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# taz.de -- Gemeindereferentin über Kirchenarbeit: „Frauen sollen mehr mitmi…
> Wegen Personalmangel dürfen Frauen in der katholischen Kirche nun
> Leitungsaufgaben übernehmen. Christine Hölscher ist eine von ihnen.
Bild: Christine Hölscher übernimmt die Leitung einer Pfarrei
taz: Ab Dezember sind Sie eine von vier Frauen, die eine katholische
Pfarrei leiten darf. Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit als
Pfarrbeauftragte von der des Priesters?
Christine Hölscher: Als Pfarrbeauftragte gehöre ich nicht zum Klerus. Ich
bin aber Gemeindeleiterin und für pastorale, personelle, und finanzielle
Fragen verantwortlich. Ich bin keine Priesterin, ich bin nicht geweiht und
kann zzum Beispiel keine Sakramente spenden. Das ist nach wie vor einem
Priester vorbehalten. Ich bin Vorsitzende der Kirchenvorstände, unterstütze
die Ehrenamtlichen, bin Repräsentantin der Pfarreien und zusammen mit einem
moderierenden Priester gegenüber dem Bischof verantwortlich. Für Frauen
sind die Zugänge zum Weiheamt jedoch nach wie vor versperrt.
Warum dürfen Frauen nicht geweiht werden?
Das wird unterschiedlich begründet, je nachdem, bei wem man nachfragt. Die
einen stützen sich auf die Tradition und sagen: „Das hat es noch nie
gegeben.“ Andere argumentieren, dass Jesus auch nur Männer und keine Frauen
in seinen Kreis gerufen hat. Das ist natürlich eine sehr verengte Sicht,
denn dann hätte Jesus auch nur jüdische Männer in seinem Kreis gehabt …
Entgegen dem Traditionsargument würde ich sagen: Die Tradition kann
geändert werden.
Wie denken Sie über die Stellung der Frau in der katholischen Kirche?
Ich bin katholisch sozialisiert und schon seit vielen Jahren als
Gemeindereferentin tätig. Ich habe schnell gelernt, dass ich für
Tätigkeiten wie das Priesteramt erst gar nicht anfragen brauche. Da heißt
es ganz klar: Das gibt es bei uns nicht. Ich bin also nicht in den Beruf
gegangen mit dem Ziel, irgendwann Pfarrerin zu werden. Mittlerweile gibt es
jedoch viele Kreise innerhalb der Kirche, wo das offen diskutiert wird und
immer mehr Frauen und Männer sagen, dass sich da was ändern muss. Die
Möglichkeiten, die wir jetzt als Pfarrbeauftragte haben, sind ein kleiner
Spielraum, der vor allem auf einem Notparagrafen im Kirchenrecht beruht. Da
heißt es, wenn es nicht genügend Priester gibt, dann darf eine Frau – in
enger Zusammenarbeit mit dem Priester – diese Tätigkeit übernehmen. Ich
habe mich dieser Funktion gestellt, weil ich denke, dass ich aufgrund
meiner Erfahrungen und Kompetenzen vieles für diese Aufgabe mitbringe. Aber
die nächste Stufe Priesterin sehe ich in absehbarer Zeit nicht.
Was bedeutet dieser neue „kleine Spielraum“ für Frauen in der katholischen
Kirche?
Frauen werden in bestimmten Hierarchien der Kirche nun stärker
repräsentiert sein. Es wird selbstverständlicher sein, dass Frauen und
Männer zusammenarbeiten und ihre Ideen und Perspektiven einbringen. Das ist
zumindest die Bereicherung, die ich mir davon für meine Kirche erhoffe.
Frauen sollen mehr und stärker auf hierarchischen Ebenen mitmischen können,
wo das bislang nicht möglich war.
Eine neue Welle des Feminismus also?
Das kommt natürlich darauf an, was ich unter Feminismus verstehe. Ich
erlebe im Moment, dass kirchlich gut sozialisierte und engagierte Frauen
und Männer in den Gemeinden sagen, dass sich da was ändern muss. Diese
Forderung kommt nicht mehr nur von irgendwelchen linken Feministinnen,
sondern von denen, die noch dabei sind und ihre Kirche lieben. Das hat auch
etwas mit dem Vertrauens- und Bedeutungsverlust zu tun, den unsere Kirche
erlebt hat. Aber wir Frauen könnten noch viel lauter sein, noch viel mehr
Druck machen. Vor allem die hauptamtlichen Frauen. Aber es gibt eben viele
andere Themen, die uns auch beschäftigen. Die Stellung der Frauen ist nur
eine Frage von vielen …
Lassen Sie die patriarchalen Strukturen manchmal an Ihrem Glauben zweifeln?
Mein Glaube ist nicht institutionell, sondern biblisch geprägt. Und die
biblischen Motive geben ein anderes Narrativ her. Natürlich gibt es auch
hier widersprüchliche Aussagen in Bezug auf die Rolle von Männern und
Frauen. E steht aber auf jeden Fall geschrieben, dass Frauen und Männer
Ebenbilder Gottes sind – der eine nicht mehr oder weniger ist als der
andere. Im Neuen Testament hat Jesus sich auch mit Frauen getroffen, ist
ihnen begegnet, war offen für Gespräche und hat sich von Frauen
unterstützen lassen.
11 Sep 2019
## AUTOREN
Lisa Winter
## TAGS
Katholische Kirche
Feminismus
Pfarrbeauftragte
Gleichberechtigung
Glaube
Feminismus
Katholische Kirche
Gender Studies
Lesestück Recherche und Reportage
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