# taz.de -- Studie zur Rechten in Österreich: Persilschein für die FPÖ? | |
> Eine Komission bescheinigt den Freiheitlichen, keine große Nähe zu Nazis | |
> zu haben. Auffällig nur, dass die Experten alle aus dem Parteiumfeld | |
> stammen. | |
Bild: Alles bloß Zufälle mit den Nazi-Verbindungen? Norbert Hofer und Herbert… | |
Wien taz | Die FPÖ ist eine ganz normale Partei. Das ist die zentrale, aber | |
überraschende Aussage eines Historikerberichts über die „braunen Flecken“ | |
der Freiheitlichen Partei Österreichs. Denn keine andere Partei fällt | |
praktisch im Wochenrhythmus durch die mangelnde Distanz ihrer Funktionäre | |
zu [1][rechtsextremem Gedankengut] auf. Eine Zusammenfassung wurde | |
Montagabend vor handverlesenen Journalisten vorgestellt. | |
Die Partei sah sich zur Selbstreflexion genötigt, nachdem Anfang 2018 ein | |
Liederbuch der schlagenden Burschenschaft Germania öffentlich wurde. Dort | |
fanden sich zum Sauflied „Es lagen die alten Germanen“ ein paar | |
hinzugedichtete Strophen, darunter die Zeile: „Gebt Gas, ihr alten | |
Germanen, wir schaffen die siebte Million.“ Die FPÖ geriet in | |
Erklärungsnot, Udo Landbauer, damals Spitzenkandidat für die Landtagswahlen | |
in Niederösterreich und Vorstandsmitglied der Germania zu Wiener Neustadt, | |
musste vorübergehend zurücktreten. Die Parteiführung versprach die | |
Aufarbeitung ihrer dunklen Seiten durch eine Historikerkommission. | |
SPÖ und ÖVP hatten sich ihrer Vergangenheit schon 2015 beziehungsweise 2018 | |
gestellt. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker brachte diese Berichte | |
zur Vorstellung des FPÖ-Reports mit. Neben dem mehr als 1.000-seitigen | |
Konvolut nahmen sich diese Studien eher bescheiden aus. Hafenecker sprach | |
vom 15- bis 17-fachen Umfang und wollte damit nicht dokumentieren, dass es | |
über das Verhältnis seiner Partei zum NS-Gedankengut so viel mehr zu | |
berichten gebe, sondern dass viel gründlicher gearbeitet worden sei. | |
Das konnte die geladene Presse aber nicht bestätigen, denn in den | |
Rohbericht erhielt sie keinen Einblick. Vielmehr wurde eine 32-seitige | |
Zusammenfassung verteilt. Eine der wenigen Erkenntnisse darin: Die | |
Burschenschafter spielen in der FPÖ eine überproportionale Rolle. Wer hätte | |
das gedacht! In der vor knapp drei Monaten zerbrochenen Regierung waren die | |
meisten FPÖ-Leute Burschenschafter. | |
## Unabhängig und transparent geht anders | |
Was die Studie noch unterscheidet, ist die Zusammensetzung der Kommission. | |
Anstelle anerkannter unabhängiger Experten übergab die FPÖ einem ihrer | |
früheren Abgeordneten die Leitung, dem emeritierten Professor für deutsches | |
Recht, Wilhelm Brauneder. Er holte sich hauptsächlich ideologische | |
Weggefährten wie den Historiker Lothar Höbelt und den | |
Ex-FAZ-Korrespondenten Reinhard Olt. Wer noch mitwirkte, blieb bis zuletzt | |
geheim. Eine „Referenzgruppe“ unter der Leitung des Parteiideologen Andreas | |
Mölzer wachte über die Arbeiten. | |
Angesprochen auf den wenig selbstkritischen Charakter der Studienauszüge, | |
belehrte er die Presse: „Sie meinen, Selbstkritik ist nur, wenn man | |
Negatives sagt. Das ist nicht richtig.“ Es gehe um das Gesamtbild, und da | |
wäre es fatal, nur die „sogenannten braunen Flecken“ herauszunehmen. Das | |
Verhältnis zu den [2][rechtsextremen Identitären] wurde nicht beleuchtet. | |
Das sei, so Brauneder, „zu zeitnah, um etwas Historisches drüber zu sagen“. | |
Zeithistoriker wie Oliver Rathkolb hatten den Bericht vorher als | |
„unprofessionell“ kritisiert. Er widerspreche wissenschaftlichen Standards | |
wie Transparenz. Rathkolb vermisste die Einbeziehung wissenschaftlicher | |
Fakultäten und renommiertester Experten, wie der | |
Rechtsextremismus-Spezialistin Margit Reiter. Reiter, die im Herbst ein | |
Buch über die FPÖ veröffentlicht, widersprach im Ö1 am Dienstag der These, | |
die FPÖ könne auf eine Stufe mit den anderen Parteien gestellt werden: „Das | |
kann man einfach nicht vergleichen“, denn die FPÖ sei ja ein Sammelbecken | |
für Altnazis gewesen und habe sich immer dadurch ausgezeichnet, „nach innen | |
hin sehr stark die nationalen, auch NS-affinen Referenzen zu verbreiten und | |
nach außen hin sich abzugrenzen“. | |
Bevor der gesamte Bericht veröffentlicht wird, will die Kommission eine Art | |
Gütesiegel aus Israel einholen. Rathkolb ist aber kein israelischer | |
Historiker bekannt, der sich mit der Thematik befasst hätte. | |
6 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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