# taz.de -- „Sea Watch 3“ vor Lampedusa: Angesteuert, aber nicht im Hafen | |
> Der Seenotretter der deutschen NGO „Sea Watch“ liegt weiter im Meer vor | |
> Lampedusa. Italiens Innenminister Salvini wettert gegen die Kapitänin. | |
Bild: Doch noch nicht angelegt: die „Sea Watch 3“, wenige Seemeilen von Lam… | |
ROM taz | Mit dem Vordringen der „Sea Watch 3“ in italienische | |
Hoheitsgewässer geht die Auseinandersetzung zwischen der deutschen NGO und | |
der italienischen Regierung in die nächste Runde. Am Mittwochmittag nahm | |
das Rettungsschiff, das seit mehr als zwei Wochen 42 aus Seenot gerettete | |
Migranten an Bord hat, Kurs auf Lampedusa. Italien hatte zuvor ein Verbot | |
ausgesprochen. Das ignorierte die [1][Kapitänin Carola Rackete], wie auch | |
eine zusätzliche Halteaufforderung, die von einem Patrouillenboot der | |
Finanzpolizei aus ausgesprochen wurde. Sie stoppte das Schiff dann jedoch | |
drei Seemeilen vor dem Hafen. | |
Italiens Innenminister Matteo Salvini zeigt sich erzürnt über das Vorgehen. | |
Am Mittwoch sagte er in einem Videopost auf Facebook, ein „gesetzloses | |
Schiff“ sei da unterwegs, das „für seine politische Spielchen das Leben von | |
dutzenden Flüchtlingen aufs Spiel“ setze, das als „Komplize der Schleuser�… | |
agiere. | |
Außerdem kritisierte Salvini die Niederlande, unter deren Flagge die „Sea | |
Watch“ fährt, sowie Deutschland. Die Regierungen der beiden Länder müssten | |
sich ihrer Verantwortung stellen, verlangt der Minister, statt sich „um | |
nichts zu scheren“. Überhaupt sei Europa wieder einmal abwesend. „Ein | |
holländisches Schiff, das einer deutschen NGO gehört, verletzt | |
italienisches Recht – ist das ein Scherz?“, erregt sich Salvini in dem | |
Beitrag „im Namen von 60 Millionen Italienern“. | |
Unverblümt fordert er die Staatsanwälte zum Handeln auf. Es werde doch wohl | |
jemanden geben, „der einen Haftbefehl ausstellt“, schließlich habe die „… | |
Watch“ den von der Finanzpolizei gegebenen Befehl zum Stopp missachtet, das | |
sei so, „als wenn jemand an einem Kontrollposten der Polizei nicht anhält“. | |
Salvinis Koalitionspartner von den Fünf Sternen gehen zwar leise auf | |
Distanz. Luigi Di Maio, Fünf-Sterne-Chef und Vizepremier, erklärte: „Wenn | |
wir den ganzen Sommer damit verbringen, mit den NGOs zu streiten, haben wir | |
schon verloren“. Dann aber wetterte auch er gegen die „Sea Watch“, die mit | |
ihrer Aktion bloß Werbung für sich treibe, die in den letzten zwei Wochen | |
doch auch Malta, Griechenland oder Spanien hätte ansteuern können. | |
Solidarisch mit der deutschen NGO und den Flüchtlingen zeigt sich in | |
Italien nur die linke Opposition. Mehrere ihrer Abgeordneten begaben sich | |
am Mittwochabend nach Lampedusa. Der Vorsitzende der Partito Democratico, | |
Nicola Zingaretti, warf Innenminister Salvini „eine makabre Inszenierung“ | |
vor. | |
## Salvini will ein Exempel statuieren | |
Damit erreicht die Auseinandersetzung zwischen „Sea Watch“ und der | |
italienischen Regierung ihre nächste Eskalationsstufe. Am 12. Juni hatte | |
die NGO vor der libyschen Küste [2][zunächst 53 Migranten aus Seenot | |
gerettet]. | |
Italiens Innenminister und Lega-Chef Salvini hatte umgehend wissen lassen, | |
nie und nimmer würden die Flüchtlinge in Italien an Land gehen. Wenige Tage | |
vor der Rettungsaktion hatte Italien das von Salvini aufgesetzte | |
„Sicherheitsdekret 2“ verabschiedet. Danach wird schon die nicht | |
autorisierte Einfahrt eines Schiffs in die Hoheitsgewässer des Landes zum | |
illegalen Akt. Ein Schiff, das Flüchtlinge an Bord hat, kann beschlagnahmt | |
werden, außerdem kann eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro verhängt werden. | |
Salvini ist fest entschlossen, an der „Sea Watch“ das Exempel der weiteren | |
Verschärfung seiner Politik der „geschlossenen Häfen“ zu statuieren. Er | |
hatte zwar in den Tagen nach dem 12. Juni elf Passagieren – Frauen, | |
Kindern, einem gesundheitliche angeschlagenen Mann – den Landgang | |
gestattet, für alle anderen aber verweigert er kategorisch die Einreise. | |
Seinetwegen könnten sie „bis Weihnachten“ an Bord der „Sea Watch“ blei… | |
hatte er in den letzten Tagen getönt. | |
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EMGR) [3][bestätigte am | |
Dienstag], dass Italien das Schiff nicht anlegen lassen muss und lehnte | |
dami einen Eilantrag der „Sea Watch“ ab. Italiens Behörden müssten jedoch | |
denjenigen, die Schutz gewährleisten, die aufgrund ihres Alters oder | |
Gesundheitszustandes besonderen Schutz benötigten. | |
27 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kapitaenin-ueber-Sea-Watch-Situation/!5606254 | |
[2] /Sea-Watch-3-mit-geretteten-Migranten/!5602878 | |
[3] /Urteil-ueber-Rettungsschiff-vor-Lampedusa/!5606196 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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