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# taz.de -- Schönes Bayern: Mähroboter und Misthaufen
> Bayern will einem besonders heimatverbundenen Dorf einen Preis verleihen.
> Wie bewertet das ein Dorfbewohner? Geht es noch heimatverbundener?
Bild: Hach, Heimat: Hütte in Bayern
Der bayerische Heimatminister hat einen Wettbewerb ausgerufen, dass ein
Dorf in Bayern, das besonders heimatverbunden ist und eine Lebensqualität
zu bieten hat, einen Preis kriegt.
„[1][Mit dem Wettbewerb Gütesiegel Heimatdorf 2019]“, hat es geheißen –…
hab’s mir aufschreiben müssen, weil es so schön ist, „begibt sich das
Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (StMFH) auf die
Suche nach kleinen Gemeinden, die mit überragender Lebensqualität und
besonderer Heimatverbundenheit ihrer Bewohner für das bayerische
Heimatgefühl unverzichtbar und Vorbild für andere Gemeinden sind.“
Das hat der Minister Füracker gesagt, und unsere Bürgermeisterin, die
Hinterberger-Carola, die hat gesagt, da machen wir mit, weil es da nicht
bloß eine Urkunde und alles gibt, sondern auch so 50- bis 60.000 Euro, und
das wäre doch was.
Wir haben ja einen Maibaum und den Kirchplatz hergerichtet. Und ein
Bürgerheim mit Pokalen vom Schützenverein und Fahnen und alles, das ist
doch eine Heimatverbundenheit. Wenn wir gewinnen, kommt das Fernsehn und
alles, und wir haben ja auch „Urlaub auf dem Bauernhof“ und im
Gewerbegebiet Nord eine Kletterhalle.
Auch in der Tauberbachstraß’ ist man sehr heimatverbunden. Also da war
früher ein Bach, der hat Tauberbach geheißen, aber den hat man dann halt
zuschütten müssen, wegen der neuen Häuser, die man da gebaut hat. Von den
Leuten sieht man nicht so viel, die sind in der Stadt beim Arbeiten, so
Mänädscher und Banker und Inscheniöre und alles. Aber die Leute haben alle
ihre Landlust und die Trachten Trends und Mein schöner Bauerngarten
abonniert.
## Ein Heimatkrimi für die Bindung
Also, sonst is eher nicht viel interessant in der Tauberbachstraß’, wenn
man sich nicht für Mähroboter und so Autos interessiert, die so ausschauen,
wie wenn man einen Bulldog zusammengeschrumpft hätt. Alle Kinder haben da
die gleichen Baumhäuser und Trampolins.
Der Huberbauer, das ist so ein ganz altmodischer. Der hat immer noch einen
Misthaufen und Henna und auch an Hahn. Da regen sich die Leut immer
furchtbar auf, weil ihnen das stinkt und weil ihnen das Kikeriki zu laut
is. Weil, das hat in der Landlust und in Trachten Trend nicht gestanden,
dass es auf dem Land einen Misthaufen und einen Hahn gibt, der wo schreit.
Da geht es dann im Bürgerheim schon einmal hoch her, aber jetzt müssen wir
doch alle zusammenhalten, wegen dem Preis für die Heimatverbundenheit. Hat
der Lampl auch gesagt. Der war einmal ein Lehrer und ein Linker, und der
trägt noch heute eine Texas-Hose zum Trachtenjanker. Jetzt schreibt er so
Gedichte für die Zeitung und alles. Und er sagt, er schreibt auch einen
Heimatkrimi, da wo unser Dorf vorkommt, er weiß nur noch nicht, wer da
ermordet werden muss, weil einen Mord gibt es schon auch in einem
Heimatkrimi.
Aber da hat er schon seine sechste Halbe Bier dringehabt. Und ich glaub
nicht, dass der Lampl noch einmal einen Heimatkrimi schreiben tut, weil er
so viel Bier trinkt. Aber für eine Heimatverbundenheit wär des schon schön.
Neulich hab ich doch einmal mit der Frau Bollmann geredet, in der
Tauberbachstraß’, und da hab ich sie gefragt, ob sie eppad weiß, ob die
Frau Merkel vielleicht Pakistan hat. Weil der Josef, der wo mein Schwager
ist, der hat gesagt, das hat beim Muhammad Ali auch so angefangen, und dann
hat er Pakistan gehabt.
## Darf es noch ein bisschen mehr Heimat sein?
Aber die Frau Bollmann hat gesagt, das weiß sie nicht, weil sie ist zwar
aus Berlin, aber deswegen weiß sie doch nicht gleich alles politisch. Und
ich hab gesagt, ich bin in der CSU, und deswegen bin ich doch auch nicht
gleich politisch. Und dann hat die Frau Bollmann lieber von ihren Kohlrabi
geredet, weil die sind nämlich basisch oder so und deshalb so gesund. Ja
mei, das kann schon sein, aber ich mag trotzdem keinen Kohlrabi.
Ursprünglich hätt ja ein Flüchtlingsheim zu uns kommen sollen, aber das hat
man schon verhindert. Weil, wie schaut denn das aus, wenn da lauter so
Flüchtlinge sind, da glaubt einem doch niemand die Heimatverbundenheit
mehr. Dann hätten sie ja eher einen Menschenverbundenheitspreis stiften
müssen, aber für so was ist ja kein Heimatminister da.
Obwohl, ich sag’s Ihnen ganz ehrlich. Manchmal glaub ich, dass ich leichter
mit so ein paar Flüchtlingen reden könnt als mit denen von der
Tauberbachstraß’. Aber das sag ich nur Ihnen allein, weil wenn’s um Heimat
geht, dann versteht man keinen Spaß in unserem Dorf.
Weil wir davon reden. Ich hab dann die Bürgermeisterin, also die
Hinterbergerin, mit der bin ich ja zur Schul’ gangen, gefragt, ob man mit
dem Geld, des wo wir gewinnen, vielleicht eine bessere Busverbindung
kriegen täten oder ob man gar einen Doktor ins Dorf bringen könnt. Aber da
hat sie nur gelacht, die Carola, und hat mir das vorgelesen, von dem
Füracker: „Bayernweit werden zwei Gemeinden je Regierungsbezirk prämiert.
Jede ausgezeichnete Gemeinde erhält im Rahmen einer festlichen
Veranstaltung ab Frühjahr 2019 eine Geldprämie in Höhe von 50.000 Euro bzw.
60.000 Euro bei Lage der Gemeinde im Raum mit besonderem Handlungsbedarf …
Die Prämie ist zweckgebunden und für Maßnahmen zur weiteren Verbesserung
der Lebensqualität und Heimatverbundenheit vor Ort zu verwenden.“
Die Carola hat g’sagt, dass ma also das Preisgeld nur verwenden darf, damit
man noch heimatverbundener wird. Vielleicht kriegen wir dann einen Löwen
aus Schmiedeeisen für das Bürgerheim oder einen größeren Fahnenmast davor
oder Heimatmaßkrüg’, was weiß ich.
Und da hab ich der Bürgermeisterin g’sagt: Also, wenn unser Dorf noch
heimatverbundener wird, dann halt ich das nimmer aus, dann geh ich fort,
vielleicht nach Texas oder sogar auf Berlin. Aber das war natürlich nur ein
G’spaß. Weil, das weiß ich schon selber, dass ich aus dem
herrgottverdammten Mistdorf meiner Lebtag nie nicht hinauskomm.
30 Jul 2019
## LINKS
[1] http://www.heimat.bayern/heimatdorf/
## AUTOREN
Georg Seeßlen
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