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# taz.de -- Prozess nach Rudolf-Heß-Marsch: Offensiv gegen Heß und Polizei
> Eine Antifaschistin hatte einen Nazi-Aufmarsch blockiert und klagt vor
> Gericht selbst an. Ein Polizeizeuge verstrickt sich in Widersprüche.
Bild: Nazis raus!
Berlin taz | Eine Einstellung des Verfahrens ist nicht das, was sich die
Antifaschistin von diesem Tag erwartet hatte. Das Angebot der Richterin
kurz vor Prozessauftakt, auf die mündliche Verhandlung zu verzichten, weist
sie zurück. Es geht schließlich ums Prinzip – und auch um einen möglichen
Freispruch. Kurz darauf verliest die Angeklagte im Gerichtssaal eine
politische Erklärung, die in dem Schluss mündet: „Der Kampf gegen die
Verhältnisse wird sich nicht durch Gesetze und nicht durch Verurteilungen
aufhalten lassen.“
Vorgeworfen wird der 23-Jährigen, sich während einer [1][kurzzeitigen
Blockade des neonazistischen Gedenkmarsches] für den
[2][Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß] im August 2018 vermummt und bei ihrer
Festnahme widersetzt zu haben. Die Polizei hatte damals Tausende
GegendemonstrantInnen in Spandau quasi in die Falle laufen lassen und die
Nazis per S-Bahn zum Alex eskortiert. Von dort liefen sie die Landsberger
Allee entlang nach Lichtenberg. Mehrere kleine Blockaden setzten sich den
etwa 700 Geschichtsvergessenen in den Weg, mit dabei die angeklagte
Aktivistin.
Etwa 50 ihrer UnterstützerInnen sind am Donnerstagmittag ins Gericht
gekommen, um ihre Solidarität zu demonstrieren. Die wenigen, die es in den
kleinen Gerichtssaal geschafft haben, brechen nach Verlesen der
Prozesserklärung in Jubel aus.
Die Angeklagte hatte in ihrem pointiert vorgetragenen Text auf die
vielfältigen Verstrickungen deutscher PolizistInnen mit dem Nazimilieu
hingewiesen und resümiert: Solange PolizistInnen „Nazi-Aufmärsche
durchsetzen“, bleibe der „Widerstand gegen ein System der Ausbeutung und
Unterdrückung oft auch eine Konfrontation mit ihnen“. Im Publikum werden
Schilder hochgehalten, etwa: „Jeder Vorgang lässt sich so verändern, dass
das rechtswidrige Verhalten der Polizei dem Gegenüber angelastet werden
kann.“
## Das Problem Polizeizeuge
Danach schildert ein Polizeizeuge seine Festnahme der Angeklagten im
Anschluss an die Blockade. Er sagt aus, dass die Frau die ganze Zeit über
mit Mütze, Sonnenbrille und Schal vermummt gewesen sei und bei ihrer
Festsetzung mit „beiden Armen umhergeschlackert“ habe. Auf Nachfrage muss
er einräumen, eine Vermummung während der Blockade – als auf der anderen
Straßenseite die Neonazis vorbeizogen – nicht gesehen, sondern einem
Bericht entnommen zu haben. Als Polizist müsse er sich ja auf einen Prozess
vorbereiten, so seine Rechtfertigung.
Bei weiteren Nachfragen der Anwältin kann er sich nicht erinnern oder
verweigert Antworten mit dem Verweis auf polizeitaktische Erwägungen. Ein
Video zeigt die blitzschnelle Festnahme mit einem Schmerzgriff von hinten
an die Nase. „Auf diese Zeugenaussage kann man sich nicht stützen“,
bilanziert die Anwältin. Der Prozess wird mit weiteren Zeugen am 1. August
fortgesetzt.
Eine Anmeldung für ein Heß-Gedenken in diesem Jahr liegt noch nicht vor.
Gegenproteste sind derweil am Wochenende 16.–18. August [3][quer durch die
Stadt angemeldet]. „Wir werden weiterkämpfen, dieses Jahr erst recht“, so
die Angeklagte.
25 Jul 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-Neonazi-Demo-in-Berlin/!5525579/
[2] /Rudolf-Hess-Demo-in-Berlin/!5524578/
[3] https://berlin-gegen-nazis.de/breite-proteste-gegen-einen-moeglichen-hessma…
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Rudolf Heß
Soziale Bewegungen
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Polizei Berlin
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