Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rugby-Weltmeisterschaft in Japan: Zeit für grüne Flaschen
> Titelverteidiger Neuseeland überrollt Irland im Viertelfinale der
> Rugby-WM. Das Duell auf den Rängen haben allerdings die irischen Fans
> gewonnen.
Bild: Keine Chance für Grün: Neuseelands TJ Perenara bleibt standhaft inmitte…
Tokio taz | Nur wenige Augenblicke, nachdem das Viertelfinale der Rugby-WM
zwischen Irland und dem Titelverteidiger aus Neuseeland abgepfiffen war,
hatte die große irische Brauerei, die für ihr nachtfarbiges Gesöff bekannt
ist, schon ihren ersten Ratschlag für die Landsleute parat: „Trinkt jetzt
ein schönes Carlsberg aus einer grünen Flasche“, war via Twitter zu lesen.
„Mit der Farbe Schwarz sind wir für heute offiziell durch.“ Vorausgegangen
war eine Vorstellung, die von den Journalisten nur mit einem Begriff
zusammengefasst worden war: „Demolition Day“. Und dann noch mit dem
Fortsatz: „Again“.
Das verstand nur, wer wusste, dass es Irland in acht aufeinander folgenden
Weltmeisterschaften immer ins Viertelfinale geschafft hatte – aber eben nie
weiter. Uns auch im neunten Versuch blieben die Iren gegen die
übermächtigen All Blacks ohne Chance. Bei ihrem 46:14-Erfolg zeigten sich
die Neuseeländer ebenso hervorragend wie die Iren unfähig. Und das war umso
erstaunlicher, als die Boys von der Grünen Insel das Spiel zum wichtigsten
in der Geschichte des irischen Rugby aufgerufen hatten und mit einer
einmalig guten Ausgangslage in dieses Match gegangen waren.
Das irische Rugby-Team war 111 lange Jahre ohne Sieg gegen Neuseeland
geblieben. 2016 und 2018 gelangen der Mannschaft, die sowohl die Republik
Irland als auch Nordirland repräsentiert, dann gleich zwei unerwartete
Triumphe in kurzer Zeit. In Anspielung auf die Comic-Figur Superman war der
Stil der Iren als schwach machendes grünes Kryptonit für die Super-All
Blacks bezeichnet worden, und Stuart Barnes, ehemaliger englischer
Rugby-Spieler und nun Kolumnist und TV-Kommentator, schlug stellvertretend
für alle Schöngeister schon mal die Hände über dem Kopf zusammen.
Er schrieb: „Es ein riesiges grünes Monster, das in der Lage ist, jegliche
Luft aus einem Rugby-Spiel zu saugen. Sie hämmern sich auf dem Feld Meter
für Meter nach vorn und überlassen die schnelle Beinarbeit den anderen.“ Es
wäre kein Wunder, so Barnes, dass die Iren die All Blacks in ihrer jüngeren
Geschichte zweimal besiegt hätten. „Denn sie spielen ein Rugby, das dem
ästhetischen Ehrgeiz der Neuseeländer völlig fremd ist.“
## Spektakel in Schwarz
Was die knapp 50.000 Zuschauer im ausverkauften Tokioter Ajinomoto-Stadion
dann allerdings zu sehen bekamen, war nichts mehr als ein Spektakel in
Schwarz, bei dem den Iren lediglich die Gestaltung des Rahmenprogramms
zugestanden wurde. Die neue Hymne der gesamtirischen Mannschaft, „Irelands
Call“, wird bei irischen Rugby-Spielen zwar lange nicht so gern gesungen
wie das unverwüstliche „Molly Malone“, trotzdem animierte sie die zahllosen
irischen Fans zu einem imposanten Chor, der sogar den neuseeländische Haka
verblassen ließ. Danach gab es für die Iren nicht mehr viel zu klatschen.
Erst nach dem Schlusspfiff, als Irlands langjähriger Kapitän Rory Best sich
mit dem Mikro in der Hand und mit tränenerdrückter Stimme von der
internationalen Bühne verabschiedet hatte, war die grüne Meute wieder in
voller Lautstärke zu hören. Good-bye sagte gleichzeitig auch Trainer Joe
Schmidt. Der 54-Jährige hatte Irland 2015 in desolatem Zustand übernommen
und danach zu drei Six Nations Titeln geführt. Die Mission Impossible,
Irland in ein WM-Halbfinale zu führen, ist ihm allerdings auch nicht
gelungen.
## Beeindruckende Serie an Fehlpässen
Zu gnadenlos war der Sturmlauf der All Blacks, und Rory Best brachte es auf
den Punkt, als er erklärte, dass schon die ersten beiden Versuche der
Neuseeländer durch Aaron Smith in der 14. und 20. Minute die Entscheidung
gebracht hätten. „Wir dachten eigentlich, dass wir gut vorbereitet wären
und einen guten Game-Plan hätten“, so Irlands Rekordnationalspieler. „Aber
nach den ersten beiden Versuchen war davon rein gar nichts mehr übrig.“
Spiele gegen die All Blacks gewinnt man, so heißt es, wenn man in Führung
geht. Doch davon waren die Iren das ganze Spiel meilenweit entfernt.
Eine beeindruckende Serie an Fehlpässen, verpassten Tacklings und
verlorenen Sprints ermöglichte es den Königen des Running Rugby immer
wieder, ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten zu zeigen. Nach einem
verwandelten Penalty in der sechsten Minute und drei weiteren Versuchen in
der 32., 48. und 61. Minute war auch dem letzten Hoffenden im Stadion klar,
dass es hier heute nur noch um Schadensbegrenzung und maximal einen
Ehrentreffer ging. Zwei Versuche in der 69. Minute und 76. Minute machten
das Ergebnis für die Iren am Ende noch erträglich. Und in den Tokioter
Irish-Pubs konnte das Kampftrinken beginnen.
Für die All Blacks geht es nun am kommenden Samstag in Yokohama gegen
England (40:16 gegen Australien). Die Viertelfinals haben gezeigt, dass
sich beide Mannschaften in Top-Form befinden. Sie dürften sich in dem Duell
auf Augenhöhe begegnen.
20 Oct 2019
## AUTOREN
Christian Henkel
## TAGS
Rugby
Weltmeisterschaft
Irland
Neuseeland
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Rugby
Rugby
Rugby
## ARTIKEL ZUM THEMA
Halbfinale der Rugby-WM: Englands Hoffnung heißt Eddie
Bei der Rugby-Wm trifft Außenseiter England auf Neuseeland. Chancenlos ist
das britische Team aber nicht. Es hat schließlich Eddie Jones als Trainer.
Rugby-WM in Japan: Run in die Herzen der Landsleute
Japan ist alles andere als ein Einwanderungsland. Auch dank der Erfolge des
bunten Rugby-Teams bei der Heim-WM öffnet sich die Gesellschaft.
Rugby-WM in Yokohama: Nach dem Taifun siegt Japan
Viele Spiele fielen aus, doch das Duell des Gastgebers gegen Schottland
fand trotz des Taifuns statt. Japan steht erstmals im Viertelfinale.
Rugby-WM in Japan: Skeptiker anwerben
Die WM in Japan ist eine PR-Aktion des Rugby-Weltverbandes. Kann sich der
Sport auf dem asiatischen Markt behaupten?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.