# taz.de -- Rugby-WM in Yokohama: Nach dem Taifun siegt Japan | |
> Viele Spiele fielen aus, doch das Duell des Gastgebers gegen Schottland | |
> fand trotz des Taifuns statt. Japan steht erstmals im Viertelfinale. | |
Bild: Japans Spiel: schnell, überlegen, aufopferungsvoll | |
YOKOHAMA taz | Am Sonntagmittag vor dem International Stadion in Yokohama | |
war nicht so recht zu sehen, welche Folgen der Taifun „Hagabis“ angerichtet | |
hatte. Im ganzen Land sollen [1][mindestens 23 Menschen umgekommen sein], | |
doch hier begrüßte der Sonntagmorgen die Bewohner mit blauem Himmel und | |
Sonnenschein. | |
Das bedeutete vor allem eins: Erleichterung für die Organisatoren der | |
Rugby-WM. Denn der Sturm hatte die WM in den vergangenen Tagen massiv | |
mitgenommen. Hätte das letzte aller Gruppenspiele zwischen Japan und | |
Schottland tatsächlich abgesagt werden müssen, der Welt-Rugby-Verband hätte | |
noch mehr Probleme bekommen. Bereits vor Tagen waren Spiele abgesagt | |
worden. Italien [2][flog so aus dem Turnier, ohne sich dagegen wehren zu | |
können]. Das Bild von Leonardo Ghiraldini, der auf dem Trainingsgelände in | |
Tränen ausbrach, weil er das 105. und letzte Länderspiel nicht mehr erleben | |
würde, wird wohl zu einem der herzzerreißendsten Bilder dieser WM | |
avancieren. | |
Die Schotten hingegen hatten dem Weltverband nur wenige Stunden vor Ankunft | |
von „Hagibis“ mit einer Millionenklage gedroht, sollten auch sie kampflos | |
ausscheiden. Große Freude also, als der Himmel blau war und der Taifun | |
ausblieb. | |
Das Drama mit dem langen Vorspiel konnte also beginnen. Und während sich | |
70.000 Fans auf den Weg zum Stadion machten, wurden noch einmal alle | |
Möglichkeiten durchgerechnet: Japan hatte bisher alle Begegnungen seiner | |
Gruppe gewonnen und vier Punkte Vorsprung auf die Schotten. Für einen Sieg | |
gibt es bei dieser WM ebendiese vier Punkte. Verliert ein Team allerdings | |
mit nicht mehr als sieben Punkten Rückstand, erhält es ebenso einen | |
Bonuspunkt wie der Gewinner, wenn er mindestens vier Versuche erzielt. Es | |
war also klar, dass Schottland den Gastgeber klar besiegen musste. | |
## Die Japaner bieten das bisher unterhaltsamste Rugby | |
Und bereits nach sechs Minuten lag der Ball zum ersten Mal im Malfeld der | |
Japaner. Doch schnell war klar, warum die „Brave Blossoms“ hier bei diesem | |
Turnier das wohl bisher unterhaltsamste Rugby boten. Ihr Passspiel ist so | |
schnell, als würden es für sie eine Schande halten, wenn der Ball für paar | |
Sekunden nicht im Spiel ist. Die Gegner bekamen so auch in den | |
vorhergehenden Spielen kaum Luft zum Atmen. | |
Mit 79 Prozent Ballbesitz dominierten die Japaner die erste Halbzeit und | |
erzielten mit Versuchen in der 18., 26. und 40. Minute eine komfortable | |
Halbzeitführung von 21:7. Vor allem der 26-jährige Kotaro Matsushima | |
stürmte immer wieder durch die Reihen der Schotten, erzielte seinen | |
insgesamt fünften Versuch bei diesem Turnier und ist auf dem besten Wege, | |
der Posterboy des Turniers zu werden. | |
Eigentlich schien es undenkbar, dass es die Kontrahenten von der Insel | |
nochmal zurückschaffen könnten in diese so wichtige Partie. Aber schon vor | |
vier Jahren im Viertelfinale gegen Australien hatten die Schotten gezeigt, | |
dass sie eine eigentlich verlorene Partie noch mal umdrehen können. Und so | |
dauerte es in dieser rassigen Partie in der zweiten Hälfte keine | |
Viertelstunde und es stand auf einmal nur noch 28:21. Es blieben noch 25 | |
Minuten, um 15 Punkte zu erzielen. Im Rugby ist das keine Unmöglichkeit und | |
so hing der erste Viertelfinaleinzug von Japan in der Geschichte der | |
Rugby-WM trotz zwischenzeitlich komfortablen Vorsprung auf einmal wieder am | |
seidenen Faden. | |
## Erstes Viertelfinale der Geschichte | |
Es war klar, was nun kommen würde. Das spektakuläre „Running Rugby“ der | |
ersten Stunde wurde nun zu einem erbitterten Fight um jeden Zentimeter des | |
vom Regen aufgeweichten Rasens von Yokohama. Am Ende brachten es 15 | |
aufopferungsvoll kämpfende Japaner über die Ziellinie. Das Endergebnis | |
lautete 28:21. | |
Die Schotten treten nun ihre Heimreise an, während es für Japan zum ersten | |
Mal in der Geschichte ihrer Rugby-Nationalmannschaft in die Viertelfinals | |
geht. Und dort wartet kein Geringerer als das Team von Südafrika. Wenn es | |
gut läuft, bringt nicht nur der Taifun die Rangordnung im Weltrugby | |
durcheinander. | |
13 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Taifun-in-Japan/!5632883&s=taifun/ | |
[2] https://www.sportschau.de/weitere/rugby/rugby-wm-absagen-100.html | |
## AUTOREN | |
Christian Henkel | |
## TAGS | |
Rugby | |
Weltmeisterschaft | |
Taifun | |
Rugby | |
Schwerpunkt Sport trotz Corona | |
Rugby | |
Rugby | |
Schwerpunkt Sport trotz Corona | |
Japan | |
Rugby | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rugby-WM in Japan: Duell der Narrative | |
England gilt vor dem Finale des Turniers als Avantgarde des Spiels. | |
Südafrika setzt dagegen auf Emotionen in einem wirklich multikulturellen | |
Team. | |
Halbfinale der Rugby-WM: Englands Hoffnung heißt Eddie | |
Bei der Rugby-Wm trifft Außenseiter England auf Neuseeland. Chancenlos ist | |
das britische Team aber nicht. Es hat schließlich Eddie Jones als Trainer. | |
Rugby-Weltmeisterschaft in Japan: Zeit für grüne Flaschen | |
Titelverteidiger Neuseeland überrollt Irland im Viertelfinale der Rugby-WM. | |
Das Duell auf den Rängen haben allerdings die irischen Fans gewonnen. | |
Rugby-WM in Japan: Run in die Herzen der Landsleute | |
Japan ist alles andere als ein Einwanderungsland. Auch dank der Erfolge des | |
bunten Rugby-Teams bei der Heim-WM öffnet sich die Gesellschaft. | |
Warum wegschauen im Sport nicht hilft: Schöner wird’s nicht | |
Klimawandel beim Rugby, Gewalt in Ecuador, Ausschluss von Migranten: Im | |
Sport gibt es alles, was diese Gesellschaft ausmacht. Nicht nur das Gute. | |
Taifun in Japan: Zahl der Opfer steigt | |
Die Opferzahl in Folge des Wirbelsturms in Japan erhöht sich auf 23. | |
„Hagibis“ verletzte zudem mehr als 160 Menschen und verursachte schwere | |
Überschwemmungen. | |
Rugby-WM in Japan: Skeptiker anwerben | |
Die WM in Japan ist eine PR-Aktion des Rugby-Weltverbandes. Kann sich der | |
Sport auf dem asiatischen Markt behaupten? |