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# taz.de -- Kolumne Geht's noch: Rauchfrei und weltfremd
> Die schwedische Regierung träumt von einem rauchfreien Land. Auch in
> Deutschland werden Verbote gefordert. Eine Verteidigung der
> Spielplatz-Kippe.
Bild: Ja, auch Eltern rauchen – auf dem Spielplatz sind die Kinder wenigstens…
Gestern Nachmittag auf dem Gehweg: Ein nervös aussehender junger Mann hält
mir sein Smartphone entgegen. Darauf steht, von einer Übersetzungs-App
ausgespuckt, der Satz: „Darf ich hier rauchen?“ Ich nicke irritiert und er
wirkt so erleichtert, als hätte ich ihm gerade gesagt, dass der
Zodiac-Killer endlich gefasst ist.
Kein Wunder, denn in einigen Ländern ist das Rauchen inzwischen auch an der
frischen Luft so streng reglementiert, dass man sich eigentlich nur
versteckt zwischen zwei Mülltonnen eine anstecken kann. In den USA ist das
so, dort befindet man sich beim Verlassen des
25-Fuß-Nichtraucher-Bannkreises, der um die meisten Hauseingänge gezogen
ist, meistens schon wieder im nächsten. Woher soll ein Tourist also wissen,
dass das in Deutschland immer noch recht lax gehandhabt wird?
Noch. Denn aus Schweden weht gerade ein neuer nikotinfreier Wind, der
Politiker*innen in Europa inspiriert, die Raucher*innenbereiche im
öffentlichen Raum weiter einzuschränken. Denn in Schweden darf seit dem 1.
Juli auch nicht mehr vor Gaststätten geraucht werden. Sie wissen schon, vor
der Tür, da wo der nette Teil des Abends stattfindet. Auch verboten ist das
Rauchen auf Spielplätzen. Und die schwedische Regierung geht noch weiter
und fantasiert sich ein komplett rauchfreies Schweden bis 2025 herbei.
Das zum Anlass genommen, um auch für Deutschland strengere Rauchverbote zu
fordern, hat jetzt der drogenpolitische Sprecher der FDP, Wieland
Schinnenburg. Der sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland,
man solle sich hierzulande ein Vorbild an Schweden nehmen. Das ist – bei
aller Rücksicht auf das Wohlbefinden der Nikotinfreien – ziemlich
weltfremd.
## Party geht dann künftig zwischen den Mülltonnen ab
Ausgerechnet das Rauchen auf dem Spielplatz verbieten zu wollen, dem
einzigen Ort, wo Eltern ihre Kinder mal für fünf Minuten auf mehr als drei
Meter Abstand halten können. (Ja, Eltern rauchen. Beruhigen Sie sich.) Oder
vor Kliniken und Pflegeheimen, wo hier in Berlin seit letztem Jahr das
Rauchen offiziell verboten ist. Damit sich Kranke und gebrechliche Leute
bitte noch weiter zu ihrer Zigarettenpause schleppen müssen. (Ja, Alte und
Kranke rauchen. Atmen Sie einfach weiter.) Und am besten irgendwann auf
allen öffentlichen Plätzen und Straßen – weil Rauchentwöhnung ja am besten
funktioniert, indem man Rauchende unter Stress setzt.
Ich habe schlechte Nachrichten an alle, die von einer rauchfreien Welt
träumen: Die Party geht dann künftig zwischen den Mülltonnen ab.
7 Jul 2019
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Rauchen
Rauchverbot
Nikotin
Geht's noch?
007
Nichtrauchen
Zigaretten
E-Zigaretten
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