Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Anschlag auf Moschee in Norwegen: „Jetzt wartet Walhall“
> Mit dem Angriff in Oslo sollte wohl das Christchurch-Attentat nachgeahmt
> werden. Die Radikalisierung des Täters wurde von Mitschülern bemerkt.
Bild: Angst vor einem drohenden Rassenkrieg: Blumen erinnern an das Opfer des r…
Stockholm taz | Er hatte ein Vorbild: Den australischen Terroristen, der im
März bei einem Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch 51 Menschen
tötete. Und Philip M. hatte offenbar Ähnliches in Norwegen geplant. Wenige
Stunden bevor er dieses in Angriff nahm, berichtete er in einem
Internetforum, er sei von jenem Attentäter auserwählt, „jetzt wartet
Walhall“. Am Montagnachmittag verhängte ein Gericht in Oslo eine zunächst
vierwöchige Untersuchungshaft gegen den 21-Jährigen wegen Verdacht des
Mordes, des Mordversuchs und Verstoßes gegen das Antiterrorgesetz.
Am Samstag war M. mit mehreren Schusswaffen in die Moschee des Al-Noor
Islamic Centre in Bærum nahe Oslo eingedrungen. Er trug dabei eine Art
Uniform und einen Helm, auf dem er eine GoPro-Kamera montiert hatte. Er
wollte das Geschehen offenbar dokumentieren, aber die Streamingfunktion
funktionierte nicht.
Er zerschoss die Scheibe eines Seiteneingangs und feuerte mehrere Schüsse
in der Moschee ab, in der sich allerdings nur drei Personen aufhielten, von
denen keine ernsthaft verletzt wurde. Der 65-jährige Mohamed Rafiq
reagierte sofort, warf den Eindringling zu Boden und hielt ihn fest, bis
die Polizei eintraf. Wenige Stunden später entdeckte die Polizei in der
Wohnung, die M. bewohnt hatte, die Leiche einer weiblichen Person: Johanne
Zhangjia I., die 17-jährige Stiefschwester des Festgenommenen.
Norwegische Medien haben mittlerweile Einzelheiten zu M. veröffentlicht.
Von Nachbarn und Bekannten als hilfsbereiter und freundlicher Mann
beschrieben, hatte er 2016 eine Waldorfschule in Oslo besucht und
absolvierte von August 2018 bis Mai 2019 eine „Selbstversorger“-Ausbildung
bei der Volkshochschule Fosen. Dabei lernt man schreinern, schweißen,
Gemüse anzubauen, Felle zu gerben, unterschiedliche Handwerkstechniken und
in der Natur auf sich allein gestellt zu überleben.
Hier war es auch, dass MitschülerInnen bemerkten, wie M. sich veränderte.
Vor allem zum Ausländerthema seien seine Ansichten immer extremer geworden.
Er habe überlegt in eine radikale Neonazigruppe einzutreten, darüber
geredet, man müsse sich auf einen drohenden Rassenkrieg vorbereiten und die
Ablegung eines Jägerexamens damit begründet, dass er dann legal Waffen
besitzen dürfe. Die Rektorin der Schule führte Gespräche mit M., fand aber
keinen Grund weiter aktiv zu werden.
## Neubewertung der Gefahr rechtsextremer Gewalt
Der Verfassungsschutz PST bekam einen Tipp von der örtlichen Polizei, legte
den aber recht schnell zu den Akten. Ein Gespräch mit M. oder eine
Überwachung seiner Internetaktivitäten habe man nicht für erforderlich
gehalten, erklärte PST-Chef Hans Sverre Sjøvold am Montag. Mittlerweile
würde man womöglich anders reagieren, gesteht Sjøvold: Was in Neuseeland
und den USA geschehen sei, habe zu einer Neubewertung der Gefahr
rechtsextremer Gewalt auch in Norwegen geführt. Man habe konstatiert, dass
sich auch „gemeinsame Propagandaplattformen gebildet haben, die es so
vorher nicht gegeben hat“.
Aussagen, die Rune Berglund Steen, Leiter des Antirassistischen Zentrums in
Oslo wundern. Der PST habe diese Szene trotz des Anschlags auf Utøya vor
acht Jahren nicht ernst genug genommen. In den vergangenen Jahren sei ihr
hauptsächlicher Fokus die vermeintliche Bedrohung durch radikalen
Islamismus gewesen.
Am Dienstag hielt in Bærum das Gymnasium, das Johanne Zhangjia I. besucht
hatte, für sie eine Gedenkfeier ab. Die 17-Jährige, die in der chinesischen
Provinz Jiangxi geboren und als Zweijährige vom Vater und der Stiefmutter
M.s adoptiert worden war, sollte kommende Woche hier ihr vorletztes
Schuljahr beginnen.
13 Aug 2019
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
Rechtsextremismus
Norwegen
Christchurch
Rechtsterrorismus
Christchurch
Christchurch
Lesestück Recherche und Reportage
Neuseeland
Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
Urteil gegen rassistischen Terroristen: Höchststrafe für Moscheeangreifer
Der 22-Jährige hatte 2019 eine Moschee in Bærum nahe Oslo angegriffen.
Dafür wurde er nun zu 21 Jahren Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt.
Ein Jahr nach dem Christchurch-Anschlag: Täter bekennt sich schuldig
Der Mann, der vor einem Jahr im neuseeländischen Christchurch zwei Moscheen
überfallen haben soll, bekennt sich aller 51 Morde für schuldig.
Rechtsextremismus auf YouTube: Der größte Troll der Welt
Der YouTuber PewDiePie hat den ersten Kanal mit über hundert Millionen
Abos. Der rechte Terrorist Brenton Tarrant warb für ihn. Nicht ohne Grund.
Morde in Südafrika: Der Mythos des „White Genocide“
Wie aus Morden an weißen Farmern in Südafrika der globale rechtsextreme
Mythos entstanden ist, der „weißen Rasse“ gehe es an den Kragen.
Die Wahrheit: Christchurchs Mauer
Neues aus Neuseeland: Kunst und Kiwis – ein kompliziertes Verhältnis.
Manchmal gar ein brutales, wie Teile der Berliner Mauer zeigen.
Rechter Terror in Deutschland: Nicht die erste Drohung
Seit Jahren werden in Deutschland Moscheen attackiert. Nach Christchurch
fürchten Muslime, dass es zum Schlimmsten kommt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.