# taz.de -- Reptilien-Experte über Handel mit Tieren: „Der Schwarzmarkt muss… | |
> Handelsverbote machen seltene Arten interessant und fördern so Wilderei | |
> und Diebstahl, sagt der Reptilienexperte Markus Baur. | |
Bild: Najin (links) und Fatu, die beiden letzten Nördlichen Breitmaulnashorn-W… | |
taz: Herr Baur, auf der Artenschutzkonferenz [1][Cites] wollen die | |
Mitgliedstaaten den Handel mit 40 Reptilienarten erschweren oder gar | |
verbieten. Ist das ein Erfolg für den Artenschutz? | |
Markus Baur: Erst mal schon. Die Regeln erschweren es Wilderern, Tiere aus | |
der Wildnis zu entnehmen. Allerdings kann das aber auch nach hinten | |
losgehen. Wenn Tiere auf Verbotslisten auftauchen, werden sie für manche | |
Sammler erst recht interessant. Das schafft dann einen Markt für gewilderte | |
oder gestohlene Tiere. | |
Wäre es deshalb richtig, den Handel mit Elfenbein oder mit dem Horn von | |
Nashörnern in Grenzen wieder zuzulassen? Einige afrikanische Länder hatten | |
das gefordert. | |
Ein öffentlicher Handel mit Elfenbein oder Horn und Abschussquoten für | |
Elefanten oder Nashörner haben ein Geschmäckle, das könnte man als Lizenz | |
zum Töten interpretieren. Insofern ist es schon richtig, den Handel weiter | |
drastisch zu beschränken. Ich verstehe aber nicht, dass beschlagnahmtes | |
Elfenbein nicht gehandelt werden darf. Damit könnte man den Markt | |
kaputtmachen. Wir reden über Tonnen von beschlagnahmtem Elfenbein oder | |
Horn, die einfach verbrannt werden. Vielleicht ist das ja juristisch | |
blauäugig, damit einen staatlich geregelten und überwachten Handel | |
vorzuschlagen. Aber es würde die Preise senken und Wilderei unattraktiver | |
machen. | |
Die Organisation Pro Wildlife befürchtet das Gegenteil. Sie warnt davor, | |
den Handel zu öffnen, weil das eine Nachfrage schaffe und die Wilderei | |
fördere. | |
Dieser Markt ist doch schon längst vorhanden, für Elfenbein, für Horn, für | |
jedes geschützte Tier. Wir bekommen das nur nicht mit, weil es unter der | |
Hand und illegal abläuft. Schildkröten werden auf Zuchtfarmen in Malaysia | |
oder auf Galapagos geklaut und auf mehr oder weniger bekannten Wegen um die | |
Welt transportiert. Es gibt Menschen, die Unsummen für solche Tiere | |
ausgeben, die bereit sind zu stehlen, zu schmuggeln. Wenn ich dem mit | |
Verboten nicht beikomme, muss ich es vielleicht anders versuchen. | |
Wie? | |
Mit kontrolliertem Handel. Zum Beispiel werden viele seltene Arten | |
gezüchtet, um den Bestand zu erhalten. Wenn ein Zuchtpaar zu viel Nachwuchs | |
erzeugt, ist es genetisch überrepräsentiert, das will man nicht. Dann | |
werden die Eier dieses Zuchtpaares entsorgt. Dann gehen die Eier etwa der | |
höchst seltenen Schnabelbrustschildkröte in den Müll. Man könnte die | |
Nachzuchten aber auch ganz offiziell und spottbillig an Liebhaber | |
verkaufen, das wäre eine nachhaltige Nutzung und würde den Druck von | |
Wildpopulationen nehmen und Diebstähle und Wilderei unrentabel machen. Das | |
wäre laut Cites erlaubt, anders als der Verkauf beschlagnahmter „Ware“. | |
Kann man eine solche nachhaltige Nutzung denn kontrollieren? | |
Es gibt diverse Möglichkeiten, Tiere zu kennzeichnen. Man kann das mit | |
Mikrochips machen, bei Vögeln mit einem Fußabdruck. Krokodile lassen sich | |
anhand bestimmter Schuppenregionen beschreiben und so weiter. Es ist ganz | |
klar, dieses Tier gehört zu diesem Papier. Wenn es diese Tiere | |
gekennzeichnet legal auf dem Markt gäbe und sie nicht mehr als Exoten auf | |
dem Schwarzmarkt gehandelt würden, dann hätten die Reichen weniger Lust auf | |
sie. | |
Glauben Sie wirklich, dass das den illegalen Handel austrocknet? | |
Ja! Wir brauchen mehr Transparenz, und die bekommt man nicht durch Verbote | |
und Verbotslisten. Wir haben mit Cites ein hervorragendes Regelwerk für | |
einen kontrollierten, legalen und lenkbaren Handel. Der Schwarzhandel muss | |
weg! Wir müssen das Internet strikt kontrollieren. Bei Ebay-Kleinanzeigen | |
etwa dürften nur Anbieter Tiere handeln, die sich mit Klarnamen und Adresse | |
anmelden. Wenn bei Facebook von großen Tierbörsen plötzlich seltene Tiere | |
auftauchen, muss der Zoll dem nachgehen. | |
Aber die Behörden in Deutschland haben den Tierhandel doch jetzt schon | |
nicht im Griff. Die Bundesrepublik gilt als Zentrum des illegalen | |
Tierhandels. | |
Das ist doch Quatsch. Deutschland ist ein großes Transitland mitten in | |
Europa. Importe von Großhändlern gehen über den Frankfurter Flughafen | |
weiter nach Belgien, Frankreich, Tschechien. Ganz viele Tiere, die | |
statistisch in Deutschland landen, gehen sofort an andere EU-Ländern | |
weiter. | |
28 Aug 2019 | |
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[1] /Artenschutzkonferenz-in-Genf/!5620328 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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