind nicht mehr die Indigenen, es sind nicht
die Anhänger von Ex-Präsident Rafael Correa oder die venezolanischen
Flüchtlingen, die protestieren – hier ist ein ganzes Volk auf den Beinen“,
erklärt Mario Melo.
Der Menschenrechtsanwalt und Professor an der Päpstlichen katholischen
Universität von Quito, war am Samstag Vormittag dabei, als die
Dachorganisation der indigenen Völker Ecuadors (Conaie) sich entschloss das
Verhandlungsangebot von Präsident Lenín Moreno anzunehmen.
„Allerdings nicht ohne Bedingungen zu stellen. Die Gespräche sollen live
übertragen werden. Voraussetzung für die Aufnahme von Gesprächen war die
Ankündigung von Präsident Lenín Moreno das Gesetz 883 überprüfen zu
wollen“. Das Gesetz über die Benzinpreiserhöhungen, die vor allem die armen
Bevölkerungsschichten trifft, war der Auslöser für die Proteste gewesen,
die das Land seit dem 2. Oktober in Atem halten.
## Repressive Strategie
Mit dem Verhandlungsangebot zeichnet sich ein Einlenken der Regierung von
Lenín Moreno ab, die rund 75.000 Polizei- und Militärkräfte mobilisiert
hatte, um die Proteste im Keim zu ersticken. Diese repressive Strategie
macht Mario Melo dafür verantwortlich, dass es mindestens sechs Tote,
hunderte von Verletzen und mindestens 1500 Festnahmen gab. „Diese Zahlen
können noch deutlich nach oben gehen, denn die Regierung gibt die
Informationen der Krankenhäuser nicht weiter“, kritisiert der Jurist.
Er selbst wurde Zeuge, wie ein friedlicher Protestzug von Frauen mit weißen
Fahnen aus einem Hubschrauber mit Tränengas beschossen wurden. Zeuge der
brutalen Übergriffe von Polizei und Militär wurde auch der Foto- und
Video-Journalist Luis Herrera: „Ich habe Menschen gesehen, denen
Metallkugeln ein Auge zerschossen haben, es wurden Tränengasgranaten
gezielt auf Menschen abgefeuert und auch Schusswaffen sind zum Einsatz
gekommen“, sagt er. Herrera hat einzelne Szenen auch dokumentieren können.
Die Polizeigewalt auch gegen Frauen und Kindern, die vor der Casa de la
Cultura an der Avenida 12. De Octubre im Zentrum Quitos campierten,
kritisiert auch Mario Melo. Er war bei den Verhandlungen dort mehrfach
zugegen und kam aufgrund der von Präsident Lenín Moreno verhängten
Ausgangssperre ab 15 Uhr am Samstag nicht mehr nach Hause.
Mit der Ausgangssperre, die von der Armee durchgesetzt werden soll, hofft
Moreno die Lage in Quito wieder unter Kontrolle zu bekommen. Klar ist
jedoch, dass die Proteste weitergehen werden, denn der indigene Dachverband
Conaie hat keinen Zweifel daran gelassen, dass die „permanente
Mobilisierung“ auch während der Verhandlungen mit der Regierung aufrecht
erhalten bleiben soll.
## Untragbares Krisenmanagement
Zudem haben Gewerkschaften und soziale Organisationen für Montag zur
Demonstration in Guayaquil aufgerufen. Zu ihren zentralen Forderungen
gehört auch der Rücktritt von Innenministerin María Paula Romo und
Verteidigungsminister Oswaldo Jarrín. Sie werden für die Gewalt von Seiten
der Polizei und der Militärs verantwortlich gemacht.
Für Mario Melo ist das durchaus nachvollziehbar. Er bescheinigt der
Regierung ein untragbares Krisenmanagement. „Lenín Moreno hat nie den
Dialog vor der Verhängung der Sparmaßnahmen gesucht, nie versucht die
Maßnahmen sozial abzufedern. Und er hat Führungsstärke vermissen lassen. Er
trägt viel Verantwortung dafür, was in Quito seit dem 1. Oktober passiert
ist.“
13 Oct 2019
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Ecuador
Protest
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