| # taz.de -- DNA-Analyse für die Strafverfolgung: Stigmatisierung verbieten | |
| > Erweiterte DNA-Analysen sollte man nicht pauschal verurteilen. Aber ihre | |
| > Zuverlässigkeit müsste erstmal sichergestellt werden. | |
| Bild: Sollen bei der Fahndung weiterhelfen: menschliche Chromosome | |
| Die Pläne der neuen Justizministerin Christine Lambrecht werden noch für | |
| viel Diskussionen sorgen. Künftig sollen Tatortspuren eines mutmaßlichen | |
| Täters auch auf Hautfarbe, Alter und andere Merkmale [1][untersucht werden | |
| können]. | |
| Vor allem die Hautfarbe ist umstritten. Denn nützlich für die Fahndung ist | |
| nur eine ungewöhnliche Hautfarbe. War der Täter wahrscheinlich hellhäutig, | |
| ist dies in Deutschland meist kein allzu interessanter Hinweis. Ein | |
| dunkelhäutiger Täter ist dagegen die Ausnahme. Also ist die Information | |
| polizeilich relevanter. | |
| Das allein spricht aber noch nicht gegen die neue Methode. Denn natürlich | |
| darf die Hautfarbe für Fahndungszwecke genutzt werden. Wenn ein Zeuge einen | |
| Dunkelhäutigen gesehen hat, kann die Polizei diese Information nicht | |
| ignorieren.. | |
| Es wäre kontraproduktiv, wenn eine Technik nur deshalb abgelehnt würde, | |
| weil mit ihrer Hilfe auch äußere Merkmale eines Menschen festgestellt | |
| werden können. Dies würde nur zum Vorwurf führen, bestimmte Gruppen würden | |
| gezielt vor Strafverfolgung geschützt. | |
| Falls die Ermittler die neue Technik anwenden, müsste sich auch nicht | |
| automatisch eine Öffentlichkeitsfahndungen anschließen. Die Polizei könnte | |
| das Testergebnis auch erst einmal als Informationen für die | |
| nicht-öffentlichen Ermittlungen nutzen. Wenn sich aus einem Fasergutachten | |
| ergibt, dass der Täter vermutlich einen blauen Pullover trug, steht das am | |
| nächsten Tag auch nicht in der Zeitung. | |
| Bedenklich wäre aber, wenn die Feststellung der wahrscheinlichen Hautfarbe | |
| des Täters regelmäßig zu Massen-Gentests in der jeweiligen Gruppe führen | |
| würde. Es kann nicht sein, dass jedes Mal, wenn ein Täter schwarze | |
| Hautfarbe hat, alle schwarzen Männer der Gegend zum Gentest aufgefordert | |
| werden. | |
| Hauptkritikpunkt ist aber die bisherige Kommunikation über die erweiterte | |
| DNA-Analyse. Hier wird viel zu sehr der Eindruck erweckt, dass die neue | |
| Methode verlässliche Ergebnisse liefert. Immer wieder heißt es aus | |
| Polizeikreisen, so könne die Zahl der möglichen Täter „eingeschränkt“ o… | |
| „eingegrenzt“ werden. Das stimmt eben nicht. [2][Die Technik liefert nur | |
| Wahrscheinlichkeiten.] So können „blonde Haare“ nur mit 70-prozentiger | |
| Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. | |
| Die Gesetzgebung kommt wohl einfach noch zu früh. Hier soll eine | |
| offensichtlich unausgereifte Technik eingeführt werden. Und zwar nicht, | |
| weil sie polizeilich erforderlich ist, sondern weil es in bestimmten | |
| Kreisen chic erscheint, die Hautfarbe für Fahndungszwecke zu nutzen. | |
| 1 Aug 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Gesetzentwurf-zur-DNA-Fahndung/!5614949 | |
| [2] /Molekularbiologin-ueber-DNA-Fahndung/!5613000 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| DNA-Test | |
| Racial Profiling | |
| Justizministerium | |
| Strafprozess | |
| DNA-Test | |
| DNA-Test | |
| Kriminalität | |
| Datenschutz | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Justizministerin zur DNA-Strafverfolgung: „Das ist keine Stigmatisierung!“ | |
| Die Polizei soll aus genetischen Tatortspuren auch die Hautfarbe des Täters | |
| prognostizieren. Die Justizminiserin Christine Lambrecht sieht darin kein | |
| Problem. | |
| Gesetzentwurf zur DNA-Fahndung: Mit Haut und Haaren | |
| Ermittler sollen durch DNA-Analyse Haut- und Haarfarbe von Tätern | |
| feststellen dürfen. In dem Entwurf heißt es, der Eingriff ins | |
| Persönlichkeitsrecht sei „verhältnismäßig“. | |
| Molekularbiologin über DNA-Fahndung: Es geht nicht um „helle Haut“ | |
| Die Molekularbiologin Isabelle Bartram warnt vor Racial Profiling und | |
| anderen Gefahren der erweiterten DNA-Analyse. | |
| Datenschutz bei Gentests: Gefährliches Wissen | |
| Firmen wie „23andMe“ verkaufen Tests, mit denen man seine Gene auswerten | |
| lassen kann. Wie die Daten genutzt werden, verschleiern sie. |