# taz.de -- Die Wahrheit: Die Nacht im Kanzlerhauptquartier | |
> Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Heute darf sich die geneigte | |
> Leserschaft an einem Poem über drei Damen vom Berliner Politgrill | |
> erfreuen. | |
Da musste nicht nur Merkel zittern, | |
wir alle war’n am Ende. | |
Der Angstschweiß quoll und floss in Litern, | |
wir falteten die Hände. | |
Denn von der Leyen hielt schon Stunden | |
die Rede ihres Lebens. | |
Es schien kein Manuskript gefunden, | |
die Suche wohl vergebens. | |
Es war ein Schock! In wirren Sätzen | |
erscholl ein welsches Sprachgemisch. | |
Die Delegierten auf den Plätzen | |
erstarrten Richtung Rednertisch. | |
Das war nicht mehr normales Sprechen, | |
sie sprach mit tausend Zungen. | |
Ein Potpourri war’s, Radebrechen, | |
wie Babylon entsprungen. | |
Sie brachte alles durcheinander. | |
„Löropp“ und „Juropp“, hü und hott, | |
ein zügelloses Wortmäander, | |
mehr polyphon als polyglott. | |
Auch in Berlin lief da ein Schauer | |
des Grauens durch das Kanzleramt, | |
und Merkel und Kramp-Karrenbauer | |
entwich synchron das Wort „Verdammt!“ | |
Man hatte doch die von der Leyen | |
nur deshalb los- und hingeschickt, | |
damit wer aus den eig’nen Reihen | |
bestimmt, wie ganz Europa tickt. | |
Nun das! Mit endlosen Versprechen, | |
es allen recht zu machen, | |
schien sie sich an Berlin zu rächen. | |
Welch undankbarer Drachen! | |
Und mitten im Geburtstagsständchen | |
wies Merkel in Gedanken | |
mit ihrem unfehlbaren Händchen | |
die Hexe in die Schranken. | |
Da war ja noch der alte Posten, | |
den Uschi jetzt zum Glück verließ. | |
Die Neubesetzung auszukosten, | |
war Merkel mal besonders fies. | |
Sie tätschelte Kramp-Karrenbauer, | |
um sie dann einzuweihen | |
in ihren Racheplan, genauer: | |
ins Los von von der Leyen. | |
„Hier ist der Schlüssel, Annegret! | |
Du weiß ja, wo der Panzer steht!“ | |
18 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Umbach | |
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