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# taz.de -- Ein Jahr Familiennachzug: Unter den Erwartungen
> 8.758 Angehörige von Geflüchteten erhielten seit August 2018 eine
> Einreiseerlaubnis. Die Obergrenze zum Familiennachzug steht unter
> Beschuss.
Bild: Viele Geflüchtete warten noch immer darauf, dass ihre Familien nach Deut…
BERLIN taz | Seit einem Jahr können subsidär Schutzberechtigte für ihre
Familienangehörigen wieder den Familiennachzug beantragen. Wie das
Auswärtige Amt mitteilt, erteilte es zwischen August 2018 und Ende Juni
2019 insgesamt 8.758 Einreiseerlaubnisse für Familienangehörige von
Geflüchteten mit subsidärem Schutzstatus – denen also in ihrem
Herkunftsland Gefahr, zum Beispiel durch Krieg, drohen würde. Damit blieb
der Familiennachzug im ersten Jahr unter den Erwartungen zurück.
Die Regierung hatte den Familiennachzug nämlich mit einem Kontingent von
1.000 positiven Bescheiden pro Monat beschränkt – also wäre in diesem
Zeitraum die Ausstellung von 11.000 Visa zulässig gewesen. In den ersten
fünf Monaten wurden allerdings lediglich 2.612 Visa ausgestellt, also
weniger als die Hälfte dessen, was gemäß Kontingent möglich gewesen wäre.
Mit dieser schwächeren Anlaufsphase rechnete die Regierung allerdings,
schließlich ging sie davon aus, dass die Mühlen der Behörden besonders
anfangs langsam mahlen würden.
Eine Sonderregelung sah daher vor, dass das Kontingent, sofern es nicht
ausgeschöpft wurde, in den Folgemonat übertragen werden kann. Zwischen
Dezember 2018 und Mai 2019 wurden hingegen jeden Monat mehr als 1.000 Visa
für Familienangehörige ausgestellt – die Überschreitung des Limits liegt
daran, dass es zu Zeitverzug zwischen den verschiedenen Stufen des
Verfahrens geben kann.
„Weit über 30.000 Anträge für den Familiennachzug liegen weiterhin
unbearbeitet bei den Botschaften im Ausland“, hält Konstantin von Notz,
stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, fest. Nur ein Bruchteil
dieser Anträge werde überhaupt an die Ausländerbehörden und von dort
wiederum nur zwei Drittel an das zuständige Bundesverwaltungsamt
weitergeleitet. Von Notz: „Unter diesem massiven Rückstau und der quälend
langen Verfahrensdauer leiden vor allem die Familien, Integration wird so
unnötig erschwert.“
## Seehofer rechnete mit 300.000 Anträgen
Die Neuregelung war damals eine Kompromisslösung, nachdem 2016 beschlossen
wurde, den Familiennachzug für zwei Jahre ganz auszusetzen. Die
Verhandlungen der Regierungskoalition waren mühsam: Die SPD wollte im
Koalitionsvertrag ursprünglich einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug
verankern; Horst Seehofer (CSU) befürchtete jedoch, dass 300.000 Angehörige
nach Deutschland kommen würden.
Gemäß Auskunft des Auswärtigen Amts wurden allerdings in keinem Monat mehr
als 1.700 Visumanträge von den Auslandsvertretungen nach Deutschland
vermittelt. „Da wurden bewusst falsche Zahlen ins Spiel gebracht, um die
öffentliche Stimmung gegen Familiennachzug hochzuschaukeln“, vermutet die
innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, Ulla Jelke.
Sie findet, das derzeitige Visumsverfahren für Angehörige sei inhuman, da
die Identitätsprüfung für die Bundesbehörden die oberste Priorität habe.
„Wie soll man in einem Land, in dem Krieg herrscht, die notwendigen
Dokumente dafür auftreiben? Das ist ein Vorwand, um reihenweise Anträge
ablehnen zu können“, sagt Jelke. Bürokratieabbau und eine Beschleunigung
des Verfahrens seien notwendig. Sie fordert zudem, dass die Beschränkung
des Familiennachzugs durch Kontingente gänzlich aufgehoben wird.
Auch die Nichtregierungsorganisation Pro Asyl kritisierte das Kontingent,
da dieses eine für die Betroffenen undurchschaubare Situation schaffe, ob
und wann ihre Familienzusammenführung gestattet wird. Die Neuregelung des
Familiennachzugs bezeichnete Pro Asyl bereits vor einem Jahr als
unverhältnismäßige Einschränkung des Grundrechts auf Familie.
31 Jul 2019
## AUTOREN
David Rutschmann
## TAGS
Familiennachzug
Geflüchtete
Asylpolitik
Flüchtlinge
Familiennachzug
Familienzusammenführungen
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