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# taz.de -- Kurdengebiet in Nordsyrien: Türkei startet Militäroffensive
> Der türkische Präsident Erdoğan schickt Truppen nach Nordsyrien. Syrische
> Nachrichten bestätigen einen Einmarsch im Grenzort Ras al-Ain.
Bild: Verbotene Zone – das steht auf dem Schild vor der syrisch-türkischen G…
Istanbul dpa | Die Türkei beginnt eine weitere Militäroffensive in
Nordsyrien. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bestätigte den
Beginn am Mittwochnachmittag per Twitter. „Unsere Streitkräfte haben
zusammen mit der syrischen nationalen Armee im Norden Syriens die Operation
Quelle des Friedens gegen die Terrororganisationen PKK/YPG und Daesh
begonnen“, schrieb er.
Ziel der Operation ist die kurdische YPG-Miliz, die auf syrischer Seite
[1][der Grenze ein großes Gebiet kontrolliert]. Die Türkei sieht in ihr
einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und begreift die
Angehörigen der Miliz als Terroristen. Erdoğan schrieb: „Unser Ziel ist,
den Terrorkorridor, den man an unserer südlichen Grenze aufbauen will, zu
zerstören und Frieden und Ruhe in die Region zu bringen.“
Die syrische Nachrichtenagentur Sana zitierte einen Korrespondenten mit den
Worten, dass die „türkische Aggression“ im Grenzort Ras al-Ain begonnen
habe. Ras al-Ain liegt gegenüber dem türkischen Ort Ceylanpınar in der
südosttürkischen Provinz Şanlıurfa. In Şanlıurfa befindet sich die
Kommandozentrale für die lange geplante Offensive.
Die syrischen Kurden hatten zuvor eine Generalmobilmachung ihrer Truppen
verkündet. Angesichts der zunehmenden Drohungen der Türkei und ihrer
syrischen „Söldner“ seien alle aufgerufen, sich an die Grenze zu begeben,
um in diesen „kritischen historischen Momenten“ Widerstand zu leisten, hieß
es in einer Erklärung am Mittwoch. Kurden weltweit wurden aufgefordert,
gegen die Offensive zu demonstrieren.
## Widerstreitende Signale aus den USA
Der Einmarsch folgte auf widerstreitende Signale aus den USA. Die hatten am
Montag im Morgengrauen zunächst [2][ihre Truppen aus der Grenzregion
abgezogen]. In einer überraschenden Erklärung aus dem Weißen Haus
signalisierten sie, dass sie sich einer Offensive nicht mehr in den Weg
stellen wollten.
Nach scharfen Protesten auch aus den eigenen Reihen in den USA vollzog
US-Präsident Donald Trump jedoch teilweise eine Kehrtwende und drohte der
Türkei, dass jede „ungezwungene oder unnötige“ Kampfhandlung für ihre
Wirtschaft und Währung „verheerend“ werde. Am Dienstag betonte er, die USA
hätten die Kurden nicht im Stich gelassen und unterstützten sie weiter
finanziell und mit Waffen.
Die von der YPG angeführten Syrisch-Demokratischen Kräfte (SDF) waren im
Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) lange ein enger
Verbündeter der USA. Ihre Truppen gingen in Syrien am Boden gegen die
Extremisten vor und konnten dabei wichtige Gebiete im Norden und Osten
Syriens einnehmen.
Die Türkei will die Kurdenmilizen aus der Grenzregion vertreiben und dort
in einer sogenannten „Sicherheitszone“ syrische Flüchtlinge ansiedeln, die
derzeit in der Türkei und Europa leben. Die Türkei hat seit Beginn des
Bürgerkriegs im Nachbarland Syrien rund 3,6 Millionen Flüchtlinge
aufgenommen. Mittlerweile kippt aber die anfangs von vielen gelebte
Willkommenskultur, unter anderem wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage
im Land.
Die Türkei warb in den vergangenen Wochen aggressiv für die Zone – und um
Gelder für den Aufbau der Infrastruktur –, unter anderem bei [3][einem
Besuch des deutschen Innenministers Horst Seehofer (CSU) in Ankara] am
Donnerstag und Freitag. Seehofer sagte zu deutschen Journalisten: „Ich habe
deutlich gesagt, dass es ja viele Regierungen gibt, unsere eingeschlossen,
die da ihre Probleme haben.“
## Kurden fühlen sich verraten
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte schon am Samstag vor
Parteimitgliedern in Ankara angekündigt, dass die Türkei kurz vor einem
Militäreinsatz stehe. Ein Sprecher der SDF hatte daraufhin heftigen
Widerstand angekündigt. „Wir werden nicht zögern, jeden Angriff von
türkischer Seite in einen umfassenden Krieg entlang der ganzen Grenze zu
verwandeln, um uns und unser Volk zu verteidigen“, schrieb Mustafa Bali auf
Twitter.
Von dem Abzug der USA aus der Grenzregion fühlte sich die SDF verraten.
„Die US-Kräfte vor Ort haben uns gezeigt, dass sie Freundschaft und Allianz
nicht wertschätzen“, schrieb SDF-Sprecher Bali auf Twitter. Er fügte hinzu:
„Wir erwarten nicht, dass die USA Nordostsyrien beschützen.“ Aber sie
schuldeten „den Menschen hier“ eine Erklärung zu ihrem Versagen, ihre
Verpflichtungen zu erfüllen.
Die Türkei war zuvor schon zweimal auf syrisches Gebiet vorgerückt, beide
Male aber westlich des Flusses Euphrat. Im Jahr 2016 hatte sie mit der
Offensive „Schutzschild Euphrat“ in der Umgebung des syrischen Orts
Dscharabulus den IS von der Grenze vertrieben, aber auch die YPG bekämpft.
Anfang 2018 hatten von der türkischen Armee unterstützte Rebellen in einer
Offensive gegen die YPG die kurdisch geprägte Grenzregion Afrin
eingenommen.
Bis heute kontrolliert die türkische Armee dort gemeinsam mit verbündeten
syrischen Rebellen ein Gebiet. Der Bundestag kam 2018 in einem
wissenschaftlichen Gutachten zu dem Ergebnis, die türkische Präsenz erfülle
alle Kriterien einer militärischen Besatzung.
Lesen Sie auch: Welche [4][Player im Konfliktgebiet an der
syrisch-türkischen Grenze] eine Rolle spielen.
9 Oct 2019
## LINKS
[1] /Folgen-von-US-Abzug/!5628604
[2] /Vor-tuerkischer-Offensive-in-Kurdenregion/!5631427
[3] /EU-Fluechtlingspakt/!5631253
[4] /Folgen-von-US-Abzug/!5628604
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