# taz.de -- Experte zu UN-Ernährungsbericht: „Hungerbekämpfung ist möglich… | |
> Genug zu essen gibt es, trotzdem steigt die Zahl der Hungernden. Das ist | |
> alarmierend, sagt Fraser Patterson von der Welthungerhilfe. | |
Bild: Klimabedingte Katastrophen lassen Zehntausende in Mosambik hungern | |
taz: Herr Patterson, weltweit haben [1][laut UN] im vergangenen Jahr mehr | |
als 820 Millionen Menschen unter Hunger und Unterernährung gelitten. Damit | |
ist die Zahl der Hungernden wieder angestiegen. Dabei war die Welt auf | |
einem guten Weg, den Hunger komplett zu beseitigen. Was sind die Gründe für | |
diese Zunahme? | |
Fraser Patterson: Wir sehen das dritte Jahr in Folge, dass die Zahl der | |
Hungernden steigt. Das ist alarmierend. Gründe dafür sind eine Zunahme von | |
bewaffneten Konflikten, [2][etwa in Jemen], Syrien, aber auch im Südsudan | |
oder in der Demokratischen Republik Kongo. Bei bewaffneten Konflikten | |
können die Menschen nicht mehr ihre Felder bestellen, sie werden in die | |
Flucht getrieben. Nahrungsmittel werden knapper und dadurch auch teurer. | |
Und Armut bleibt die Hauptursache für Hunger. An und für sich gibt es schon | |
genug zu essen auf der Welt. Schon jetzt könnten zehn Milliarden Menschen | |
ernährt werden. Nur können sich viele das Essen nicht leisten. | |
Ist das von den Vereinten Nationen gesteckte Ziel, den Hunger auf der Welt | |
bis 2030 zu besiegen, noch einzuhalten? | |
Wenn wir auf die letzten Jahrzehnte schauen, hat die Welt bei der | |
Hungerbekämpfung durchaus große Fortschritte gemacht. Seit dem Jahr 2000 | |
ist der Hunger um 28 Prozent zurückgegangen. Hungerbekämpfung ist also | |
möglich. Das Ziel ist zwar sehr ambitioniert, aber es ist ein Ziel, das | |
erreichbar ist. Alle Länder der Welt haben sich dazu verpflichtet, und | |
deswegen sollten wir daran festhalten. | |
Als Gründe führt die UN Kriege, Klimawandel und soziale Ungleichheit auf. | |
Das sind sehr komplexe Probleme – die zu lösen keine Institution und kein | |
Land allein imstande ist. | |
Klar braucht es in den betroffenen Krisenregionen politische Lösungen in | |
Form von zivilen Konfliktpräventionen etwa. Was jedoch auch notwendig ist: | |
dass die Politik auch in den reichen Ländern kohärent ist. Handelspolitik | |
darf ebenso wenig die Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit konterkarieren | |
wie die Nachhaltigkeitsziele der UN. Daran mangelt es jedoch oft auch in | |
den reichen Ländern. Wir brauchen zudem mehr Investitionen in die ländliche | |
Entwicklung. 80 Prozent der Hungernden leben auf dem Land. Kleinbauern zu | |
unterstützen ist daher besonders dringlich. | |
Erstmals haben die UN-Organisationen auch gezählt, wie viele Menschen von | |
Unterernährung und gefährdeter Nahrungsmittelversorgung betroffen sind. Was | |
hat es damit auf sich? | |
Mehr als 820 Millionen Menschen leiden unter Hunger, insgesamt zwei | |
Milliarden Menschen leiden an Mangelernährung. Und dieses Problem sehen wir | |
in fast allen Ländern der Welt. Oft ist es verborgener Hunger, die | |
Mangelernährung ist den Betroffenen nicht gleich anzusehen. Und diese Form | |
von Hunger nimmt in vielen Ländern zu, auch in reichen Industrieländern. | |
Dort sind es häufig benachteiligte Minderheiten, die davon betroffen sind, | |
überproportional auch Frauen. | |
Der UN-Ernährungsbericht weist zudem auf das Problem des Übergewichts hin. | |
Vier Millionen Tote sind unmittelbar auf Fettleibigkeit zurückzuführen. Als | |
übergewichtig gelten gar über eine Milliarde Menschen. Wie passt das | |
zusammen? | |
Auch das ist oft ein Armutsphänomen. Die Leute, die wenig Geld haben, | |
müssen oft die billigsten, damit häufig auch die ungesündesten Lebensmittel | |
kaufen. Häufig sind darin zu viel Fett und zu viel Zucker enthalten. An | |
gesunden Nährstoffen hingegen fehlt es. | |
16 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://www.fao.org/hunger/en/ | |
[2] /!t5474791/ | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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