# taz.de -- Britische Arbeitsministerin Amber Rudd: Rücktritt im Zorn | |
> Amber Rudds Verhältnis zu Boris Johnson zeichnete sich seit dem | |
> Brexit-Referendum durch gegenseitige Abneigung aus. Sie hat diverse | |
> Krisen hinter sich. | |
Bild: Amber Rudd in der BBC am 8. September 2019 | |
Das Erstaunlichste am Rücktritt von Amber Rudd ist, dass sie jemals | |
Ministerin unter Boris Johnson war. Die beiden verbindet ein Verhältnis | |
gegenseitiger Abneigung seit dem Brexit-Referendum von 2016, als Johnson | |
die Brexit-Kampagne anführte und die europafreundliche Energieministerin | |
Rudd ihm zwei Wochen vor der Abstimmung in einer TV-Debatte bescheinigte, | |
er sei „die Stimmungskanone auf der Party, aber man möchte nicht von ihm | |
danach nach Hause gefahren werden“ – eine ungehörige Spitze in einem bis | |
dahin höflichen Wahlkampf, der sich davon nie erholte. | |
Ihre nächste Sternstunde hatte Amber Rudd im Parlamentswahlkampf 2017. Sie | |
vertrat in einer Fernsehdebatte Theresa May, die gerade keine Lust hatte, | |
und machte so deutlich eine bessere Figur, dass sie seitdem als potenzielle | |
Nachfolgerin gehandelt wurde. Aber ihre Karriere endete stattdessen abrupt | |
im April 2018, als sie als Innenministerin verantwortlich für den | |
sogenannten [1][„Windrush-Skandal“] zeichnete – die unmenschliche Politik, | |
schwarze Altimmigranten aus der Karibik von staatlichen Leistungen | |
auszuschließen und sogar zu deportieren, wenn sie ihr bis dahin nie | |
angezweifeltes Aufenthaltsrecht nicht nachweisen konnten. | |
Als der Guardian Rudd überführte, entgegen ihren eigenen Angaben ihrem | |
Ministerium Zielvorgaben zur Zahl von Ausweisungen illegaler Immigranten | |
gemacht zu haben, [2][musste sie gehen]. Erst im November [3][holte Theresa | |
May sie als Arbeitsministerin zurück], um die ungeliebte neue | |
Sozialhilfestruktur „Universal Credit“ zu reformieren. | |
Amber Rudd hat den schillernden Hintergrund, den man von konservativen | |
Führungspersönlichkeiten erwartet: Tochter eines Börsenmaklers und einer | |
Richterin, direkter Nachkomme des Königs Charles II. aus dem 17. | |
Jahrhundert, entfernte Kusine der Queen. 1963 geboren, leitete sie mit 24 | |
ihre erste Firma. Sie ist als Statistin im Film „Four Weddings and a | |
Funeral“ zu sehen, sie heiratete den preisgekrönten Journalisten A. A. | |
Gill. 2005 ging sie in die Politik, und seit 2010 hält sie den | |
südenglischen Küstenwahlkreis Hastings & Rye für die Konservativen. Unter | |
David Cameron stieg sie zur Energieministerin auf, bis May sie weiter | |
beförderte. | |
Rudd war vor sechs Wochen die einzige Ministerin des May-Flügels, die Boris | |
Johnsons Machtübernahme überstand – die anderen traten alle zurück oder | |
wurden entlassen. Manche hielten sie wegen ihrer Nähe zum ehemaligen | |
Finanzminister Philip Hammond für ein U-Boot des Pro-EU-Lagers in Johnsons | |
Kabinett. Nachdem vergangene Woche Hammond und andere aus der konservativen | |
Fraktion [4][ausgeschlossen wurden], konnte auch Rudd nicht mehr bleiben. | |
In ihrem Rücktrittsschreiben an Boris Johnson sprach sie von einem „Angriff | |
auf Anstand und Demokratie“ und erklärte: „Ich kann diesen Akt des | |
politischen Vandalismus nicht unterstützen.“ | |
Amber Rudd tritt daher auch aus der Fraktion aus. Aber sie bleibt eine | |
„stolze Konservative“. Mal sehen, was ihr das bei den kommenden Neuwahlen | |
bringt. | |
8 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Windrush-Skandal-in-Grossbritannien/!5502402 | |
[2] /Konservative-in-Grossbritannien/!5502274 | |
[3] /Streit-um-Brexit-Deal/!5551582 | |
[4] /Machtkampf-im-britischen-Unterhaus/!5623560 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Brexit | |
Amber Rudd | |
Boris Johnson | |
Großbritannien | |
Schwerpunkt Brexit | |
Schwerpunkt Brexit | |
Schwerpunkt Brexit | |
Großbritannien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Brexit-Strategien der Labour Party: Corbyn lässt Johnson schmoren | |
Auf der Straße fordern linke Demonstranten Johnsons Sturz. Im Parlament | |
verhindert die linke Opposition Neuwahlen – und den Sturz des Premier. | |
EU, Großbritannien und der Brexit: So kann's gehen | |
Der Streit um den Brexit ist lösbar, wenn man sich auf die Sachfragen | |
konzentriert und an die Menschen denkt. Ein Vorschlag zur Güte. | |
Nachfolge von Theresa May: Ein hartes Rennen | |
Großbritanniens Konservative suchen eine neue Führung. Alles läuft auf | |
einen Kampf zwischen Boris Johnson gegen Michael Gove hinaus. | |
„Windrush“–Migranten in Großbritannien: Ohne Papiere im „Dreamland“ | |
Die Verschärfung der britischen Einwanderungspolitik trifft viele | |
karibische und afrikanische Einwanderer, die sich längst als Briten | |
verstehen. |