| # taz.de -- Die Wahrheit: Geld her! Oder ich scheiße auf Sie! | |
| > Es müffelt arg im Hause Hohenzollern. Ein Besuch beim Familienoberhaupt | |
| > Georg Friedrich Prinz von Preußen, dem Erbschleicher des Kaiserthrons. | |
| Bild: Gut lachen hat der Geschichtsschnorrer von Preußen | |
| Georg Friedrich Prinz von Preußen empfängt uns in seiner Potsdamer | |
| Exilvilla. Es riecht etwas streng in den Räumlichkeiten. Ob er nach seinem | |
| morgendlichen Throngang vielleicht vergessen hat zu lüften? „Nein, nein“, | |
| knöselt der smarte Preußenschlacks und strahlt dabei über das ganze | |
| Laternengesicht, „das ist weiß Gott kein Kaiserstuhl, der da so stinkt, | |
| sondern es sind die sterblichen Überreste meiner Vorfahren – Sie wissen | |
| schon, sofern Sie in Geschichte nicht gepennt haben. Die lagern wir hier | |
| ein, bis uns Sanssouci wieder gehört. Dann wird das Zeug dort in der | |
| kaiserlichen Gruft verklappt.“ Er bietet uns Tee und was zum Schnabulieren | |
| an – klar, Prinzenrolle, seinen Lieblingskeks. | |
| Wie er eigentlich angesprochen zu werden wünscht, fragen wir den Clanchef | |
| dann vorsichtshalber. Denn so viel immerhin wissen wir: Prinz Schorsch darf | |
| ihn laut Hohenzollern’schem Hausgesetz nur seine Gattin nennen. Er aber | |
| will unbedingt als direkter Nachkomme der deutschen Kaiser wahrgenommen | |
| werden, und die waren alle von Gottes Gnaden. „Ach, sagen Sie einfach | |
| Majestät oder Kaiserliche Hoheit zu mir, dann können wir uns das förmliche | |
| Herr von Preußen sparen. Immer schön locker bleiben, so lautet meine | |
| Devise!“ | |
| So locker wie die Schrauben Seiner Kaiserlichen Hohlheit, könnte man nach | |
| den neuesten Frechheiten der Hohenzollern meinen. Fordern die Erbschleicher | |
| des deutschen Kaiserthrons doch allen Ernstes Geld und Immobilien zurück, | |
| die als Resultat der Geschichte längst nicht mehr im Besitz der morschen | |
| Kriegstreiber sind. | |
| „Majestät“, heben wir also an, aber er unterbricht uns unwirsch: „Wissen | |
| Sie, was das ist?“ Er zeigt uns eine Art Zollstock, und wir versuchen es | |
| fragend mit: „Ein Zollstock?“ – „Mitnichten!“, bricht es da gleich ei… | |
| Zacken aus der ihm und seinem Geschmeiß hoffentlich nie mehr zustehenden | |
| Krone. | |
| ## Flottes Maßnehmen | |
| „Das ist ein Hohenzollernstock. Der hat drei Klafter mehr als so ein | |
| piefiger bürgerlicher Zollstock. Und wissen Sie auch warum? Damit geht das | |
| Maßnehmen viel flotter – vor allem, wenn man ständig sehr viele und sehr | |
| große Räume auszumessen hat“, fügt er vielsagend hinzu. Will er damit auf | |
| seinen künftigen Wohnsitz anspielen? | |
| Konkret bemühen die Hohenzollern sich ja gerade um diverse Wohnrechte – | |
| nein, nicht für die nächstbeste Justizvollzugsanstalt, was, ginge es | |
| gerecht zu in Deutschland, selbstverständlich nur gerecht wäre. Sondern für | |
| das hochwohlrenovierte Schloss Cecilienhof. Zum Beispiel. Aber der Prinz | |
| winkt huldvoll ab. | |
| „Da heißt es in den Medien jetzt immer, die Hohenzollern wollen Schlösser | |
| haben“, gackert er plötzlich so heftig los, dass die Pickelhaube auf seinem | |
| leider noch ziemlich fest sitzenden Kopf nur so wackelt. „Dabei reichen uns | |
| notpfalz auch die zwei, dreihundert Burgen aus dem einstigen | |
| Familienbesitz. Plus ein paar Kathedralen, die Karstadt- und | |
| Galeria-Kyffhäuser, ein, zwei Königreiche und die ganzen Kunstschätze | |
| natürlich, die uns von den Kommunisten gestohlen wurden.“ Wir schauen uns | |
| verstohlen an. Das wussten wir gar nicht. Dass wir seine Kunstschätze | |
| haben. | |
| „So, und jetzt Schluss mit dem Palaver!“ Ein Zucken seines Kaisersteckens | |
| reicht, schon kommt eine preußisch-königliche Kutsche angeschoben, in der | |
| wir kurz darauf von zwanzig eigens ausgewählten Bürgern – „meine langen | |
| Kerls“, wie der Prinz vorne auf dem Bock peitschenknallend ausruft – durch | |
| Potsdam geschaukelt werden. Mit dabei auch jener Ex-Oberbürgermeister, der | |
| sich schon einmal als ganz besonders dienstbarer Büttel erwies. | |
| ## Kotau vor Höchstadel | |
| Im Jahr 2011 ließ es sich dieser Sozialdemokrat nicht nehmen, den | |
| preußischen Schlossherrn standesamtlich zu trauen – anstatt ihn | |
| standrechtlich erschießen zu lassen. Wie das aber in Deutschland noch kaum | |
| ein Hohenzollern hat befürchten müssen. Schon gar nicht von einem | |
| Sozialdemokraten. | |
| Und auch das, fällt uns noch ein, ist ein bis heute ungeahndet gebliebener | |
| Kotau vor dem Höchstadligen: dass das deutsche Fernsehen für die | |
| Liveübertragung seiner Hochzeit drei Stunden Sendezeit freiräumte. | |
| ARD-Hofberichterstatter Rolf Seelmann-Eggebert moderierte das Ganze damals | |
| noch katzbuckelnder als gewohnt. Wofür ihm eigentlich ein möglichst | |
| schwerer Verdienstorden angetackert gehörte – und zwar an die Hoden. | |
| Als jetzt die Kutsche ein Denkmal des sogenannten Alten Fritz passiert, | |
| zeigt der Prinz erst auf dessen, dann auf seinen Hals, bevor er doziert: | |
| „So viel ist sicher. Der Strick, den man ihm damals schon nicht umlegte, | |
| wird auch mir niemals geknüpft werden. – Dabei gibt’s hier doch überall so | |
| passable Laternen“, lacht es dann reichlich unköniglich aus ihm heraus, | |
| bevor er sich entschuldigt. Er müsse noch zu seinem Leibarzt. Hoffentlich | |
| was Ernstes, wollen wir ihm gerade wünschen, doch der Prinz wiegelt ab: | |
| „Nee, nur Blut färben. Das könnte ruhig ein bisschen AfD-blauer sein.“ | |
| 7 Aug 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Fritz Tietz | |
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