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# taz.de -- Käfige statt Bodenhaltung: Eier mit falschem Etikett
> Ein Wachtel-Halter in Goldenstedt gab seine Eier als Bodenhaltung aus,
> dabei sitzen die Vögel in Käfigen. Der Betrieb hatte dafür ein Zertifikat
> vom Veterinäramt.
Bild: Sieht nicht nach Bodenhaltung aus: Betrieb in Goldenstedt
Hamburg taz | Nach zahlreichen Hühnerei-Skandalen stieg der Verbrauch von
vermeintlich tierfreundlicheren Wachteleiern in Deutschland jährlich auf
über 40 Millionen Stück. Allein die Hälfte wird hierzulande auch
produziert. Nun deckte das Deutsche Tierschutzbüro jedoch eine offenbar
qualvolle Tierhaltung in zwei Wachtelbetrieben in Niedersachsen und
Schleswig-Holstein auf, eine weitere in Brandenburg. Das für einen der
Betriebe zuständige Veterinäramt Vechta sieht das trotz Videoaufnahmen
anders.
Mit heimlichen Kameras filmten die TierschützerInnen in allen drei
Betrieben, stellten Strafanzeigen und meldeten die Fälle den zuständigen
Veterinärämtern. In dem niedersächsischen Betrieb in Goldenstedt leben rund
10.000 Wachteln in mehreren Käfigen, die Fenster des dunklen Stalls sind
abgeklebt, die Tiere wirken auf den Aufnahmen verhaltensgestört und haben
durch sogenanntes Federpicken kahle Stellen im Federkleid.
Der Betrieb vertreibt die Eier mit der Kennzeichnung Bodenhaltung – etwa an
Edeka. Die Aufnahmen zeigen jedoch, dass die Tiere in Käfigen sitzen und
nicht frei im Stall herum laufen können.
Das Veterinäramt des Landkreises Vechta hat darin trotzdem offenbar keinen
Verstoß gegen das Tierschutzrecht gesehen. Eine Landkreissprecherin sagte,
dass nach Auffassung des Veterinäramtes die Haltung tierschutzgerecht sei.
Noch in 2018 genehmigte die Behörde die Haltungsform als Bodenhaltung.
Aber das ist bei Wachteln eigentlich gar nicht möglich. Es existieren keine
gesetzlichen Vorgaben für die Haltung von Wachteln in Deutschland. Die
HalterInnen müssen sich nach dem allgemeinen Tierschutzgesetz richten.
Trotzdem bescheinigten die Veterinäre dem Betrieb aus Goldenstedt
fälschlicherweise Bodenhaltung und gaben ein Zertifikat heraus.
Eine solche Kennzeichnung sei auch lebensmittelrechtlich gar nicht
zulässig, sagt Natascha Manski, Sprecherin des niedersächsischen
Landwirtschaftsministeriums. Es gebe faktisch keine Vermarktungsnormen für
Wachtel-, nur für Hühnereier.
Ebenso qualvoll sind die Zustände für die Wachteln in dem
schleswig-holsteinischen Betrieb in Lübeck: Hier leben etwa 2.000 Vögel
zusammengefercht in einer 20 Jahre alten Käfiganlage, mit 15 Tieren pro
Käfig. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, dass sie keinen Platz haben, um sich
aufzurichten und teilweise verletzt sind. Auch diese Käfiganlage scheint
nichts mit Bodenhaltung gemein zu haben, obwohl es auf den Verpackungen
steht und der Betreiber trickst.
In den Käfigen liegen Papp-unterlagen, damit die Tiere nicht direkt auf dem
Gitter stehen. Der Betrieb hatte laut eigener Aussage bereits Probleme mit
dem Veterinäramt.
Edeka, der Eier von beiden Betrieben gekauft hat, scheint die Materialien
der TierschützerInnen ernst zu nehmen und hat bereits reagiert. Die
Supermarktkette nahm die Eier umgehend aus dem Sortiment – vorerst jedoch
nur vorläufig.
## Keine Rechtsvorgaben für Wachtelhaltung
Das Bundeslandwirtschaftsministerium plant bisher nicht, an der
Kennzeichnung der Wachteleier etwas zu verändern. Ein Erlass mit
spezifischen Rechtsvorgaben für die Wachtelhaltung sei nicht geplant,
antwortete das Ministerium dem ARD Magazin Report Mainz.
Gegenüber der taz erklärte die Sprecherin des niedersächsischen
Landwirtschaftsministeriums Manski, sie sehe die Verantwortung bei den
Lebensmittelhändlern, denn die korrekte Kennzeichnung der Eier liege bei
diesen. Wenn diese Bodenhaltung auf ihre Produkte schrieben, obwohl dies
rechtlich für Lebensmittel gar nicht vorgesehen sei, „erfülle das den
Tatbestand der Irreführung“.
Als Reaktion auf die Kritik der Tierschützer leitete das Ministerium
zusammen mit dem Landkreis Kontrollen im Betrieb in Vechta ein. Wie das
zuständige Veterinäramt den betroffenen Betrieben eine Genehmigung für die
Bodenhaltung ohne gesetzliche Vorgaben geben kann, ist Teil dieser Prüfung.
Wie das passiert sei, könne sie sich bisher nicht erklären, so Manski.
11 Apr 2019
## AUTOREN
Katharina Gebauer
## TAGS
Eier
Tierschutz
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Tierquälerei
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Niedersachsen
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