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# taz.de -- Landgrabbing in Deutschland: Den Ausverkauf stoppen
> Immer mehr Investoren erwerben Agrarbetriebe vor allem im Osten
> Deutschlands. Die Länder müssen endlich mit neuen Gesetzen einschreiten.
Bild: Zunehmend im Visier: landwirtschaftliche Flächen, hier ein Kartoffelacker
Der Einstieg schwerreicher Erben der Discounterdynastie Aldi in einen
Agrarbetrieb ist ein Weckruf. Er zeigt exemplarisch, dass immer mehr
[1][landwirtschaftliche Unternehmen bei großen Investoren] landen, die
fernab der Höfe wohnen. Das betrifft vor allem Ostdeutschland mit seinen
traditionell sehr großen Betrieben. Denn ein Konzern wie der weltgrößte
Rückversicherer Munich Re, der Möbelhaus-Clan Steinhoff oder die
Pharmaerben Merckle (Ratiopharm) wollen nicht ein paar Hunderttausend Euro
anlegen, sondern Millionen.
Für diese Reichen sind Agrarbetriebe vor allem [2][wegen der
Landwirtschaftssubventionen] attraktiv. Die Europäische Union vergibt diese
EU-weit rund 58 Milliarden Euro pro Jahr bisher vor allem in Form von
„Direktzahlungen“, die die Landwirte einfach pro Hektar bekommen. Wer also
viel Land hat, bekommt auch besonders viel Geld vom Staat. Dieses viel
kritisierte System garantiert Investoren wie den Aldi-Erben eine sichere
Rendite, die wegen der andauernden Niedrig-Zins-Phase höher ist als die
jeder einigermaßen sicheren Anleihe auf dem Kapitalmarkt.
Eigentlich soll dieses Staatsgeld ländliche Regionen etwa in Mecklenburg
oder Sachsen-Anhalt stärken. Doch immer mehr Eigentümer der Agrarbetriebe
dort leben in Starnberg, Hamburg oder Hannover. Deshalb fließt immer mehr
dieser Subventionen anstatt in die wirtschaftlich schwachen Regionen im
Osten in den wohlhabenderen Westen. An Leute, die es eh nicht brauchen,
weil sie ja schon auf Millionen oder Milliarden – oft nur geerbt – sitzen.
Diese Umverteilung von Ost nach West, von Arm zu Reich, nehmen viele Leute
in den Dörfern wahr. Das trägt zu dem weit verbreiteten Gefühl bei,
abgehängt zu sein und dem Eindruck, dass die Reichen immer reicher werden.
Auch das speist den Unmut, von dem die AfD profitieren kann. Landgrabbing
ist also auch eine Gefahr für unsere tolerante Gesellschaft.
Deshalb sollten die seit der [3][Föderalismusreform] zuständigen Länder
endlich Gesetze verabschieden, um Verkäufe von Agrarbetrieben an
überregionale Großinvestoren verbieten zu können. Bisher dürfen die
Behörden nur den Verkauf von Agrarland untersagen.
Es gab zum Beispiel in Sachsen-Anhalt einen Gesetzentwurf in diese
Richtung. Doch ausgerechnet der Bauernverband hat ihn verhindert.
Schließlich sitzen in seinen Reihen Profiteure des Ausverkaufs. Die
Regierungsfraktionen zum Beispiel in Magdeburg oder Potsdam sollten den
Schneid haben, sich über so ein Veto hinwegzusetzen. Schließlich sind sie
vom Volk, nicht von einer egoistischen Lobbygruppe gewählt worden.
9 Sep 2019
## LINKS
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[2] /Agrarsubventionen-in-Deutschland/!5597589
[3] /70-Jahre-Grundgesetz/!5593255
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
Finanzmarkt
Bauernverband
Landwirtschaft
Landwirtschaft
Schwerpunkt Grundgesetz
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