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# taz.de -- Aktivismus von Taylor Swift: Alles nur Kalkül?
> Die US-Pop-Sängerin Taylor Swift zeigt sich mit ihrem neuen Album „Lover“
> kämpferisch wie eh und je. Warum eckt sie damit so an?
Bild: Pop-Sternchen par exellence – Taylor Swift nimmt im August 2019 ihren M…
Schon mal darüber nachgedacht, warum es Taylor Swift keinem außer ihren
Fans recht machen kann? Eventuell liegt es daran, dass sie eine Frau ist.
Eine höchst erfolgreiche Frau mit 50 Millionen verkauften Alben und 10
Grammys. Als Musiker hätte sie die meisten Menschen vermutlich immens
beeindruckt, als Musikerin nicht. Diesen Verdacht äußert die 29-Jährige
jedenfalls auf ihrer neuen Platte „Lover“ in dem Song „The Man“.
Zeilen wie „And I’m so sick of them coming at me again / 'cause if I was a
man, then I’d be the man“ sprechen mit feministischer Rhetorik Bände. Nicht
zu vergessen: Bevor die [1][#MeToo-Bewegung] überhaupt aus der Taufe
gehoben wurde, brachte Taylor Swift einen Radio-DJ wegen sexueller
Belästigung vor Gericht. Sie gewann den Prozess.
In Bezug auf ihre Persönlichkeitsrechte gab sie sich stets kämpferisch. Sie
denkt ernsthaft darüber nach, ihre alten Songs neu aufzunehmen, nachdem
Justin Biebers Manager Scooter Brown ihre frühere Plattenfirma Big Machine
inklusive der Rechte für ihre ersten sechs Alben erworben hat. Mit
politischen Aussagen hielt sie sich dagegen lange zurück. Erst 2018
solidarisierte sie sich via Instagram mit der LGBTQ-Gemeinschaft.
Da drängte es sich fast schon auf, diese Unterstützung nochmals in einem
Lied zu manifestieren. Für den Dreh ihres grellen „You need to calm
down“-Videos lud Taylor Swift weltbekannte Lesben, Schwule, Transgender und
Dragqueens an den Set ein, um zu beweisen, dass sie auf der richtigen Seite
steht. Sogleich hagelte es Buhrufe. Reines Kalkül vermuteten einige
Vertreter*innen der nichtheterosexuellen Szene. Inwieweit das berechtigt
ist, muss wohl jeder für sich entscheiden.
## Eine gute Dosis Trump-Kritik
Trotz dieser Debatte kann man Taylor Swift eines nicht absprechen: ihre
Songschreiber-Qualitäten. Liebhaber*innen von raffinierten Wort- und
Gedankenspielen kommen bei der Sängerin voll auf ihre Kosten. In dem Stück
„You need to calm down“ heißt es: „And I’m just like, damn, it’s 7AM…
it in the street, that’s a knock-out / But you say it in a tweet, it’s a
cop-out“. Wer will, entdeckt in diesen Sätzen eine gute Dosis
[2][Trump-Kritik].
„Soon you’ll get better“ wiederum nimmt Bezug auf die Krebserkrankung von
Taylor Swifts Mutter. Mit dieser Nummer demonstriert sie mit den Dixie
Chicks, dass ihre Wurzeln im Country liegen. Die übrigen Titel kreisen
meist um die Liebe. Zur Erinnerung: Taylor Swift baut gern Auszüge aus
ihren Tagebüchern in ihre Songs ein. Dazu vermengt sie melodischen
Elektropop, Herzschlag-Beats und Handclaps.
Bei „False God“ trumpft ein Saxofon auf, während Taylor Swift eine
komplizierte Beziehung verhandelt. „London Boy“ erzählt von ihrem
Lebensgefährten, dem britischen Schauspieler Joe Alwyn. Das Intro für
diesen Titel sprechen niemand Geringeres als die beiden Darsteller Idris
Elba und James Corden. „Me!“ dreht sich um Selbstliebe, im Clip dazu
inszeniert sich Taylor Swift an der Seite des
Panic!-at-the-Disco-Frontmanns Brendon Uri in Pastelltönen wie eine blonde
Barbiepuppe im Wunderland.
## Fans sind gespalten
Eigentlich ist das keine Todsünde. Weil nicht wenige Fans ihre letzte
Platte „Reputation“ zu dunkel fanden, bringt die Sängerin jetzt einfach
wieder mehr Farbe aufs Tableau. Sie wolle sich, tut sie im Vorwort ihres
Booklets kund, nur noch von Dingen definieren lassen, die sie liebe. Nicht
von dem, was sie hasse. Also entschuldigt sie sich in „The Afterglow“
kurzerhand bei ihrem Partner dafür, dass sie in ihrer Beziehung hier und da
überreagiert. Sie sei halt nun mal so, Schwamm drüber.
Ihre Anhänger schätzen sie für solche aus dem Leben gegriffenen
Geschichten. Andere sind genervt, wenn sie ewig die komplette
Gefühlspalette vom Verliebtsein bis zur Trennung auslotet. Sie nennen
Taylor Swift „banal“. Dabei würde ihre Ehrlichkeit einem Mann, der in
seinen Songs mit ganz persönlichen Erlebnissen jongliert, wohl als
Sensibilität ausgelegt werden.
Wirklich vorwerfen kann man Taylor Swift im Grunde nur ihre musikalische
Einfalt. Erwartbar bewegen sich alle Songs im Mainstream – mal mit
R’n’B-Anleihen, mal mit Americana-Elementen. Ein bisschen mehr Extravaganz
hätte sich die Amerikanerin ruhig trauen dürfen.
30 Aug 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Dagmar Leischow
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