# taz.de -- Salvinis Lega-Partei unter Verdacht: Italiens Ibiza-Skandal | |
> Auf einer geleakten Tonaufnahme ist ein enger Salvini-Vertrauter mit | |
> russischen Geschäftsmännern zu hören. Es geht um Finanzierung der | |
> Lega-Partei. | |
Bild: Salvini will es nicht gewesen sein – doch seine Partei ist nun scharf i… | |
Rom taz | Sollten russische Rubel aus Ölgeschäften nach Italien fließen, um | |
dort den Europawahlkampf der rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega | |
unter Innenminister Matteo Salvini zu finanzieren? Diesen Verdacht nährt | |
ein Abhörprotokoll, [1][das die Nachrichtenwebsite Buzzfeed News am | |
Mittwoch veröffentlichte]. | |
Mehr als eine Stunde saßen demnach am 18. Oktober 2018 drei Russen und drei | |
Italiener im Moskauer Hotel Metropol zusammen, um den Deal zu diskutieren: | |
Ein Jahr lang sollten pro Monat 250.000 Tonnen Diesel oder Kerosin aus | |
Russland nach Italien geliefert werden, dank zweier zwischengeschalteter | |
Unternehmen sollten vier Prozent der Auftragssumme als „Skonto“ abgegriffen | |
und an die Lega geleitet werden – das wären etwa 65 Millionen Dollar. | |
Bekannt ist nur die Identität eines der verhandelnden Italiener, Gianluca | |
Savoini – aber der ist nicht irgendwer. Der 55-Jährige steht der | |
Vereinigung Lombardei-Russland vor, zugleich darf der mit einer Russin | |
Verheiratete auf eine lange Karriere in Salvinis Lega zurückblicken. Schon | |
in den 90er Jahren war er Redakteur der Parteizeitung La Padania, 2013 | |
diente er dem damals gerade Parteichef gewordenen Salvini einige Monate als | |
Sprecher – vor allem aber war er der Kontaktmann Richtung Moskau. | |
Auch Savoini ist es zu verdanken, dass die Lega im Jahr 2017 einen | |
Kooperationspakt mit Putins Partei Einiges Russland schloss. Zuletzt | |
tauchte er am 4. Juli 2019 auf Fotos auf: beim Abendessen, das Italiens | |
Regierungschef Giuseppe Conte für Putin in Rom gab. Und auch am 18. Oktober | |
2018 war Savoini nicht zufällig in Moskau. Am Vortag war dort Innenminister | |
Salvini der Stargast einer italienisch-russischen Veranstaltung mit | |
Unternehmern aus beiden Ländern gewesen. | |
## Bloß ein „Schwatz unter Unternehmern“ | |
Salvini beeilt sich jetzt zu behaupten, Savoini habe seiner Delegation | |
nicht angehört, doch letzterer wiederum gab sich in dem abgehörten Gespräch | |
als politischer Unterhändler. „Europa wandelt sich“, führt er aus, | |
„nächsten Mai gibt es die Europawahlen. Ein neues Europa muss Russland | |
nahestehen, denn wir wollen unsere Souveränität. Wir wollen über unsere | |
Zukunft entscheiden, und das nicht in Abhängigkeit von den ‚Aufgeklärten‘ | |
in Brüssel oder den USA. Salvini ist der erste, der ganz Europa verändern | |
will.“ | |
Dann scherzt ein zweiter, namentlich nicht bekannter Italiener bei der | |
Verhandlung mit den Russen noch ein wenig über Gulag, „bloß ein Witz, aber | |
wenn ihr ein Gulag habt, können wir euch einen Haufen Leute schicken“. | |
Savoini behauptet jetzt, bei dem Treffen habe es sich bloß um einen | |
„Schwatz unter Unternehmern“ gehandelt, und Innenminister Salvini droht | |
allen mit Klage, die behaupten, die Lega habe russisches Geld erhalten. Nie | |
habe seine Partei „einen Rubel, einen Euro, einen Dollar oder auch nur | |
einen Liter Wodka“ aus Moskau erhalten, donnert er. | |
Der Skandal trifft ihn in der Tat zur Unzeit. Seine in den letzten Jahren | |
prorussisch aufgestellte Lega bemühte sich in den vergangenen Monaten nach | |
Kräften, einen Schwenk hin zu Donald Trumps USA zu vollziehen. Noch bei | |
seinem Moskau-Aufenthalt im Oktober 2018 hatte Salvini zwar erklärt, dort | |
fühle er sich „zu Hause“, und die EU-Sanktionen gegen Russland seien „ein | |
Wahnsinn“. | |
## Ermittlungen wegen „internationaler Korruption“ | |
Doch seitdem die italienische Regierung aus Fünf Sternen und Lega seit Juni | |
2018 im Amt ist, stimmte sie regelmäßig der Verlängerung der Sanktionen zu. | |
Auch in der Venezuelakrise machte die Lega sich keineswegs die russische | |
Position zu eigen, sondern vertrat die Auffassung, Präsident Nicolás Maduro | |
müsse gehen. Und am 17. Juni war Salvini in Washington, traf dort | |
Vizepräsident Mike Pence ebenso wie Außenminister Mike Pompeo. | |
Jetzt allerdings steht Salvini [2][fast wie ein italienischer | |
Heinz-Christian Strache da]. Der österreichische Ex-FPÖ-Chef hatte seine | |
Ämter aufgeben müssen, nachdem im Mai ein Video mit ihm veröffentlicht | |
wurde, auf dem er mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte | |
unter anderem über verdeckte Parteispenden spricht. | |
Salvini rettet vorerst nur, dass er die Verhandlungen nicht selbst führte, | |
dass er so tun kann, als habe er mit Savoinis Deals schier gar nichts zu | |
tun. Doch nicht nur die Opposition in Rom, sondern auch die | |
Staatsanwaltschaft Mailand will klarer sehen: Sie ermittelt wegen | |
„internationaler Korruption“. | |
11 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.buzzfeednews.com/article/albertonardelli/salvini-russia-oil-dea… | |
[2] /Oesterreich-nach-dem-Bruch-der-Koalition/!5595034 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
## TAGS | |
Heinz-Christian Strache | |
Schwerpunkt Korruption | |
Italien | |
Lega | |
Matteo Salvini | |
Einiges Russland | |
Heinz-Christian Strache | |
5-Sterne-Bewegung | |
Heinz-Christian Strache | |
Österreich | |
Ibizagate | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Korruptionsaffäre in Österreich: Razzia bei Ex-FPÖ-Chef Strache | |
Medienberichten zufolge sind in Österreich die Häuser von FPÖ-Politikern | |
durchsucht worden, darunter Ex-Parteichef Strache. Es geht offenbar um | |
Bestechlichkeit. | |
Italiens Innenminister in Erklärungsnot: Krach wegen Moskau-Affäre | |
Hat sich die Lega um russische Gelder bemüht? Die Fünf-Sterne-Bewegung will | |
dazu eine Stellungnahme. Doch Matteo Salvini lenkt von den Vorwürfen ab. | |
Kolumne Knapp überm Boulevard: Der Post-Ibiza-Exorzismus | |
Österreichs Interrimsregierung soll zum einen Seriösitat demonstrieren – | |
und sie soll das Land von den Strache-Dämonen erlösen. | |
FPÖ-Korruptionsskandal und die EU-Wahl: Strache verzichtet auf EU-Mandat | |
Trotz Korruptionsskandal hat FPÖler Strache ein Mandat für das EU-Parlament | |
gewonnen. Der Exvizekanzler hat nun entschieden, es nicht anzutreten. | |
Rechtsextremismus in der Literatur: Die große Differenz | |
Wer das rechte Wahlverhalten in Österreich und Ostdeutschland verstehen | |
möchte, muss sich mit dem Stadt-Land-Gefälle befassen. |