# taz.de -- Debatte um Abschuss von Wildschweinen: Jäger gegen Gemetzel | |
> Um die Verbreitung der Schweinepest in Deutschland zu verhindern, werden | |
> in Niedersachsen Saufänge getestet – Jäger*innen halten das für | |
> Tierquälerei. | |
Bild: Ein Schuss und tot: Wildschwein | |
BREMEN taz | In Niedersachsen kritisieren ausgerechnet Jäger*innen das | |
Töten von Tieren – oder genauer: die Art und Weise. Denn das | |
niedersächsische Landwirtschaftsministerium testet für die Massentötung von | |
Wildschweinen in einem Pilotprojekt spezielle Fallen. Die Kreisjägerschaft | |
Lüneburg stellt sich öffentlich gegen diese Methode, wie der NDR | |
berichtete. | |
In den Landkreisen Lüneburg, Rotenburg (Wümme)und Heidekreis ließ das | |
Ministerium die sogenannten Saufänge aufstellen. Das sind etwa 20 | |
Quadratmeter große Fanggehege, in denen ganze Schweinerotten eingeschlossen | |
und getötet werden können. Das Ministerium hält das für effektiver als | |
Einzelabschüsse. | |
Wegen der in anderen europäischen Ländern grassierenden afrikanischen | |
Schweinepest versucht das Land Niedersachsen den Wildschweinbestand zu | |
reduzieren. Verbreitet sich die Krankheit auch hier, sorgen sich vor allem | |
Landwirte, die Nutzschweine halten, um die wirtschaftlichen Folgen. | |
Menschen können nicht erkranken. | |
Auch Christian Voigt, der erste Vorsitzende der Kreisjägerschaft Lüneburg | |
hält den verstärkten Abschuss von Wildschweinen für wichtig, um das | |
Verbreitungsrisiko der Tierkrankheit zu minimieren. Doch die Saufänge seien | |
„eine sehr bedenkliche Methode“. | |
## Schweine sind in Panik | |
Anders als bei herkömmlichen Jagdmethoden würden die [1][Wildschweine in | |
den Saufängen in Panik versetzt]. „Sobald ein Schuss losgeht, geraten die | |
Tiere in riesigen Stress und versuchen zu fliehen.“ Die herumirrenden | |
Schweine seien für den Jäger schwieriger zu treffen, es könne zu | |
schmerzhaften Fehlschüssen kommen. „Wir Jäger sind bemüht, die Tiere kurz | |
und schmerzlos zu erlegen“, sagt Voigt. Die Saufänge seien nicht nur für | |
die Schweine, sondern auch für den durchführenden Schützen, der von einem | |
Hochsitz aus auf die Schweine ziele, eine „besondere Belastung“. | |
Der Wildschweinbestand könne auch mit bekannten Jagdmethoden reduziert | |
werden, sagt Voigt. Eine davon sei die großflächige Gesellschaftsjagd mit | |
Stöberhunden, die die Schweine aus ihren Verstecken in die Richtung der | |
schussbereiten Jäger*innen trieben. | |
Da die Stöberhunde nicht so schnell auf den Beinen seien, fühlten sich die | |
vertriebenen Schweine nicht gehetzt und bewegten sich langsam voran. „Ein | |
probates Mittel, um mehrere Schweine zur Strecke zu bringen“, findet Voigt. | |
Aufgrund neuer Jagdgesetze seien Saufänge „ohnehin überflüssig“. Das | |
Bundesland Niedersachsen hat vor einem Jahr die Schonzeit für Schwarzwild | |
aufgehoben. Wildschweine können seither ganzjährig gejagt werden. | |
Auch der Tierschutzverband Niedersachsen lehnt die Fallen ab: „Die Jagd in | |
Saufängen endet meist in einem Gemetzel“, sagt der Vorsitzende Dieter | |
Ruhnke. Bei Fluchtversuchen verletzten die Schweine einander. Um sie | |
gezielter treffen zu können, benötigen Jäger*innen ein „umfangreiches | |
Schießtraining“, das sie bisher nicht erhielten, kritisiert Ruhnke, der die | |
verstärkte Jagd aus Angst vor der afrikanischen Schweinepest ohnehin für | |
unsinnig hält. | |
## Tierseuche in der EU | |
Es sei in erster Linie der Mensch, der den Virus verbreite. Die Schweine | |
infizieren sich vor allem durch kontaminiertes Futter oder durch Kontakt zu | |
kontaminierter Kleidung und Gegenständen. Überprüfungen der Hygiene in | |
Schweinehaltungen, bei Transportwegen und der Lagerung von Futter, seien | |
daher wichtige Vorkehrungen. Zudem müsse an einem Impfstoff gearbeitet | |
werden, statt „sinnlose Änderungen am Jagdrecht vorzunehmen“, sagt Ruhnke. | |
Im Jahr 2007 gelangte das Virus aus Afrika über den Schwarzmeerhafen von | |
Poti nach Georgien. Anfang 2014 erreichte die Tierseuche das EU-Gebiet. Das | |
Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit verzeichnete dieses Jahr über | |
6.000 infizierte Schweine allein in Europa, größtenteils in Rumänien und | |
Polen. | |
Das Landwirtschaftsministerium in Niedersachsen verteidigt die Maßnahmen. | |
Eine Sprecherin weist darauf hin, dass sich die Methode in anderen | |
Bundesländern und Nachbarländern bereits als effektiv erwiesen habe. Die | |
Tötung der Schweine in der Falle bezeichnet sie als „tierschutzkonform“. | |
26 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Wildschweinjagd-in-Niedersachsen/!5533383/ | |
## AUTOREN | |
Florian Fabozzi | |
## TAGS | |
Wildschweine | |
Jagd | |
Tierschutz | |
Niedersachsen | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Wildtiere | |
Jagd | |
Wildschweine | |
Wildschweine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wildschweinjagd in Brandenburg: Hegen, pflegen, abknallen | |
Mit längeren Jagdzeiten kämpft Brandenburg gegen die Afrikanische | |
Schweinepest. Es geht auch um die wachsende Zahl der Wildschweine im Land. | |
Wildunfälle an Grenzzaun: Tödliches Hindernis | |
Der als Wildschweinbarriere gedachte Metallzaun an der deutsch-dänischen | |
Grenze entpuppt sich als tödliche Falle für Rehe und Rotwild. | |
Jagen ist das neue Yoga: Dem Essen ins Auge sehen | |
Biobauer Christian Heymann jagt, was auf den Tisch kommt. Viele Menschen | |
zieht es zur Jagd. Unser Autor war mit auf Wildschwein-Pirsch. | |
Wildschweinjagd in Niedersachsen: In die Falle gegangen | |
In Niedersachsen sollen Wildschweine mit Fallen gejagt werden, um die | |
Afrikanische Schweinepest fern zu halten. Tierschützer kritisieren das. | |
Auf der Jagd nach Borstentieren: Wildschweine sind zum Schießen | |
Unter Landwirten geht die Furcht vor der Afrikanischen Schweinepest um. | |
Abschießen, so lautet die Forderung. Das ist leichter gesagt als getan. |