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# taz.de -- Widerstand gegen AfD-Veranstaltung: Ein Dorf in Aufruhr
> Die AfD-Frontfrau Beatrix von Storch kommt am Freitag zum „Bürgerdialog“
> in das niedersächsische Schwagstorf gereist. Willkommen ist sie nicht.
Bild: Wird ihren Personenschutz sicher auch in Schwagstorf dabeihaben: Beatrix …
Osnabrück taz | Noch ist die Welt in Ordnung im niedersächsischen
Schwagstorf. Als Teil der Gemeinde Ostercappeln liegt der Ort idyllisch
zwischen Moor und Wald, die Stadt Osnabrück ist nicht weit. Mit der
Beschaulichkeit ist es für die rund 2.000 Einwohner bald vorbei, zumindest
für einen Abend: Am Freitag hat sich die AfD in die kommunale Halle namens
„Veranstaltungszentrum“ eingemietet, für einen „Bürgerdialog“.
„Das ließ sich nicht verhindern“, sagt Rainer Ellermann (CDU),
Bürgermeister der Gemeinde Ostercappeln. „Die AfD hat uns die Wahl
gelassen, an welchem Tag sie kommen kann, mit einigen Monaten Vorlauf.“
Eine Situation, mit der bereits viele Kommunen umgehen mussten. „Mir wäre
es am liebsten, die Veranstaltung würde bei uns nicht stattfinden“, sagt
Ellermann. Aber: „SPD und CDU haben hier ja ebenfalls schon Veranstaltungen
durchgeführt. Und die AfD ist eine demokratisch gewählte Partei.“ Da ist
die aktuelle Rechtsprechung eindeutig, auch die AfD muss kommunale oder
städtische Räume mieten dürfen. „Eine Kommune darf da nicht tricksen. Wenn
frei ist, ist frei“, sagt Ellermann.
220 Plätze fasst der Teil der Halle, den die AfD über ihren Kreisverband
Osnabrück in Schwagstorf gemietet hat. Auch Beatrix von Storch wird hier am
Freitag sprechen, die Vizechefin der AfD-Bundestagsfraktion. Storch dürfte
an die Region allerdings keine guten Erinnerungen haben nach ihrem
kläglichen Wahlkampfauftritt auf dem Osnabrücker Marktplatz im April 2017,
vor gerade einmal rund drei Dutzend AnhängerInnen, umringt von Tausenden
GegendemonstrantInnen.
„Ostercappeln ist weltoffen“, sagt Ellermann. „Seit Jahrzehnten haben wir
bei uns Migranten aufgenommen – und das gern.“ Die Menschen hier seien
„keine Freunde der Gedanken der AfD“, aber die Vermietung der Halle sei
eben „ein ganz normales Geschäft, sofern etwas normal sein kann an einem
Geschäft mit der AfD“. Und nun gelte es, „Unruhe zu vermeiden“.
Für Unruhe sorgt Ellermann allerdings selbst. Erst vor wenigen Tagen hat er
die Schwagstorfer über den „Bürgerdialog“ informiert. Den Gegnern der
AfD-Veranstaltung bleibt daher kaum Zeit, Proteste auf die Beine zu
stellen. Für noch mehr Unmut sorgt, dass Ellermann selbst eine
Veranstaltung gegen die AfD angemeldet hat. Auf dem Kirchplatz von St.
Marien, unweit der Halle, und zwar im Namen des Gemeinderats und der
Ortsräte – mit sich selbst als Hauptredner.
Eine große Sache wird das „eher nicht“, sagt der Bürgermeister und rechnet
mit vielleicht rund 300 TeilnehmerInnen. Eine öffentliche Diskussion zu
dieser offiziellen Gegenveranstaltung habe es nicht gegeben, so die Kritik.
Viele stört auch, dass das Ganze zu Ende sein wird, noch bevor die AfD den
Ort wieder verlassen hat.
Ellermann warnt in der Einladung zur Demo unter Bürgermeister-Briefkopf vor
„Störaktionen“ etwa von Gewerkschaften oder Verbänden. „Die AfD ist hie…
nicht der Störer“, sagt Ellermann auf Nachfrage der taz. „Die haben an
Stress kein Interesse. Aber man muss fürchten, dass von der Gegenseite
Chaoten kommen. Leute, die nur Krawall wollen.“
Die Schwagstorfer organisieren nun aber auch ihren ganz eigenen Protest. Am
Kreisverkehr, direkt an der Einmündung zur Marienkirche und zur
Veranstaltungshalle, hängt ein Banner: „Wir reden Klar.Text. Wir sind
bunt!“, steht da drauf. Es kommt von der Kirchengemeinde. Und am
Dienstagabend haben sich Gegner der AfD-Veranstaltung auf der Diele eines
Hofs kurz vor Schwagstorf getroffen.
Bauern aus dem Ort und aus den Nachbargemeinden sitzen ebenso am Tisch wie
Gruppen aus Osnabrück, die um Unterstützung gebeten worden sind. Sie
stellen ihre Expertise, ihre Kontakte und ihr Equipment bereit. Mitglieder
der Jusos, der grünen Jugend, der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend
bis zur Linksjugend solid sind da. Auch DGB-Vertreter sind dabei und
solidarisieren sich.
## Bettlaken-Banner im Einsatz
Sonja Hellbaum ist Landwirtin in Schwagstorf, sie ist auch zur
Mobilisierungsveranstaltung auf den Hof gekommen. „Wenn sich
Menschenverachtung zeigt, überschreitet das für mich eine Grenze“, sagt
sie. Sie wird ein Bettlaken-Banner zum Einsatz bringen: „Alle Menschen sind
Ausländer, irgendwo! Alle Rassisten sind Arschlöcher, überall!“ Das soll da
draufstehen.
Henning Aumund, ebenfalls Landwirt, sagt: „Ist doch Bürgerpflicht, dagegen
aufzustehen. Wir sind ein nettes Dorf. Und wir wollen uns nicht nachsagen
lassen: Die AfD war da, und ihr habt nichts getan.“ Aumund sorgt sich auch
um den Ruf der Veranstaltungshalle: „Die ist ja ein Gemeinschaftswerk von
uns. Und jetzt findet da so eine Scheiße statt.“
Für die AfD ist die Region Osnabrück ohnehin seit jeher ein eher hartes
Pflaster. Ihr Kreisverband ist schwach und zerstritten, bei der
Bundestagswahl hat die AfD in der Stadt Osnabrück nur 6,3 und im Landkreis
7,3 Prozent der Zweitstimmen erhalten. Und gegen ihre öffentlichen
Auftritte in der Region formiert sich jedes Mal massiver Widerstand. Jetzt
reiht sich auch das kleine Schwagstorf in den Widerstand ein.
12 Sep 2019
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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