# taz.de -- „Fair“ gehandelter Kaffee: Bitterer Beigeschmack | |
> Viele Konsumenten kaufen fairen Kaffee mit gutem Gewissen. Doch der | |
> Preisaufschlag, der in Deutschland für „fair“ gezahlt wird, ist zu | |
> gering. | |
Bild: Die Misere liegt am System des globalen Handels – es treibt viele Kaffe… | |
Hmmm, heute schon ein Tässchen Kaffee genossen? Wenn, dann bestimmt den | |
fairen, oder? Weil fairer Robusta und Arabica nicht nur gut schmecken, | |
sondern auch noch das Gefühl geben, etwas Gutes getan zu haben: Für die | |
armen Erzeugerländer im globalen Süden. Fairer Kaffee ist ein | |
Wohlfühlprodukt. Aber die Wahrheit auch über diesen Kaffee ist bitter – vor | |
allem für die ProduzentInnen. Zwar stammt jede zwanzigste Tasse Kaffee, die | |
in Deutschland getrunken wird, [1][mittlerweile aus fairem Handel]. Das ist | |
ein Erfolg. Und doch ist der Preisaufschlag, der hierzulande für „fair“ | |
gezahlt wird, vergleichsweise lächerlich. Er bringt nur im Norden | |
Wohlgefühl. Wäre er höher und nachhaltiger, wäre fairer Kaffee hier nicht | |
mehr so beliebt. | |
Die Misere liegt am etablierten System des globalen Handels. Es treibt | |
derzeit Hunderttausende Kaffeebauern in den Ruin. Weil sich der Anbau | |
vielerorts auch wegen des Klimawandels nicht mehr lohnt, setzen einige | |
ProduzentInnen auf Coca. Oder sie fliehen gen Norden. Wer konventionell | |
anbaut, bekommt die Produktionskosten nicht mehr herein, wer unter fairen | |
Bedingungen produziert, erzielt bei den derzeit historisch niedrigen | |
Börsenpreisen keine Rendite. Gleichzeitig stoßen sich Konzerne, Röster und | |
Baristas im Norden am Modeprodukt Kaffee gesund. | |
Dabei gibt es Lösungen für diese unfassbare Unverhältnismäßigkeit. | |
Vergleichsweise moderat: die Streichung der Steuer für fairen Kaffee. | |
CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller fordert sie, allerdings wohl wissend, | |
dass SPD-Finanzminister Olaf Scholz sie nicht mittragen wird. Da wir 2,19 | |
Euro pro Kilo Röstkaffee zahlen, fehlten dem Fiskus etwa 80 Millionen Euro. | |
Effizienter und ehrlicher: nachprüfbare Verpflichtung hiesiger Firmen, in | |
ihren Lieferketten die Würde der ProduzentInnen zu achten. Nur wer Produkte | |
unter menschenwürdigen Bedingungen herstellen lässt, soll sie hier in die | |
Supermarktregale stellen dürfen. Fairer Lohn, faires Einkommen, faire | |
Behandlung, faire Arbeitszeiten, keine Kinderarbeit – und enkeltaugliche | |
Produktion ohne Pestizide. Am besten natürlich: das alles nicht nur für | |
Kaffee. | |
18 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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