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# taz.de -- Tunesien nach den Wahlen: Ein fragiler sozialer Frieden
> Die moderaten Islamisten der Ennahda-Partei sind als stärkste Kraft aus
> den Wahlen hervorgegangen. Das Problem: Das Land ist tief gespalten.
Bild: UnterstützerInnen des Präsidentschaftskandidaten Karoui feiern am Mittw…
Aus der [1][Parlamentswahl vom vergangenen Sonntag] sind die moderaten
Islamisten der Ennahda-Partei trotz großer Verluste wie erwartet als
stärkste Kraft hervorgegangen. Doch Tunesiens einzige straff organisierte
politische Partei wird sich mit 52 von 217 Sitzen wohl mehr als ein Dutzend
Bündnispartner suchen müssen. Mit der zweitplatzierten, brandneuen Partei
Herz Tunesiens (Qalb Tunes) des gerade aus dem Gefängnis entlassenen
Medienmoguls Nabil Karoui hätte Tunesien eine stabile Mehrheitsregierung,
um die verschleppten Wirtschaftsreformen anzugehen.
Doch im Vorzeigeland des Arabischen Frühlings ist die gesellschaftliche
Bruchlinie zwischen säkularen und religiösen Kräften oft stärker als
gesunde politische Konkurrenz. Bürgertum und Zivilgesellschaft lehnen die
religiösen Wertvorstellungen Ennahdas ab. Das große und nötige Projekt
eines neuen Gesellschaftsvertrags liegt erst einmal auf Eis.
Zwar hat Ennahdas Parteichef Ghannouchi offiziell den Abschied vom
politischen Islam durchgedrückt, wird nun aber mit zahlreichen unabhängigen
Abgeordneten und den radikalen Salafisten der Karama-Partei koalieren
müssen. Eine erneute gesellschaftliche Spaltung ist angesichts der Lage in
Algerien und Libyen brandgefährlich.
Die Wähler haben der politische Klasse klar einen Denkzettel verpasst.
Demokratie kann man nicht essen: Der Mindestlohn liegt in Tunesien bei 150
Euro im Monat, vielen mangelt es an Nahrung. Die finanzielle
Isolationspolitik, die in jede Lebenslage eingesickerte Korruption und die
[2][extreme soziale Ungerechtigkeit sind schlimmer als zuvor]. Ohne die für
den Schmuggel offenen Grenzen nach Algerien und Libyen hätte es wohl längst
einen zweiten Aufstand gegeben.
Das politische Erdbeben in gut organisierten Wahlen zu kanalisieren, ist
eine Chance. Zwei politische Außenseiter stehen am Sonntag zur Stichwahl
der Präsidentschaft. Jetzt können Ennahda und Qalb Tunes beweisen, dass
auch sie im Namen des sozialen Friedens ideologische Grenzen hinter sich
lassen können – wie die Wähler.
10 Oct 2019
## LINKS
[1] /Parlamentswahl-in-Tunesien/!5632511
[2] /Praesidentschaftswahl-in-Tunesien/!5625969
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Islamismus
Präsidentschaftswahl
Ennahda
Wahlen in Tunesien
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Tunesien
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Reiseland Tunesien
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