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# taz.de -- Social-Media-Steuer in Uganda: Erst zahlen, dann chatten
> Seit einem Jahr gibt es in Uganda nun die Soziale-Medien-Steuer. Kritiker
> sehen darin einen Eingriff in die Redefreiheit und klagen.
Bild: Popstar Bobi Wine kam vor Gericht, weil er gegen die Social-Media-Steuer …
Kampala taz | Abdulhakim Kawenja parkt sein Taxi am Straßenrand in der
ugandischen Hauptstadt Kampala und greift zu seinem Smartphone. Über die
Uber-App hat eben ein Kunde eine Fahrt beantragt, doch bevor der 26-jährige
Fahrer sie bestätigen kann, ruft er seine VPN-App auf. Er gibt darin ein,
er befinde sich in Kanada, nicht Uganda, und sei online. „Ich bin einer von
vielen in Uganda, die die Onlinesteuer boykottieren und die Restriktionen
über VPN umgehen“, erklärt er und bestätigt seinem Kunden die Fahrt.
Die Steuer OTT (Over the Top Tax), auch Soziale-Medien-Steuer genannt,
wurde in Uganda letztes Jahr eingeführt. Um Plattformen wie Facebook,
WhatsApp, Dating-Webseiten und ähnliche Anwendungen nutzen zu können,
müssen die Ugander täglich 200 Schillinge (ungefähr 0,04 Euro) über ein
Onlinesystem an die Steuerbehörde zahlen, bevor sie auf diese sozialen
Dienste zugreifen können.
„Wir haben als Regierung festgestellt, dass mehr Leute mittlerweile online
kommunizieren, als sie telefonieren“, erklärt Vincent Semura, Sprecher von
Ugandas Steuerbehörde (URA), den Grund der Steuereinführung. Dies führe im
Staatshaushalt zu Lücken, weil die Telekommunikationsfirmen, immerhin die
größten Steuerzahler im Land, bislang auf den Datenkonsum keine Steuern
zahlen. Die OTT-Steuer solle dies ändern. Doch ein Jahr nach der Einführung
muss auch Semura zugeben: Es wurden nur 17 Prozent der Steuern eingenommen,
die eigentlich angepeilt waren. Der Grund, so Semura: „Viele Leute benutzen
VPN oder verändern ihr Internetverhalten“.
Ugandas Telekommunikationsbehörde UCC hat seit Einführung der Steuer einen
Rückgang der der Zahl der Internetnutzer verzeichnet: um über 30 Prozent –
das sind rund drei Millionen Menschen. Dabei ist das Ziel der Regierung
eigentlich die Verbreitung des Internets, vor allem in den ländlichen
Regionen. Landesweit werden derzeit Glasfaserkabel verlegt. „Die
Bevölkerung realisiert nicht, dass wir in den Ausbau der Infrastruktur
investiert haben, dies muss auch finanziert werden“, so Semura.
## Einschränkung der Meinungsfreiheit
Die Steuer war von Anfang an umstritten, und die Opposition rief
vergangenen Juli zu Protesten auf. Die Polizei feuerte Tränengas und
Gummigeschosse auf die Demonstranten. Viele gingen frustriert nach Hause
und entschieden sich, wie Fahrer Kawenja, für einen Boykott. „Ich finde die
Steuer einfach nicht fair“, erklärt er. Für viele arme Familien, die
ohnehin nur 4.000 Schillinge (umgerechnet knapp 1 Euro) pro Tag zum Leben
haben, seien 200 Schilling pro Tag eine „Herausforderung“, so Kawenja.
Journalisten und Menschenrechtsorganisationen haben gegen die Steuer Klage
beim Verfassungsgericht eingereicht. „Das ist der letzte Schritt der
Regierung, die Redefreiheit einzuschränken, vor allem die Kritik an der
Regierung“, so Anwalt Eron Kiiza, der die Kläger vertritt.
Wie so oft kam die Idee der Steuer von Präsident Yoweri Museveni. Er hatte
sich in einer Rede beklagt, dass Ugandas Jugend zu viel „chatte“ und damit
„Gerüchte verbreite“. Doch: „Es gibt keine Gesetzesgrundlage, die das
Verbreiten von Gerüchten illegal macht“, sagt Kiiza. Für den
Menschenrechtsanwalt ist die Steuer ein weiterer Schritt, Proteste, die
über sozialen Medien organisiert werden, zu unterbinden.
Ugandas Regierung hat eine lange Geschichte, das Internet zu blockieren. So
wird gegen Regimekritiker mit Gesetzen, wie dem Computer-Missbrauch-Gesetz,
vorgegangen. 2011 wurde es gegen die [1][Aktivistin Stella Nyanzi]
eingesetzt, die auf Facebook ein erotisches Gedicht über die
Präsidentenfamilie veröffentlicht hatte. „Es gibt deutliche Indizien, dass
diese Steuer nicht nur dazu da ist, Geld einzutreiben, sondern ein
politisches Instrument ist, die Meinungsfreiheit einzuschränken“, so Kiiza.
Kurz nach Steuereinführung hatten sich Abgeordneten im Parlament beschwert,
dass die Steuer auch für sie zu teuer sei – dabei gehören sie zu den
Spitzenverdienern. Die Regierung hatte erst angekündigt, die Kosten für sie
zu übernehmen. Doch vergangene Woche hieß es dann: Die Mehrheit der
Parlamentsmitglieder habe für das Steuergesetz gestimmt – dann müssten sie
nun auch die Kosten tragen.
16 Jul 2019
## LINKS
[1] /Ugandische-Feministin-wieder-frei/!5405891
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Social Media
Schwerpunkt Meta
Meinungsfreiheit
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