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# taz.de -- Vorwürfe gegen Bioland-Betrieb: Leidende Bio-Schweine
> Der Tierrechtsverein Animal Rights Watch deckt brutalen Umgang mit
> Schweinen in einem Bioland-Betrieb auf. Der Verband sieht keine
> Missstände.
Bild: Missstand mit der Kamera dokumentiert: Ein Mitarbeiter trägt ein Schwein…
Hamburg taz | Tiere werden von einem Mitarbeiter geschlagen und getreten,
an ihren Schwänzen und an den Ohren herumgetragen. Ihre Schreie sind dabei
unüberhörbar. Heimlich filmte der Tierrechtsverein [1][Animal Rights Watch
(Ariwa)] mit versteckten Kameras Missstände im Schweinemast- und
-zuchtbetrieb Eichenhof von Jochen Kulow im Wendland. Der Betrieb im
Landkreis Lüchow-Dannenberg ist mit dem [2][Bioland-Siegel] zertifiziert.
Weitere Videos von Tierrechtlern vor Ort zeigen leidende Tiere mit
kupierten Schwänzen, offenen Wunden und entzündeten Schwellungen an den
Beinen. Mehrere Schweine können kaum laufen oder aufstehen. Die Aufnahmen
wurden im Mai und Juni diesen Jahres gemacht. Trotz des offenkundig
brutalen Umgangs mit den Tieren zeigte Ariwa den Betrieb aber nicht an.
Bereits 2016 hatte der Verein im Eichenhof ähnlich erschreckende Zustände
gefilmt. Aufgrund begrenzter Ressourcen war die Tierrechtsorganisation
jedoch schon damals nicht in der Lage, den Betrieb bei der
Staatsanwaltschaft anzuzeigen. In den meisten Fällen würde eine Anzeige
ohnehin nichts verändern, ist Ariwa-Sprecherin Sandra Franz überzeugt. Sie
hofft stattdessen, dass auf Grundlage der verdeckten Aufnahmen öffentlicher
Druck aufgebaut wird und andere Tierschutz- oder Tierrechtsorganisationen
die Missstände zur Anzeige bringen.
## Eindeutige Verletzungen
Jan Peifer vom [3][Deutschen Tierschutzbüro] zieht dagegen mit seinem
Verein vor alle Instanzen, wenn es sich um Verstöße gegen das
Tierschutzgesetz handelt: „Wenn selbst dann nichts passiert, haben wir
jedenfalls alles ausprobiert“, sagt Peifer. Der Tierschutzverein zeigt
allerdings nur eigenes Filmmaterial an. „Dass die Aufnahmen schlimm sind,
und dann auch noch in einem Bioland-Betrieb, steht außer Frage“, sagt er.
Zu möglichen strafrechtlichen Konsequenzen kann sich Peifer aber nicht
äußern. Das Deutsche Tierschutzbüro lässt diese Frage vor einer Anzeige von
einem Juristen prüfen.
Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) zeigte am Montagabend einen knapp
45-minütigen Beitrag mit dem Titel [4][„Die Tricks mit Bio und Öko“]. In
diesem zeigte der NDR die Aufnahmen der Tierrechtler vor Ort. Auf diesen
sind alle trächtigen Sauen kurz vor und während der Geburt in sogenannten
Abferkelgittern bewegunslos fixiert. Dies ist nach den Bioland-Richtlinien
nur bei „Problemsauen“ rechtens. Der blanke Spaltenboden ist nur dürftig
mit Stroh bedeckt, ihr Bedürfnis nach Wühlen und Spielen, wie nach
Bioland-Richtlinien vorgegeben, ist laut Ariwa damit nicht gedeckt.
## „Tierwohl an erster Stelle“
Die Tierschutzbeaufragte des Landes Berlin, Diana Plange, sagte gegenüber
dem NDR: „Das mit der Einstreu ist ein Scherz.“ Es solle dazu dienen, dass
die Tiere ihr Wühl- und Erkundungsverhalten ausleben können. Auch zu den
Abferkelkörben sagt Plange: „Eindeutige Verletzungen kommen auch durch
Druckstellen, die diese Apparate bringen.“ Das gehe gar nicht. „Die Sau
liegt auf blankem Betonboden“, sagt sie. Für Plange ist die Fixierung aller
Sauen ein klarer Verstoß gegen die Bioland-Richtlinien. Veterinäramt und
Bioland seien in der Pflicht, Anzeige zu erstatten.
Susanne Rihm, Sprecherin von [5][Bioland] sagt: „Die Einhaltung unserer
Richtlinien und das Tierwohl stehen bei uns an erster Stelle.“ Trotz einer
hohen Kontrolldichte könne es allerdings zu Abweichungen kommen. Aus diesem
Grund sei Bioland über Hinweise zu Richtlinien-Verstößen sehr dankbar, „da
sie uns dabei helfen, Missstände aufzudecken und entsprechende Maßnahmen
einzuleiten, um die Bioland-Standards zu wahren“.
Einen Tag nach der schriftlichen NDR-Anfrage habe Bioland unangekündigt den
betreffenden Betrieb kontrolliert. Laut Bioland sind die Tiere „in einem
einwandfreien Zustand“ und die Bioland-Richtlinien würden eingehalten. Laut
dem Betreiber Jochen Kulow und Susanne Rihm habe es auch eine
Veterinärkontrolle gegeben, die die Anschuldigungen nicht habe belegen und
keine Missstände habe feststellen können. Sandra Franz von Ariwa: „Solches
Verhalten kann ja auch nie bei einer Kontrolle aufgedeckt werden.“
Der Erzeugerverband Bioland habe es geschafft, sich durch geschicktes
Marketing als Synonym für „artgerechte Tierhaltung“ zu etablieren.
Tierprodukte mit Bioland-Siegel verhinderten jedoch kein Tierleid: „Auch
dort, wo versucht wird, es freiwillig besser zu machen, werden die Tiere
eingesperrt, zwangsgeschwängert, verzüchtet, werden Mutter und Kind nach
der Geburt getrennt und nach einem kurzen Leben brutal getötet“, sagt
Franz. Nur nach geltendem Recht zu prüfen, reiche deshalb nicht aus „Wem es
wirklich um Tierwohl geht, der lebt vegan“, findet die Ariwa-Sprecherin.
27 Aug 2019
## LINKS
[1] https://www.ariwa.org/
[2] https://www.bioland.de/fileadmin/dateien/HP_Dokumente/Richtlinien/Bioland_R…
[3] https://www.tierschutzbuero.de/
[4] https://www.ndr.de/fernsehen/Die-Tricks-mit-Bio-und-Oeko,sendung937564.html
[5] https://www.bioland.de/infos-fuer-verbraucher/bioland-tiere.html
## AUTOREN
Katharina Gebauer
## TAGS
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