# taz.de -- Integration durch Schwimmkurs: Ein gutes Gefühl im Wasser | |
> Schwimmen war immer ihre Leidenschaft: Franziska Meißner unterrichtet vor | |
> allem Geflüchete. Und schafft dabei viel mehr, als nur Überwasserhalten. | |
Bild: Hauptsache, Wasser: Stefanie Meißner entwickelte ein spezielles Konzept … | |
Sobald die Ferien in Sachsen rum sind, geht es auch für Franziska Meißner | |
wieder los: Sieben Stunden in der Woche wird sie dann in der Schwimmhalle | |
stehen. „Den Menschen das Wasser näherbringen“, das ist das Ziel der | |
32-jährigen Vorsitzenden der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. | |
in Leipzig. | |
Ganz besonders freut sie sich, dass ihr Angebot jetzt durch die Kooperation | |
mit einem örtlichen Schwimmverein ausgeweitet werden kann. „Die Kurse | |
richten sich an alle ab zwölf Jahren, die noch nicht oder nicht gut | |
schwimmen können“, erklärt sie. | |
Wichtig ist ihr dabei: „Herkunft oder Elternhaus spielen keine Rolle. Jeder | |
ist willkommen.“ Zwar gebe es auch Fördermöglichkeiten für Kinder aus | |
sozial benachteiligten Familien, die allermeisten Teilnehmer seien aber | |
Flüchtlinge, erzählt Meißner. Unter ihnen sei der Bedarf am größten, viele | |
könnten gar nicht schwimmen. In den Kursen lernen sie, sich im Wasser | |
sicher zu bewegen. | |
Das Teilnehmerfeld sei bunt gemischt, sagt Meißner: Der älteste | |
Schwimmnovize sei im letzten Jahr 47 Jahre alt gewesen. „Die meisten sind | |
aber zwischen zwölf und Mitte, Ende zwanzig“, erklärt sie. | |
## Deutsch lernen beim Schwimmen | |
Das Projekt ist für Meißner eine Herzensangelegenheit. „Als 2015 so viele | |
Menschen nach Deutschland kamen, wollte ich gerne helfen. Und das mit | |
meiner Stärke, Schwimmen zu lehren.“ Die Idee war geboren. | |
Eine Herausforderung? Meißner sagt, zu Beginn habe sie sich durchaus Sorgen | |
gemacht: über Verständigungsprobleme, über Reaktionen auf sie als Frau. | |
Deswegen habe sie zunächst einen männlichen Kollegen um Unterstützung | |
gebeten. Doch schnell stand die gebürtige Leipzigerin allein am Beckenrand. | |
Im Zuge ihrer Masterarbeit – Meißner studierte in Leipzig Sportwissenschaft | |
– entwickelte sie ein spezielles Kurskonzept, extra für ihre Schwimmkurse. | |
Ihrem Konzept nach soll in einzelnen Gruppen jeweils acht bis zehn | |
Teilnehmern das Schwimmen beigebracht werden. Zusätzlich liegt der Fokus | |
auf der Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten. | |
Die Kooperation mit dem örtlichen Schwimmbad sei auch eine Reaktion auf die | |
hohe Nachfrage. Konnten bisher zwei Kurse im Jahr angeboten werden, seien | |
es nun insgesamt sieben auf unterschiedlichen Niveaus. „Alle Plätze sind | |
besetzt“, berichtet Meißner. Erstmals gebe es einen Kurs ausschließlich für | |
Frauen. „Wegen ihres Glaubens schwimmen einige in gemischten Kursen im | |
Burkini“, erläutert sie. „Und diese Masse an Stoff ist beim Schwimmenlernen | |
einfach hinderlich.“ | |
## 20 bis 30 Stunden Ehrenamt | |
Meißner brennt für ihren Sport: „Das Schwimmen ist Teil meines Lebens.“ | |
Dabei hätte es auch ganz anders kommen können. Als sie mit zwölf Jahren | |
nach einem passenden Sport für sich suchte, fing sie mit Fußball an. „Das | |
war aber dann doch nichts für mich: Im Winter bei Flutlicht mit Pudelmütze | |
über den Ascheplatz rennen. Dann habe ich noch zweimal den Ball ins Gesicht | |
bekommen und somit hatte sich das“, erzählt sie lachend. Über ihre | |
Stiefmutter und ihre Schwestern sei sie zum Rettungsschwimmen gekommen. Sie | |
begeisterte sich schnell – trainierte bis zu sechs Mal in der Woche, nahm | |
an Wettkämpfen teil und engagierte sich im Verein. Heute springt sie ein, | |
wenn Not an der Frau ist: „Aber ganz so schnell bin ich nicht mehr.“ | |
Seit 2017 ist die Leipzigerin nun Vorsitzende der DLRG. Schwimmkurse, | |
Rettungsschwimmerausbildung, Katastrophenschutz, Rettungshundestaffel – | |
Meißner muss das alles unter einen Hut bringen. Das bedeutet viel | |
Papierarbeit für die 32-Jährige. Zu Stoßzeiten sind es auch mal 20 bis 30 | |
Stunden, die sie ins Ehrenamt investiert, in der Regel 10 bis 15. „Was | |
nicht geht, das geht eben nicht“, verrät die Mutter zweier Kinder ihr | |
Rezept gegen Stress. | |
Bald wird sie noch ein didaktisches Studium aufnehmen, denn seit eineinhalb | |
Jahren unterrichtet sie Sport als Quereinsteigerin an einer Grundschule. | |
Der Schwerpunkt? Liegt natürlich auch hier auf dem Schwimmen. | |
23 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Julia Kitzmann | |
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